Ukrainischer Bischof in Deutschland: „Hilfe war enorm und berührend“
Mario Galgano - Vatikanstadt
Dsjurach ist Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz, hat aber „nur“ eine Beratungsstimme, präzisiert der Ukrainer. Franziskus ernannte ihn am 18. Februar 2021 zum Exarchen für die Gläubigen der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Deutschland. Seither kümmert er sich um die ukrainischen Gläubigen in der Bundesrepublik und verfolgt auch die Entwicklung der katholischen Kirche in Deutschland.
Seit dem 24. Februar ist der Krieg in seiner Heimat das prägendste Thema seiner pastoralen Tätigkeit. „Die Hilfe war gewaltig und berührend. Und es hat uns sehr bewegt, gleich am Tag nach dem offenen Angriff am 24. Februar eine Krisensitzung in München einberufen wurde“, so Bischof Dsjurach gegenüber Radio Vatikan.
Die ukrainische Pfarrei in München sei zu Ort geworden, „wo sehr viele Menschen Tag und Nacht gekommen waren, um mit uns zu beten, aber auch ihre Güter, ihre Spende auch übergeben, damit wir sie weitere schicken können in die Ukraine“, erläutert der ukrainische Geistliche. Die Kirche Maria Schutz und St. Andreas im Münchner Stadtteil Untergiesing ist die Kathedrale der Apostolischen Exarchie für katholische Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien. „Und es war sehr berührend zu sehen, wie großzügig unsere Schwestern und Brüder in Deutschland sind, wie tief sie diese Tragödie eines europäischen Volkes erleben und mittragen und wie sie weiterhin uns unterstützen“, so Dsjurach. Es sei auch etwas Sonderbares für ihn, dass es nicht nur ein spontanes emotionales Zeichen oder Reaktion bisher war, „sondern auch dass es eine dauerhafte Haltung ist“. Dsjurach:
„Und diese Haltung heißt für mich Liebe, weil die Liebe demütig ist. Emotionen vergehen rasch, aber die Liebe bleibt für immer. Und ich betrachte diese Haltung des deutschen Volkes als Ausdruck der Liebe und des Mitleids gegenüber der Ukraine, gegenüber des ukrainischen Volkes.“
Am Anfang nicht einfach
Es sei am Anfang des russischen Angriffs nicht einfach gewesen. Aber er habe sofort auch den Mut der deutschen Bischöfe und der Gläubigen erlebt, die „evangelisch, die Tatsachen, die Dinge beim Namen“ genannt hätten. „Und es war schon eine prophetische Rolle der deutschen Kirche, die sie sehr würdig und konsequent vertreten hat und weiterhin erfüllt“, so der ukrainische Bischof. Gleich bei derr Frühjahrsvollversammlung wurde eine klare Deklaration über den Krieg gegen die Ukraine veröffentlicht „mit klaren Worten, Verurteilung des Aggressors, aber auch Aufruf zur Politik, zur größeren Solidarität, zur konsequenten Handlung, damit dieser Krieg möglichst bald zu Ende sein kann“.
Auch beim jetzigen Ad-limina-Besuch der Deutschen Bischöfe sei das Thema angesprochen worden:
„Der Heilige Vater hat uns bei dem Besuch aufgerufen, wenn wir nach Deutschland zurückkehren, sollten wir mit den Menschen in Deutschland, mit unseren Gläubigen, Antworten suchen auf diese Herausforderung des Krieges. Aber ich kann heute bezeugen, dass diese Antworten bereits gegeben sind und zwar mit den klaren Worten der Deutschen Bischofskonferenz, der Deutschen Katholiken allgemein, aber noch mehr mit den Taten, mit Werken der Barmherzigkeit, die in all diese Monate geleistet wurden, sowohl für das Volk in der Ukraine, für unsere Kirchen in der Ukraine als auch für Hunderttausende von Flüchtlingen, die in Deutschland Zuflucht suchen.“
Er wolle deshalb die Mikrophone von Radio Vatikan dazu nutzen, um sich „zutiefst bei jeder Katholikin und jedem Katholiken zu danken, der uns so großes Mitleid, große Solidarität zeigt“.
