Caritas Österreich nach Ukraine-Besuch: Hilfe braucht langen Atem
Die humanitäre Lage sei trotz des vergleichsweise milden Winters dramatisch, vor allem Alte und Kinder litten. „Die Hilfe kommt an, sie wird aber einen langen Atem brauchen“, so Landau am Sonntagabend im Gespräch mit Kathpress.
Der Caritas-Präsident, der zum Zeitpunkt des Interviews bereits nach Chisinau (Moldawien) weitergereist war, überzeugte sich in der Ukraine davon, wie Hilfsgüter von den rund 2000 hauptamtlichen Caritas-Mitarbeitern sowie von Tausenden Freiwilligen - viele davon selbst Heimatvertriebene - an Bedürftige verteilt werden: Lebensmittel, Hygieneartikel, Heizmaterial, Generatoren, Medikamente sowie Material, um Gebäude (wieder) winterfest zu machen. Viele Helfer würden Gefechtspausen nutzen, um Opfer der systematischen Zerstörungen der Infrastruktur nicht unversorgt zu lassen, habe ein Treffen mit der Präsidentin der Caritas Ukraine, Tetiana Stawnychy, gezeigt.
Schüsse auf Helfer „unerträglich“
Landau erinnerte daran, dass vor nicht einmal einer Woche Caritas-Mitarbeiter beschossen und dabei zwei auch verletzt wurden. Er bezeichnete es als „unerträglich, dass Helfende zu Zielscheiben werden - das muss ein Ende haben“. Die einheimische Bevölkerung und auch Vertreter der Vereinten Nationen, mit denen er in der Ukraine sprach, zeigten hohe Wertschätzung für den Mut und die Effizienz der beiden kirchlichen Hilfsorganisationen Caritas und Caritas-Spes, wie Landau sagte.
Und die Hilfe erreiche das ganze Land. Rund vier Mio. Menschen in der Ukraine wurden bisher durch die Hilfe der Caritas erreicht. „Kirche und Caritas kommen nicht, um zu helfen, sie sind schon da und lassen die Menschen nicht im Stich“, präzisierte der Gast aus Wien. Landau hatte auch Kontakt mit dem griechisch-katholischen Bischof von Charkiw, Vasil Tutschapez, der seine Bischofskirche zu einem Zentrum humanitärer Hilfe und die Gottesdienste in die Unterkirche verlagert habe.
Betroffen zeigte sich Landau von der vor allem für alte Menschen und Kinder bedrückenden Situation. Er erzählte von Traumata und der Notwendigkeit psychologischer Betreuung. Ein Mädchen habe unter dem Eindruck des anhaltenden Krieges ihrer Puppe erklärt, sie dürfe jetzt nicht weinen, müsse still sein. Sommercamps etwa in Polen hätten dieser Ausgesetztheit der Kinder eine Zeit der Geborgenheit entgegengesetzt.
„Meister der Improvisation“
Zugleich sei der Wille zur Normalität und die Resilienz der Bevölkerung beeindruckend, so Landau weiter. Bei Besuchen in kriegszerstörten Dörfern wie Caritas-Projekte in Butscha und Irpin sah er, wie überall gehämmert und repariert worden sei. Stromausfälle seien meist in kurzer Zeit behoben. „Die Ukrainer sind Meister der Improvisation“, wies der Caritas-Chef hin. Niemand habe mit einer derartigen Widerstandskraft der Ukraine gerechnet, „man will sich dort nicht unterkriegen lassen“. Das bedeute freilich auch, dass sich der Krieg noch lange hinziehen könne, auch wenn viele Menschen und auch er selbst immer wieder um einen gerechten Frieden beteten, wie Landau sagte.
Auf die Frage nach den zuletzt im Westen viel diskutierte Lieferungen von Panzern gab sich der Landau zurückhaltend. Auftrag der Caritas sei ein humanitärer, darauf liege der Fokus. Freilich: „Wenn Menschen durch andere Menschen unterdrückt werden, nützt Neutralität dem Unterdrücker“, zeigte sich Landau illusionslos. Er bat die Österreicherinnen und Österreicher um weitere Spenden für ein Land, „dessen Grenze von Wien ähnlich weit entfernt ist wie Bregenz“. Auch Nachbarländer wie die selbst arme Republik Moldau, wo sich Landau noch bis Montag aufhält und das pro Kopf die höchste Zahl an Ukraine-Flüchtlingen aufweist, bräuchten Unterstützung. Es bestätigt sich die frühe Einschätzung Landaus über Hilfe in der Ukraine: „Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon.“
(kap – mg)
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