D: Neues Arbeitsrecht „überfällig“ und „Paradigmenwechsel"
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, bezeichnete die Reform als „überfälligen Schritt": „Ich sehe vor allem, dass es pragmatisch möglich ist, Menschen das Leben zu erleichtern. Das ist gut so. Was daraus in der Lehre folgt, steht auf einem anderen Blatt."
Wer bei der katholischen Kirche arbeitet und in zweiter Ehe oder in einer homosexuellen Partnerschaft lebt, muss künftig nicht mehr mit einer Kündigung rechnen. Die katholischen Bischöfe in Deutschland hatten sich am Dienstag auf den Entwurf eines neuen Arbeitsrechts für die rund 800.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der katholischen Kirche und bei der Caritas geeinigt.
„Paradigmenwechsel"
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, sprach von einem „Paradigmenwechsel". Die Reform sei überfällig gewesen. Entscheidend sei nun, dass die neue Ordnung so schnell wie möglich in allen Bistümern in Kraft gesetzt werde, damit es in ganz Deutschland ein einheitliches Arbeitsrecht gebe. Sie erinnerte aber auch daran, dass sich viele Verantwortliche in der Caritas zusätzlich einen offeneren Umgang mit Fragen des Kirchenaustritts dringend gewünscht hätten.
Die religionspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Sandra Bubendorfer-Licht, sieht in der Reform ein „wichtiges und dringend notwendiges Signal“. Viele Menschen im kirchlichen Dienst hätten unter der „veralteten und diskriminierenden" Grundordnung gelitten.
In Hamburg und Münster tritt Grundordnung bald in Kraft
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße sieht im neuen Arbeitsrecht „wichtige und notwendige Reformen“. „Ich halte es für sehr wichtig, dass wir so der komplexen Lebenswirklichkeit der Menschen besser Rechnung tragen“, sagte er. Im Erzbistum Hamburg solle die reformierte Grundordnung voraussichtlich im ersten Quartal des kommenden Jahres in Kraft treten.
Auch Münsters Bischof Felix Genn will das neue Arbeitsrecht „baldmöglichst" in Kraft setzen. Die Reform sei ein „wichtiger Schritt", damit Kirche gerade für die Mitarbeitenden ein „angstfreier Raum" werde.
„Kirche ohne Angst"
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch und Generalvikar Manfred Kollig sehen in der Reform „einen wichtigen und entscheidenden Beitrag auf dem Weg zu einer 'Kirche ohne Angst'". Die Neufassung der Grundordnung stärke die katholische Identität einer Einrichtung "durch die Betonung christlicher Organisations- und Führungskultur und durch Vermittlung christlicher Werte und Haltungen“.
Der Generalvikar im Bistum Essen, Klaus Pfeffer, bezeichnete die Neuregelung als „großen Fortschritt". Dass ein kirchenamtliches Papier Vielfalt als Bereicherung bezeichne, „mag in aufgeklärten Ohren selbstverständlich klingen - für die römisch-katholische Kirche ist das eine Revolution". Er würdigte insbesondere Reformkräfte wie die Initiative #OutInChurch, die die Veränderung „vorangetrieben" hätten.
„Teilerfolg"
#OutInChurch-Mitinitiator Jens Ehebrecht-Zumsande sprach im Interview des Münsteraner Online-Portals kirche-und-leben.de von einem „Teilerfolg". Die Grundordnung orientiere sich „weiter an einem binären Geschlechtermodell, wonach es nur Frauen und Männer gibt". Auch sei unklar, was genau unter „kirchenfeindlichem Verhalten" zu verstehen sei, was weiterhin als Kündigungsgrund gilt.
(kna – pr)
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