„Und das bewegt uns sehr tief und stärkt unsere Hoffnung, dass wir nicht alleine sind, weil wir wissen, nicht nur ein ukrainischer Krieg ist. Das sagt man manchmal so, aber meiner Meinung nach ist das irrtümlich. Das ist eine Herausforderung, einen Angriff an unsere gemeinsame Werte, was für uns wichtig und wesentlich ist für die Würde des Menschen an die Freiheit, an die Gerechtigkeit und dass das alles grundlegende Prinzipien für die europäische Zivilisation sind. Und die wurden angegriffen. Deshalb glaube ich, dass das jeder spürt. Und deshalb tragen wir gemeinsam diese Last. Ich bin dankbar und bitte weiterhin für unser Volk zu beten und nach Möglichkeiten, uns zu unterstützen.“
Der Synodale Weg auf ukrainisch
Zum Thema des Synodalen Weges in Deutschland und den verschiedenen spirituellen Zugängen sowie der ökumenischen Situation in Deutschland sagt Bischof Dsjurach:
„Das Heilige Geist macht keine konfessionellen Unterschiede. Er ist für alle da, aber er bringt sein Wirken auf verschiedene Weise in der Liturgie, in der Verkündigung des Wort Gottes und in den Werken der Barmherzigkeit und Diakonie. Und ich spüre, dass alle drei Dimensionen sehr präsent in der deutschen Wirklichkeit sind.“
Die Ostkirchen hätten eine lange Tradition der Synodalität, bestätigt Dsjurach:
„Also ja, Sie haben recht, dass wir in unseren Ostkirchen so nach diesem Prinzip leben. Jedenfalls versuche ich auch mit meinen Mitbrüdern zu teilen, was uns eigen ist, was für uns wichtig erscheint und wie wir sind.“
Synodalität und Konziliarität seien die beiden Dimensionen der Ostkirchen, erläutert Dsjurach. „In unserem Sinne heißt es auch das Wirken des Kollegiums der Bischöfe, die die Kirche leitet in der Kommunion mit Nachfolge des heiligen Apostel Petrus zu fördern. Und wir versuchen, dies hinein zu beziehen, indem alle Mitglieder der Kirche mitmachen dürfen, und das geschieht durch Konzile.“ Alle vier Jahre führe die ukrainisch griechisch-katholische Kirche ein solches Konzil durch, und bei diesen Konzilien würden die wichtigen Fragen des kirchlichen Lebens besprochen. „Zum Beispiel war ein Thema ganz am Anfang, nach der Wende, die Frage Christus als Quelle der Erneuerung des ukrainischen Volkes“, sagt Bischof Djsurach. Dann habe es ein Konzil über die Familie gegeben. „Dann hatten wir ein Konzil über die Jugend in der Kirche, in der Welt des dritten Jahrtausends. Wir haben ein Konzil gehabt über das gottgeweihte Leben und das letzte war der Seelsorge in der Pfarrei gewidmet. Und wir versuchen gemeinsam sowohl die Bischöfe als Vertreter des Klerus und der gläubigen Laien gemeinsam zu beten und gemeinsam zu überlegen, wie wir am besten durch das kirchliche Leben vorangehen.“
Bei seinem Amtsantritt habe er sogenannte SMS geschickt an die Gläubigen geschickt, weil es wegen der Pandemie unmöglich war als „Synode“ zusammenzutreffen. Die SMS ist nicht nur die Kurzmitteilungsform via Handy, sondern auch ein ukrainisches Wortspiel für „Hören, Beten und Dienen“. Der Abschluss dazu und parallel zum Synodalen Weg in Deutschland fand in Kevelaer für die ukrainische Exarchie ein Konzil jetzt statt: „Es war sehr spannend, sehr interessant und sehr konstruktiv“, so Djsurach. „Ich bin sehr dankbar, dass dieses Ereignis stattgefunden hat, und es wurde gut vorbereitet, sehr sorgfältig durch die Versammlungen auf der Ebene der Pfarrgemeinden, wo die Leute mit den Seelsorgern dann überlegen sollten, unsere Stärken und Schwächen, Möglichkeiten und Herausforderungen zu besprechen. Es war interessant festzustellen, dass eine der Stärken, die genannt wurde, die gute Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche ist. Das hat mir sehr gefallen, und das möchte ich betonen.“
Nach diesen Konzilien gingen die Beschlüsse an die Bischofssynode der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche weiter und diese habe Aufgabe, „mit den Worten der alten Kirchentradition der Unterscheidung der Geister“ eine Antwort für alle Gläubigen zu geben. „Und erst danach werden verpflichtende Beschlüsse aufgenommen, die dann in die Tat umgesetzt werden auf verschiedenen Niveaus, auf allgemein kirchlichen, aber vor allem auf ein reales Niveau“, erläutert Dsjurach abschließend den Unterschied zum Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland.
(vatican news)
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