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Thomas Arnold bei einer Veranstaltung des SachsenSofas (c) Kath. Akademie Thomas Arnold bei einer Veranstaltung des SachsenSofas (c) Kath. Akademie 

D: „SachsenSofa“ will zu besserem Zusammenleben beitragen

„Seid Hoffnungsmacher“: Unter diesem Motto steht die ökumenisch organisierte Initiative „SachsenSofa“, mit der die regionalen Akademien der beiden großen Kirchen in Deutschland den ländlichen Raum Sachsens bereisen, um dort gesellschaftlich relevante Themen kontrovers und konstruktiv zu diskutieren. Wir sprachen mit einem der Initiatoren des Projektes, Thomas Arnold von der katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Es ist in den Landesfarben Sachsens bezogen und tourt seit einigen Monaten vornehmlich durch den ländlichen Raum: Das „SachsenSofa“, auf dem in lockerer monatlicher Abfolge bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft gemeinsam mit christlichen Vertretern und Betroffenen verschiedenste Themen diskutieren, bei denen es „unter den Nägeln brennt“. Auf jedem Platz liegen auch Fragezettel, mit denen die Besucher anonym Fragen ins Plenum einbringen können, Kerzen werden anschließend als Hoffnungszeichen im Publikum weitergegeben. 

Die Plakate hängen vornehmlich rund um die Veranstaltungsorte aus
Die Plakate hängen vornehmlich rund um die Veranstaltungsorte aus

Die Initiative, die auf Anregung der katholischen Akademie entstanden ist, findet breite Unterstützung. Sowohl die evangelische Akademie in Sachsen als auch die Landeskirche seien gerne bereit gewesen, ds Projekt gemeinsam aus der Taufe zu heben, betont der Direktor der katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen, Thomas Arnold. Auch wurde für eine großflächige und langfristig angelegte landesweite Plakatorganisation unentgeltlich Raum zur Verfügung gestellt. An der ersten Diskussionsrunde, die als Pilotprojekt angelegt war, nahm Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer auf dem Sofa Platz.

Im Bild: Michael Kretschmer (l) und Thomas Arnold (r) mit Diskussionsteilnehmern beim Entzünden der Hoffnungskerzen
Im Bild: Michael Kretschmer (l) und Thomas Arnold (r) mit Diskussionsteilnehmern beim Entzünden der Hoffnungskerzen

„Unser Ziel ist es, mit dem Sachsensofa ein Symbol aus dem ganz privaten Bereich in den öffentlichen Raum zu holen und dort Themen aufzugreifen, die vor Ort brennen, die diskutiert werden müssen“, erklärt uns Thomas Arnold. Denn er habe wahrgenommen, dass viele kontroverse Themen vor allem im Privaten diskutiert würden, sich dann aber im öffentlichen Raum als polarisierte Demonstrationen Bahn brächen. Insbesondere im ländlichen Raum fühlten sich die Menschen leicht abgehängt. Dem entgegenzuwirken sei jedoch „keine Aufgabe, die spezifisch katholisch ist, sondern es ist eine Aufgabe, die spezifisch christlich ist“, so Arnold zum ökumenischen Ansatz der Initiative. Nicht umsonst ging es in der letzten Ausgabe der Diskussionsrunde um das Thema Migration – ein besonders heiß diskutiertes Thema in der Region.

Hier der Beitrag zum SachsenSofa zum Nachhören

Das Spezifikum der Kirchen

„Und trotzdem ist es uns gelungen - und ich glaube, dass ist Spezifikum der Kirchen - diese Diskussion friedlich und sachlich voranzubringen und diese Räume, die wir öffnen, nicht zu Pöbeleiorten verkommen zu lassen, sondern einen Raum zu bieten, wo Menschen wissen, Kirchen kommen mit einem Anspruch hin, lassen aber den verschiedenen Positionen, die natürlich begründet sind im Argument, einen Platz“, berichtet Arnold.

Ziel des Projekts sei es dabei nicht nur, den Diskussionen einen Rahmen zu geben, sondern auch, getreu dem eingangs erwähnten Motto, Hoffnung zu vermitteln: „Wir wollen nicht einfach nur in Anführungszeichen ,Propaganda' und ,Werbung' machen und einen Begriff nach vorne stellen, der uns vielleicht als Kirchen auch eigen ist, aber als Plattitüde wirken kann. Sondern wir wollen tatsächlich in dieser gesellschaftlich aufgeladen Situation Räume öffnen, wo durch die konstruktive Debatte am Ende Menschen nach Hause gehen, weiter streiten, weiter diskutieren, aber durch Lösungsansätze, die Sie erreichen im Diskutieren, vielleicht auch durch einen neuen Konsens, der ihnen noch gar nicht so vorher vor Augen stand, Hoffnung bekommen, damit diese Gesellschaft besser werden kann.“

Archivbild: Demonstranten stoßen in Dresden bei einer Corona-Demo mit Polizeikräften zusammen
Archivbild: Demonstranten stoßen in Dresden bei einer Corona-Demo mit Polizeikräften zusammen

Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft

Genau dies sei letztlich eine der zentralen Aufgaben der Kirchen, unbesehen der Tatsache, ob und wie sie – vor allem in einer Diaspora-Situation wie in Sachsen - gesellschaftlich wieder stärker an Relevanz gewinnen könnten, zeigt sich Arnold überzeugt.

