Schweiz: Scheidender RKZ-Generalsekretär würdigt Synodalität
Mario Galgano – Vatikanstadt
Daniel Kosch ist promovierter Neutestamentler und nimmt als Schweizer Beobachter am Synodalen Weg in Deutschland teil. „Es ist eindrücklich, wie stark die Kirche in Deutschland von diesem Prozess der Missbrauchsthematik gezeichnet ist“, stellt Kosch im Interview mit Radio Vatikan fest. „Bei uns ist das auch im Gang“, fügt er an. Im kommenden Herbst werde eine erste schweizerische Studie dazu veröffentlicht.
In den zwei Jahrzehnten als Generalsekretär der RKZ habe er die Entwicklung der Kirche in der Schweiz hautnah erlebt. „Ich denke, wir sind wie fast alle Kirchen und Religionen davon betroffen, dass die Zahl der Mitglieder gemessen an der Gesamtbevölkerung rückläufig ist. Sehr oft wird das unter dem Thema Kirchenaustritte verhandelt. Es ist aber auch eine sehr klare Distanzierung und eine interne Pluralisierung in der Kirche festzustellen, dass die Meinungen auseinandergehen. Und was wir jetzt feststellen - seit einigen Jahren, natürlich auch angestoßen durch Papst Franziskus: dass es viel besser möglich ist, die unterschiedlichen Positionen auch zu diskutieren und auszusprechen. Aber entsprechend wirkt natürlich die Kirche in der Öffentlichkeit weniger geschlossen als früher.“
Der „Sonderfall“ Schweiz
Die Schweiz, die mancherorts auch als „Sonderfall“ bezeichnet wird, sei eine Zusammenfassung der Weltkirche. Gerade der kulturelle Unterschied zwischen der Deutschschweiz und der Westschweiz sei ein gutes Beispiel: „Ich denke, das ist ein Gegensatz, der sehr stark die Art und Weise betrifft, wie man sich ausdrückt, wie man seinen Glauben feiert, wie man auch über Meinungsunterschiede spricht“, erläutert Kosch dazu. Wenn man aber Religionssoziologie und Untersuchungen anschaue, lägen die Positionen der Gläubigen selbst „gar nicht so weit auseinander“.
Zur kulturellen Pluralität der Schweiz trage auch die Landesgeschichte und die Tatsache bei, „dass wir einen sehr hohen Anteil an Migrantinnen und Migranten haben“, fügt der scheidende RKZ-Generalsekretär an. In manchen Teilen der Schweiz betrage dieser Anteil sogar etwa 50 Prozent der entsprechenden Gläubigen. „Und da kommen noch ganz andere Kulturen und auch religiöse Erfahrungen zum Tragen, die gar nicht so einfach in unsere offiziellen, größeren Kirchendebatten zu integrieren sind, was auch immer noch viel zu selten geschieht“, so Kosch gegenüber Radio Vatikan.
Die Bedeutung der Ökumene
Die RKZ hat ihren Sitz in Zürich, einer historisch reformiert-protestantischen Hochburg. Die Ökumene habe sich in den letzten Jahrzehnten eindeutig gewandelt: „Wir sind uns stärker bewusst und zwar auf beiden Seiten, dass es viele Herausforderungen gibt, die wir nur gemeinsam bewältigen können, dass wir im Dialog mit der Zivilgesellschaft, mit anderen wichtigen gesellschaftlichen Akteuren - denken wir nur an das Gesundheitswesen oder an die Politik – dass es da immer wichtiger wird, dass wir gemeinsam uns positionieren können. Natürlich ist es immer wieder eine Frage, wie es dann mit der Ökumene, dem mehr theologischen Sinn dort weitergeht. Und dort, glaube ich, leiden viele Katholikinnen und Katholiken, aber auch Protestanten daran, dass wir hier immer noch natürlich vor erheblichen Schwierigkeiten stehen, die von sehr vielen Leuten gar nicht mehr verstanden werden, was eigentlich dahintersteckt.“
Weltkirche vs. deutschsprachiger Raum?
Der Prozess, der gerade jetzt auf weltkirchlicher Ebene und auch insbesondere im deutschsprachigen Raum ganz spezifisch läuft, ist unter dem Stichwort Synodalität zusammenzufassen. Daniel Kosch glaubt, dass dieser Prozess, den Papst Franziskus sehr stark angestoßen hat, eine riesige Chance für die Kirche sei und dass es einen großen Bedarf nach Synodalität gebe:
„Und wenn ich jetzt ganz speziell auf unsere Situation in der Schweiz schaue, ist es ja so, dass mit diesem sogenannten dualen System von staatskirchenrechtlichen Strukturen und pastoralen Aufgabenbereichen ja gewissermaßen eine Aufgabenteilung einhergeht. Da denkt man oft schematisch: Die einen sind für die Pastoral zuständig, die anderen fürs Geld und die Strukturen. Und jetzt merken wir, dass wir eigentlich alle gemeinsam für die ganze Kirche verantwortlich sind.“
Es sei nicht einfach eine Trennung der Aufgabenfelder zwischen Klerus und Seelsorgenden, „die die Verkündigung besorgen“, und den anderen, die Kirchensteuern zahlen oder verwalten, entgegnet Kosch. „Papst Franziskus verwendet dieses starke Bild: dass alle missionarische Jünger und Jüngerinnen Christi sind“ - in diesem Sinne seien alle gemeinsam für die Kirche verantwortlich, betont der scheidende RKZ-Generalsekretär.
(vatican news)
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