Oster in den USA: Da ist noch starke Identifikation zu spüren
Radio Horeb: Wie kam es denn zu dieser Reise?
Bischof Oster: Der ursprüngliche Impuls kam aus der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Ich war ja deren Vorsitzender und bin jetzt der Stellvertreter. Und da gab es immer mal wieder den Impuls zu sagen: Lass uns mal in Amerika Jugend, pastorale und Berufung pastorale Initiativen anschauen. Denn da passiert einiges, und zwar was anderes oder vielleicht auch mehr als bei uns. Und das ist ein interessantes Feld und es war ein Anlass. Die Reise hätte schon letztes Jahr stattfinden sollen, doch wegen Corona war das ausgefallen. Die ersten drei Tage beschäftigen wir uns mit solchen Initiativen, auch begleitet von Menschen der US-amerikanischen Bischofskonferenz.
Radio Horeb: Was erhoffen Sie sich? Und erreicht die Kirche in den USA die jüngere Generation besser? Was ist Ihr Eindruck?
Bischof Oster: Also meines Erachtens ist die Jugendarbeit in den USA deutlich anders aufgestellt als bei uns. Wir haben ja ganz stark unsere Jugendverbände, die auch ein starker Player sind, in der Jugendpastoral. In Amerika gibt es das in der Weise aus meiner Kenntnis nicht mehr. Amerika ist riesig, aber nicht in dieser glaube ich Dominanz. Es gibt viele andere Initiativen, die sich dann zu Bewegungen zusammenfinden und die erreichen schon junge Menschen. Also ich weiß zum Beispiel von den sogenannten Focus-Leuten, die wir ja auch in der Studentenpastoral mit dabei haben. Diese führen regelmäßig Kongresse mit 15.000 Menschen durch, also wo junge Menschen hinkommen und über den Glauben nachdenken und miteinander feiern.
Radio Horeb: Auch in den USA muss die katholische Kirche Konflikte aushalten. Wie nehmen Sie selbst die katholische Kirche dort wahr?
Bischof Oster: Ich bin gespannt, erst einmal hinzukommen. Beim letzten Besuch, wo ich war, habe ich eine sehr differenzierte Kirchenlandschaft wahrgenommen, auch akademisch. Also die akademische Theologie ist noch mal anders aufgestellt als bei uns. Es gibt auch die Universitäten oder Hochschulen, die anders aufgestellt sind und deswegen auch insgesamt differenzierter in ihren theologischen Ausrichtungen. Die Kirche ist in ähnlichen Partikularismus unterteilt und irgendwie auch oft zerstritten.
Es gibt also auch solche Tendenzen. Die McCarrick-Affäre, ein Kardinal, der als Missbrauchstäter entlarvt worden ist, hat tief in die US-amerikanische Kirche eingegriffen. Die jungen Menschen wandern ebenso ab, wie bei uns. Aber insgesamt hat die amerikanische katholische Kirche, glaube ich, noch über 20 Prozent Kirchenbesuch im Durchschnitt. Wir bei uns sind jetzt zwischen 4 und 5 Prozent angekommen. Also, das ist in den USA schon noch mal ganz schön viel. Da ist noch stärkere Identifikation zu spüren und Leute, die sagen: Ich bin katholisch.
Radio Horeb: Sie werden selbst einen Vortrag über Papst Benedikt XVI. halten bzw. zu Joseph Ratzinger. Wie kommt es dazu und was werden Sie in Ihrem Vortrag behandeln?
Bischof Oster: Also, Joseph Ratzinger ist bei US-amerikanischen Intellektuellen, bei christlichen Intellektuellen im hohen Ansehen. Und es gibt eine Universität, eine Franziskaner-Universität im Bundesstaat Ohio (Steubenville, Anm.). Die machen einen großen Ratzinger-Kongress und ich bin da eingeladen, den Abschluss-Vortrag zu halten. Es geht insgesamt um die Frage, wie Joseph Ratzinger die Kirche versteht. Ich werde über die Kirchenerfahrungen und das, was ihnen in der Theologie die Kirche genannt wird, sprechen und auch versuchen zu zeigen, was das für uns heute als Kirche sein Miteinander bedeutet.
Radio Horeb: Das heißt, der Papst emeritus hat in den Vereinigten Staaten einen gewissen Stellenwert?
Bischof Oster: Ja, natürlich. Ich erlebe zum Beispiel, dass in Amerika die Impulse, die ja überwiegend von Johannes Paul II. ausgegangen sind, zur neuen Evangelisierung sehr viel deutlicher aufgegriffen werden als bei uns. Und in diesen Initiativen, Bewegungen, auch universitären Landschaften, wo das präsent ist, da sind Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ganz große Namen und Benedikt vor allem als großer Theologe.
Das Interview führte Johannes Wieczorek.
(radio horeb – mg)
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