Österreich bei Kontinental-Treffen: Spannungen positiv nutzen
Man sei nun an einem Punkt dieser kontinentalen Synode angelangt, wo vorhandene Spannungen und Konflikte immer offener zutage treten und sichtbar würden, betonte Steinmair-Pösel. Dies möge beängstigend erscheinen, könne aber auch eine Chance sein. Die Sozialethikerin ortete eine Grundspannung zwischen jenen, „die fürchten, dass der synodale Prozess zu einer vollkommen anderen Kirche bzw. zur Zersplitterung oder gar Zerstörung der Kirche führen könnte", und jenen, „die sich vom synodalen Prozess eine Heilung und Erneuerung der Kirche und eine vertiefte Einheit ihrer Mitglieder erhoffen".
Diese Grundspannung setze sich fort in der Spannung zwischen jenen, die hinter dem Wunsch nach Abbau des Klerikalismus und der verstärkten Partizipation von Laien die Gefahr einer Schwächung des Priesteramts befürchten, und jenen, „die darin gerade eine Befreiung des Priestertums von einem verzerrten und letztlich nicht evangeliumsgemäßen Verständnis sehen".
Spannungen bei vielen Themen
Steinmair-Pösel sprach zudem von Spannungen zwischen jenen, „die mit Blick auf den Wunsch nach einer Öffnung des Evangeliums für Frauen einen Verrat an der kirchlichen Lehre sehen, und jenen, die sich davon erhoffen, dass endlich die biblische Vision einer Kirche als Leib Christi eingelöst wird". Spannungen zeigten sich aber auch zwischen jenen Positionen, die in einer bedingungslos willkommen heißen Haltung gegenüber LGBT-Personen, ausgedrückt zum Beispiel in einer Segnung, eine Relativierung der kirchlichen Lehre sehen und jene, die darin gerade die Verwirklichung der kirchlichen Sendung sehen, ausnahmslos jedem Menschen die Liebe Gottes zuzusprechen und sie zu begleiten. Es gehe nun aber nicht darum, zu urteilen, ob diese Spannungen gut oder schlecht sind, so die Theologin. Es gehe vielmehr um die Frage, wie man mit diesen Spannungen umgehen soll.
Eine Möglichkeit wäre, sie wieder unter den Tisch zu kehren, als ob es sie nicht gäbe. Eine andere bestünde darin, dass sich eine Seite durchsetzt, es also Gewinner und Verlierer gibt. Wieder eine andere Möglichkeit bestünde in der Gründung einer neuen Kirche. Steinmair-Pösel zeigte sich aber überzeugt: „Die einzig synodale, katholische und nachhaltig friedensstiftende Umgangsweise ist die, dass wir tatsächlich mehr miteinander als übereinander zu reden beginnen, dass wir die jeweils andere Seite nicht abwerten, sondern die berechtigten Anliegen der anderen Person suchen und zu einem versöhnten Miteinander auf einer anderen Ebene kommen".
(kap - sst)
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