Trierer Bischof auf Solidaritätsbesuch in der West-Ukraine
Die Caritas und Malteser profitierten von einem guten Netzwerk und lange geknüpften Kontakten, die seit mehr als 30 Jahren bestehen. Allein die Malteser aus dem Bistum Trier haben bisher 74 Hilfstransporte direkt nach Ivano-Frankivsk geschickt und elf weitere in angrenzende Länder.
„Die materielle Hilfe ist natürlich ein ganz wichtiger Punkt, etwa über Caritas und Malteser. Insofern sind Spenden jedweder Art willkommen, das wurde uns auch noch mal gesagt. Wir haben auch gespürt, wie hilfreich und wichtig für die Akteure vor Ort ist, dass man spürt: Die nehmen an dem, was wir hier durchmachen, Anteil. Die stehen uns zur Seite. Aber auch von kirchlicher Seite zu sagen, wir lassen auch im Gebet nicht nach. Es gibt das Gebet der Solidarität. Jetzt, besonders am Jahrestag, am 24. Februar. Also: Sowohl die spirituelle Dimension aber auch die menschliche und die konkrete materielle Hilfe. Ich glaube, alles zusammen ist wichtig “, berichtete Bischof Ackermann.
Begegnung mit Flüchtlingen und Bedürftigen
Bei seiner Ukraine-Reise wurde der Bischof von Vertretern der Caritas und der der Diözesanstelle Weltkirche begleitet. Gemeinsam besuchten sie etwa ein Haus der Caritas mit Beratungsangeboten wie Rechtshilfe und psychologische Hilfen, Spielräumen für Kinder, einer Kleiderkammer und einer „Barmherzigkeitsküche“, die täglich 870 Mahlzeiten an Geflüchtete und Bedürftige ausgibt. Bei einem Treffpunkt des Malteserhilfsdienstes erlebte die Delegation besonders berührende Momente im Gespräch mit einer Gruppe geflüchteter Frauen aus dem Osten und Norden der Ukraine:
„Das ist natürlich berührend und bedrückend zugleich, zu hören, was die Frauen berichtet haben von ihren Schicksalen: Dass sie ihre Männer verloren haben oder in Angst sind um die Männer an der Front. Vieles ist mehr zu erahnen von dem, was hinter dem noch alles steht, was sie gesagt haben. Und gleichzeitig war doch spürbar der Versuch, in aller Dramatik irgendwie eine Normalität herzustellen, also irgendwie das Leben zu leben."
70 Prozent der Binnenvertriebenen privat beherbergt
Für die Einheimischen ist die Unterbringung und Versorgung der vielen Binnenflüchtlinge aus dem ganzen Land eine große Kraftanstrengung. Ivano-Frankivsk, eine Stadt mit 200.000 Einwohnern, beherbergt derzeit zusätzlich 50.000 Geflüchtete – 70 Prozent von ihnen sind privat untergebracht. Caritas, die Malteser und weitere Helfer sind auf vielfältige Weise aktiv, um in der Kooperation mit den staatlichen Stellen zu helfen. Für die Frauen gibt es zum Beispiel Gesprächsangebote, während ihre Kinder mit spielerischen Angeboten betreut werden, die ihnen helfen sollen, ihre schlimmen Erfahrungen zu verarbeiten:
„Wir kamen mit einer Kinder- und Jugendgruppe zusammen, in einem sogenannten kinderfreundlichen Raum, den die Caritas der Diözese eingerichtet hat. Dieser Raum ist eine Art Spielforum für Kinder und Jugendliche, die da gesungen haben, die Spiele gemacht haben. Es gibt irgendwie einen Kontrast nach meiner Wahrnehmung: Wenn man die Gesichter der Kinder sieht, kann man ahnen, was sie durchgemacht haben. Auf der anderen Seite ist da aber natürlich die Lebendigkeit, die bei Kindern und Jugendlichen da ist, wenn die miteinander zu tun haben."
Klar sei, dass das Kriegsjahr allen ein Stück Kindheit genommen habe, so Ackermann. Auch wenn Ivano-Frankivsk in der Westukraine ein relativ sicherer Ort ist, sind die Auswirkungen des Kriegs auch dort spürbar, berichtet Bischof Ackermann:
„Die Westukraine ist natürlich nicht so betroffen wie der Norden, wie etwa Kyiv oder natürlich die Ostukraine. Aber es hat auch dort Raketenbeschuss gegeben: Wir haben das gesehen an einem Kraftwerk, wo es vor etwa zwei Wochen einen Beschuss gab. Man sieht, dass Häuser auch verlassen sind, dass Menschen das Land verlassen haben. In der Stadt Ivano-Frankivsk selbst, die etwa 200.000 Einwohner hat, gibt es natürlich viele Binnenflüchtlinge. Fast 50.000 Menschen haben dort Zuflucht gefunden. Bisher ist eben, Gott sei Dank, dieser Teil relativ verschont geblieben."
Debatte um Waffenlieferungen
Bezogen auf die politischen Dimensionen sagte Ackermann, die katholische Kirche stehe hinter dem Recht auf Selbstverteidigung der Ukraine, auch wenn er die Diskussionen um Waffenlieferungen der vergangenen Monate mit einem unruhigen Gefühl verfolge:
„Ich sage ehrlich, dass mich die Diskussionen über die Waffenlieferungen unruhig gemacht haben, dass man im Grunde den Eindruck hat, es wird nur noch auf Waffen gesetzt. Und wenn man dann dort gewesen ist, dann spürt man, dass Menschen sagen: ,Welche Wahl haben wir? In ein Regime wieder zurückzukehren, das diktatorisch ist, das wollen wir nicht. Wir haben klar die Orientierung nach Westen, zur Europäischen Union. Wir haben gar keine andere Wahl, als uns zu verteidigen. Und in dem Kräfteverhältnis David-Goliath brauchen wir die Hilfe der internationalen Partner.` Das sind keine Kriegstreiber, sondern die sagen: ,Wir wollen den Frieden. Einen Frieden, der in Freiheit ist und in Gerechtigkeit.` Insofern war auch klar dort, bei den kirchlichen Vertretern, dass es auch die Mittel braucht, um den Aggressor zurückzudrängen."
Jenseits von Debatten über Waffenlieferungen sei für Christen die spirituelle Komponente wichtig, betonte der Bischof weiter. Öffentliche Friedensgebete könnten etwa helfen, das Thema bei den Menschen präsent zu halten. Am 24. Februar laden so auch das Bistum Trier und der Malteserhilfsdienst anlässlich des Jahrestages des Kriegsbeginns zum Friedensgebet um 18 Uhr in den Dom ein.
Die Töne für diesen Beitrag stellte das Bistum Trier zur Verfügung.
(pm - sst)
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