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Der Präsidiumstisch - Archivbild Der Präsidiumstisch - Archivbild 

D: „Synodaler Weg“ in der Krise

Der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland ist in eine Krise geraten. Die Sperrminorität der Bischöfe sorgte am Donnerstagabend dafür, dass der Grundlagentext zur Sexualmoral bei der Synodalversammlung des „Synodalen Wegs“ in Frankfurt durchfiel.

Bis in die Nacht auf Freitag berieten daraufhin Krisensitzungen über das weitere Vorgehen. Dabei stand teilweise auch die Fortsetzung des Reformprozesses in Frage. Trotz der Turbulenzen setzte das Plenum aber an diesem Freitagmorgen seine Arbeit fort – mit einer Aussprache über die neue Lage und über kirchliche Missbrauchsfälle.

Der Text zur Sexualmoral hatte am Donnerstag zunächst eine Mehrheit von über achtzig Prozent der mehr als 200 Delegierten erhalten. Allerdings verfehlte er dann die notwendige Zweidrittelmehrheit bei den Bischöfen.

Bischof Bätzing
Bischof Bätzing

Erregte Debatten

Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses am Donnerstag reagierten viele Synodale erregt. Auch an diesem Freitag wurde die Debatte stellenweise emotional. Einige Redner ziehen die Bischöfe der Feigheit. Auf ihrer (vierten und vorletzten) Synodalversammlung bis Samstag wollen die Teilnehmer über insgesamt 14 erstellte Dokumente sprechen und einige von ihnen in zweiter Lesung endgültig beschließen. Ein Papier zur Rolle von Frauen in der Kirche  wird, wie sich am Freitagmittag andeutete, wohl in eine neue Runde geschickt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sprach am Freitag im Plenum unumwunden von einer „nachhaltigen Krise“. Wenn ein Text zuerst bei der Gesamtabstimmung „ein so überragendes Votum“ erhalte, dann aber bei den Bischöfen durchfalle, „dann fällt etwas auseinander, das nicht auseinanderfallen darf“. Er wolle den abgelehnten Text dennoch bei der von Papst Franziskus angestoßenen Weltsynode einbringen. Bätzing wörtlich: „Wir werden an diesem Thema weiter arbeiten“.

Irme Stetter-Karp (ZdK)
Irme Stetter-Karp (ZdK)

„Dann fällt etwas auseinander“

Die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, beteuerte, man sei zu einer Fortsetzung des Reformprozesses bereit. Allerdings hänge dieser davon ab, dass wirklich alle Beteiligten für Veränderungen offen seien: „Wenn wir den Eindruck einer Beteiligungs-Simulation erhalten, dann werden wir eine neue Standortbestimmung vornehmen müssen“. Bischofskonferenz und ZdK richten den „Synodalen Weg“ seit Beginn 2019 gemeinsam aus.

„Synodaler Weg darf nicht scheitern“

„Es ist eine Krise entstanden“, wiederholte Bätzing bei einem Pressegespräch am Freitagmittag. Die Bischöfe seien sich aber ihrer Verantwortung bewusst: „Dieser Prozess des Synodalen Weges darf nicht scheitern, denn darauf ruhen die Hoffnungen so vieler Menschen in Deutschland.“ Der abgelehnte Text sei „sehr gut“ und in sehr intensiven Diskussionen erarbeitet worden. „Wir werden diesen Text in die Weltkirche einspielen; wenn wir im November zum ad-limina-Besuch kommen, werden wir diesen Text mitnehmen… Wir werden ihn in alle Gesprächskanäle einschießen, in denen wir stehen.“

Der Synodale Weg in der Krise - ein Bericht von Radio Vatikan

Es bleibe allerdings festzuhalten: „In der Bischofskonferenz gibt es divergierende Voten in Fragen der Theologie und der Weiterentwicklung der katholischen Lehre. Die Schwierigkeit ist, dass sich bestimmte Bischöfe mit ihrer Meinung kenntlich machen, dass aber andere nicht in aller Offenheit ihre Meinung sagen. Dafür mag es Gründe geben, aber die Erwartung der Synodalen insgesamt ist eine andere, und sie ist berechtigt!“

Menschen wollten „Gesichter sehen zu den Stimmen, die abgegeben werden“. Es werde zu „unterschiedlichen Geschwindigkeiten in den deutschen Bistümern kommen“, sagte der Limburger Bischof voraus.

Eine Debatte der Synodalversammlung in Frankfurt im letzten Jahr
Eine Debatte der Synodalversammlung in Frankfurt im letzten Jahr

„Die heimlichen Blockierer sind ein Problem“

Stetter-Karp sprach von einer „Lage, die nicht schönzureden ist“. „Die deutschen Bischöfe sind in ihrer Gesamtheit dem Vertrauen, das durch die Missbrauchsskandale schon erschüttert war, nicht gerecht geworden.“ Natürlich lasse es sich „aushalten“, wenn ein Text einmal durchfalle. Doch die Abstimmung vom Donnerstag habe gezeigt: „Es gibt Menschen in dieser Synodalversammlung, die nicht offen ihre Meinung sagen… Es fällt mir wirklich herzhaft schwer, das noch irgendwie unter Synodalität zu verstehen.“

Die ZdK-Chefin sprach von stark erschüttertem Vertrauen. „Die heimlichen Blockierer sind ein Problem… Ich hoffe, wir können die aktuelle Lage durch eine Rückkehr zu einem Abstimmungsmodus der Offenheit verändern.“ Sie hoffe jetzt auf „Bewegung“ bei den Bischöfen, auf andere Kommunikation: „dass mit offenem Visier gesprochen wird“. Kritiker sollten ihre Bedenken vor der Abstimmung an geeigneter Stelle anmelden, statt einfach nur „den roten Knopf zu drücken“. „Wenn der Synodale Weg diskreditiert wird, dann werden die deutschen Bischöfe die Folgen tragen müssen, und diese Folgen sind fatal!“

„Nicht zu sehr im Krisenmodus verharren“

ZdK-Generalsekretär Marc Frings riet dazu, jetzt „nicht zu sehr im Krisenmodus zu verharren“. „Wir können nicht einigen wenigen Bischöfen das Feld überlassen, das viele von uns – auch viele Bischöfe – umpflügen wollen zugunsten einer Veränderung“. Die Eingaben in vielen Teilen der Weltkirche zum weltweiten synodalen Prozess zeigten, dass die deutsche Kirche mit ihren Reformanliegen keineswegs allein dastehe.

(vatican news – sk)

- aktualisiert um 13.30 Uhr - 

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09. September 2022, 09:58