Schwester Megan und das Transform Plowshares Now-Trio
Von Chiara Graziani
Es mag wie die epische Geschichte über die äußerste Gebrechlichkeit einer winzigen, 47 kg wiegenden 82-jährigen Frau aus den Vereinigten Staaten klingen, die an einem glorreichen Tag im Alleingang den nuklearen Moloch ihres Landes besiegte, bewaffnet einzig und allein mit ihrem Glauben an Jesus, dem sie sich im Alter von etwa 25 Jahren endgültig geweiht hatte. 2012 landete Schwester Megan Rice in den Schlagzeilen, nachdem sie zusammen mit zwei Gefährten bei geistlichen und zivilen Abenteuern widerrechtlich in den Militärstützpunkt eingedrungen war, in dem das Maximum des nuklearen Vernichtungspotentials der Supermacht USA gelagert war. Da war sie weder allein noch gebrechlich. Und, so möchte man sagen, sie war bei ihrer friedlichen Abrüstungsaktion keineswegs wehrlos. Ihre Geschichte nahm kein rühmliches Ende an dem Tag, an dem das Appellationsgericht für den 6. Gerichtsbezirk sie 2015 von der phantasiereichen Anklage der Sabotage freisprach, die ihr eine ungerechte Verurteilung zu drei Jahren Gefängnis eingetragen hatte, um sie dafür zu bestrafen, dass sie hingekniet war, um Gott im Tempel der Götzen des Krieges anzurufen.
Die Entscheidung für die Gemeinschaft
Sr. Megan Rice, 1930 in einer gebildeten katholischen New Yorker Familie geboren („mitten in der Weltwirtschaftskrise“, sagte sie, der die soziale Gerechtigkeit und das Leiden der Armen immer schon am Herzen lagen), hatte sich dafür entschieden, sich dem großen Volk der Menschen guten Willens - Christen, Juden, Muslime, Laien – anzuschließen, die sich nach Frieden sehnten. Alle vereint in der Prophetie zweier Männer aus der Bibel, Jesaja und Micha, die von allen drei großen Religionen anerkannt werden. Der Krieg wird von der Erde verschwinden, sagen die Propheten, und die Menschen „werden ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden / und ihre Lanzen zu Winzermessern“. Kein Volk wird mehr die Hand gegen andere Völker erheben. Megans jüngste Biographie konnte gar nicht anders ausfallen denn als vielstimmige Biographie. Diese Pflugscharen-Bewegung (Plowshares), die in den USA von 1981 bis 2021 101-mal friedlich die Tempel der US-Nuklearproliferation entweiht hat, um im ganz wörtlichen Sinn das Sakrament der Umwandlung der Weltuntergangsbombe in ein Werkzeug des Friedens zu feiern. Beten, um umzuwandeln: jetzt. Ins Gefängnis gehen, um – jetzt – mit den Armen zu gehen, die von einem Strafvollzugssystem erdrückt werden, das unmenschlich gegenüber den Schwachen ist.
Die Pflugscharen-Bewegung
Carole Sargent hätte eigentlich das Leben von Rice nachzeichnen sollen, in einem Buch für die umfangreiche Reihe People of God, die die Liturgical Press (Collegeville, Minnesota) den Biographien katholischer Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts gewidmet hat. Von Johannes XXIII., Paul VI., Papst Franziskus, Oscar Romero bis hin zu Dorothy Day, jeder Titel eine Lebensbeschreibung. Aber Sr. Megan, die am 10. Oktober 2021 verstorben ist, nachdem sie aktiv an der Abfassung des Buches mitgewirkt hatte, bat die Verfasserin um etwas »Umfassenderes«. So gibt es nun in der Reihe People of God einen einzigen Titel - „Transform now, Plowshares“ -, der nicht der Name einer einzelnen Person ist, sondern der Name jener Aktion des Jahres 2012, die von Michael Walli, Greg Boertje-Obed und Megan Rice SHCJ (von den Freunden MGM genannt) geplant und durchgeführt wurde, die alle drei im vollständigen Titel genannt werden, als seien sie eine einzige Person. Gemeinsam war es ihnen gelungen, einzudringen, nachdem sie die Gitternetze zerschnitten und bei Nacht in ein Areal eingedrungen waren, wo sie auf der Stelle hätten getötet werden können, im Y-12 National Security Complex in Oak Ridge, Tennessee. Ein Ort, an dem die Vereinigten Staaten nach dem Fall der Sowjetunion all das abgereicherte Uran aus Kasachstan gelagert hatten und wo ein nukleares Potential aufbewahrt wurde, das ausreichte, um die Welt nicht nur einmal, sondern Dutzende von Malen zu verwüsten. Im Rucksack hatten die Drei unter anderem Brot, Kerzen, vier weiße Rosen, die Bibel, einen Hammer und eine Anklageschrift wegen Kriegsverbrechen und den Besitz von Massenvernichtungswaffen.
Gemeinsam auf den Wandel hinarbeiten
Sargents Buch bringt uns zur Entdeckung einer Möglichkeit der Umgestaltung der Welt, die gerade im Gange ist und die auf der freien Gewissensentscheidung vieler Einzelner beruht, gemeinsam als Gemeinschaft den Weg der Umwandlung von Waffen in Instrumente des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit zu gehen. Eine Umwandlung der Gemeinschaft, die den Anspruch erhebt, die Welt von einem auf Krieg basierenden Wirtschaftssystem in ein Modell umzuwandeln, das in den Frieden des gemeinsamen Hauses investiert. So die Prophetie. Die Pflugscharen-Bewegung weist nicht die Charakteristika einer Armee auf, sie hat weder Sitz, Statuten noch interne Hierarchien. Es ist eine solidarische Realität, wo sich alle gegenseitig mit ihren Fähigkeiten unterstützen und im Namen der Gewissensfreiheit der Einzelnen darüber nachdenken, wie der Macht die Blasphemie und - das ist der wesentliche Punkt – die Illegalität des Krieges vorgeworfen werden kann.
Ein heikler juristischer Prozess
Sr. Megan ist unter dem Antrieb der Liebe Christi in diese kollektive Gewissensgemeinschaft eingetreten und hat ihre Waffen in den Dienst des Volkes gestellt. Der Glaube, die Kultur, die politische Geschichte und, wie sie immer wieder sagte, ihre Privilegien. Weißhäutig wie sie war, gebildet, Ordensfrau, unterstützt vom Pflugscharen-Netzwerk, hatte sie mehr Verteidigungs- und, sozusagen, Angriffsmöglichkeiten. Als sie zusammen mit ihren beiden Freunden angeklagt wurde, erhob sie ihrerseits Anklage gegen die Regierung, wobei sie die Verfassung, deren ersten Zusatzartikel, das Nürnberger Urteil und den Atomwaffensperrvertrag von 1968 in Frage stellte. Eine heikle politische Schachpartie, die die Staatsmacht zu einer juristischen Rochade zwang (dem absurden Vorwurf der Sabotage) und die in Zukunft potentiell zum Schachmatt führen konnte: der Anerkennung der Herstellung von Atomwaffen als Kriegsverbrechen und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sr. Megan ist keine heroische, pittoreske kleine Schwester, die einen Orden verdient hat. Um ein von ihr stammendes Bild zu benutzen: sie ist ein Sonnenblumenkern, der, wenn er wächst, die Felder reinigt und mit Schönheit erfüllt. Zusammen mit Millionen weiterer Samen. Jetzt.
(vatican news)
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