Österreich: Plädoyer für ein „Lebenswissen“
Der Bamberger Erzbischof predigte beim Festgottesdienst im Salzburger Dom. Alles Wissen sei wichtig, baue und erhalte jede Gesellschaft, mache sie menschlicher und sei in der globalen Welt unabdingbar für eine friedvolle und gerechte Weltgesellschaft. Gleichzeitig warnte Schick vor Wissen, dass die Gesellschaft bedrohe: „Wir sprechen von Herrschaftswissen, das andere zu Knechten macht, das spaltet und die Gesellschaft zerstört.“ Gerade deshalb sei es wichtig, dass Religionen und die Kirche Lebenswissen verkünden wollen.
„Was haben Wissen der Wissenschaften und Lebenswissen miteinander zu tun? Lebenswissen umfasst das Wissen der Wissenschaften. Eine Kirche und Theologie, die das Wissen nicht ernst nehmen, verdienen nicht den Namen. Sie wissen auch um den Bezug von Gesellschaft und Gemeinschaft, von Verwertungswissen und Wertewissen. Sie fördern das Wissen und den Wissenszuwachs, weisen aber auch auf seine Gefahren hin, sie betten das Wissen der Wissenschaften in das Lebenswissen ein“, so Erzbischof Schick.
Er griff damit das Thema der diesjährigen Salzburger Hochschulwochen auf: „Wie geht es weiter? Zur Zukunft der Wissensgesellschaft“. Schick fügte hinzu: „Lebenswissen ist international, transethnisch und transkulturell. Es gilt allen Menschen, allen Ethnien, allen Kulturen und allen Zeiten, ist doch mit ihnen verbunden und muss von ihnen adaptiert werden. Lebenswissen ist vor allem transzendental. Für religiöse Menschen göttlich, aus Gott!“
Im Salzburger Dom erinnerte der Erzbischof an das Lebenswissen Jesu, dass das Himmelreich sei: „Das Himmelreich ist Gerechtigkeit, Frieden und Freude für alle, ist Solidarität und Gemeinschaft, Einigkeit und Freiheit. Das Himmelreich ist gekennzeichnet durch die Anerkennung der Würde eines jeden Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Ethnie, Herkunft, Gesundheit, Krankheit. Das Himmelreich bedeutet Menschenrechte für alle, überall und zu jeder Zeit. Im Lebenswissen Jesu vom Himmelreich hat alles Wissen der Wissenschaft seinen guten Platz und es wird zum Lebenswissen.“ Ein solcher Glaube an Gott gebe Hoffnung auf das Kommen seines Reiches und lasse mit allem Wissen so umgehen, wie es für die Gesellschaft nützlich und förderlich sei.
Miteinander von Wissensgesellschaft und Kirche
Erzbischof Schick betonte das Miteinander von Wissensgesellschaft und Kirche, die sich nicht gegenüberständen: „Die Kirche muss gerade in einer Wissensgesellschaft an den transzendenten Gott erinnern und an das Lebenswissen Jesu. So trägt sie zur Zukunft der Wissensgesellschaft Entscheidendes bei: dass die Wissensgesellschaft eine Gesellschaft des Lebenswissens ist, die das Himmelreich herbeiführt. Die Kirche hat nicht Gott und ist nicht die Besitzerin des Lebenswissens Jesu. Sie ist Prophetin Gottes und Fingerzeig auf ihn und sie bietet das Lebenswissen Jesu an. Sie hält die Frage nach Gott offen und weist auf den Himmel hin. Mehr muss sie nicht, mehr sollte sie nicht tun“, so Erzbischof Schick.
Martin Dürnberger, Obmann der Salzburger Hochschulwochen, würdigte die einwöchige Veranstaltung mit etwa 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Forum, das sich offenkundig weiterhin hoher Attraktivität erfreut: „Wir beobachten ein großes Bedürfnis, aus dem Lärm der Zeit herauszutreten, um gemeinsam darüber nachzudenken, was an der Zeit ist.“ Er hob hervor, dass dabei gerade Diskurs und Wissenschaftskommunikation zunehmend wichtiger werden: „Um die großen Herausforderungen der Zeit kreativ anzugehen, brauchen wir nicht bloß Wissen, sondern auch die Fähigkeit, unterschiedliche Wissenswelten miteinander ins Gespräch zu bringen – gerade auch mit dem Glauben. Der romantische Rückzug in die eigene Filterblase bringt jedenfalls nicht weiter, man muss vielmehr gemeinsam auf dem Weg bleiben.“ Diesem Gedanken seien auch die Salzburger Hochschulwochen verpflichtet – und hätten so nach der pandemiebedingten Unterbrechung wieder ihren festen Platz als Wissensveranstaltung der Kirche im universitären Kontext.
(dbk – sk)
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