„Wir erleben die katholische Kirche seit Jahren in einer Diskussion nach innen. Wir haben mit Blick auf die geschehenen Missbrauchstaten zu Recht aufzuklären und Vertuschungen zu verhindern. Wir haben zu Recht Strukturen zu ändern in der katholischen Kirche. Aber wenn wir uns damit begnügen, dann erfüllen wir nicht mehr den Auftrag des Evangeliums, sondern der Auftrag ist hinauszugehen und den Menschen etwas von der Hoffnung Christi zu erzählen.“

„Der Auftrag ist hinauszugehen und den Menschen etwas von der Hoffnung Christi zu erzählen“

Diese Funktion erfüllten letztlich auch die Akademien mit ihren Initiativen, erläutert der Akademie-Direktor, der bei der jüngsten und abschließenden Versammlung zum Synodalen Weg in Frankfurt in den Ausschuss gewählt wurde, der die Anliegen des Synodalen Weges in den kommenden Monaten ausarbeiten soll. „Das heißt nicht, dass wir überrumpeln oder überzeugen wollen, sondern dass wir mit unserem Beitrag in einem guten Sinne Sauerteig sein wollen für die Gesellschaft und etwas beitragen wollen, damit das Wohl der Menschen vorankommt im Land. So verstehe ich die Aktion der SachsenSofas. Ich erhoffe mir nicht dadurch, dass die Leute Kirche dadurch relevanter erachten oder dass sie sich direkt am nächsten Tag zur Taufe anmelden. Aber ich erhoffe mir, dass es für das Zusammenleben im Land eine Verbesserung gibt auf lange Sicht, weil die Menschen miteinander ins Gespräch kommen, bereit sind, zu streiten, aber eben auch bereit sind, einen Konsens zu suchen.“

„Ich erhoffe mir nicht dadurch, dass die Leute Kirche dadurch relevanter erachten oder dass sie sich direkt am nächsten Tag zur Taufe anmelden“

Naturgemäß dienen die einzelnen Veranstaltungen, die jeweils auch gestreamt werden und im Nachhinein auf Youtube verfügbar sind, auch dem Netzwerken. Akteure, die sich um ähnliche Problematiken kümmern, können sich persönlich kennenlernen und im Nachgang der Veranstaltungen auch gezielter zusammenarbeiten, berichtet Arnold konkret mit Blick auf eine bereits gelaufene Veranstaltung zum Thema Pflege. „Und wenn das Punkte sind, die aus einem Abend entstehen, dann bin ich dankbar, dann ist genau das, was ich meine, die frohe Botschaft voranzubringen.“  

Menschen dazu ermutigen, sich einzubringen

Dabei sieht Arnold, vielleicht auch unterstützt durch die Diaspora-Situation seiner Kirche, klar die Herausforderungen, die in näherer Zukunft insgesamt auf die Kirchen warten. „Wir werden erleben, dass wir uns fragen müssen, was ist uns als Kirchen in Zukunft wichtig. Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur den Blick auf unsere Gemeinde nach innen hin behalten, sondern dass wir unsere Gemeinden theologisch stärken, aber eben auch die Haltung stärken, dass Menschen nach außen gehen, dass wir Menschen bestärken, sich politisch und gesellschaftlich zu engagieren - gerade aus ihrem Glauben heraus motiviert - und dass wir Institutionen und Einrichtungen im Land brauchen, nicht nur an großen Orten, sondern möglichst weit ins Land hinein reichend, die sich engagieren für dieses Scharnier zwischen Gesellschaft und Kirche, ganz im Sinn von Gaudium et Spes, damit wir wirklich jünger werden, die Freude und Trauer, Angst und Hoffnung der Menschen wahrnehmen und versuchen, aus dem Licht des Evangeliums eine Antwort darauf zu geben.“

Die Besucher können anonym Fragen einreichen
Die Besucher können anonym Fragen einreichen

Wie läuft das SachsenSofa ab?

Manchmal gibt es vor Beginn der Diskussion eine Andacht mit der örtlichen Kirchgemeinde, in der das jeweilige Thema in geistigen Impulsen aufgenommen wird. Dann führt das katholisch-evangelische Moderatorenduo, Daniel Heinze und Maxi Konang, ins Thema ein und stellt die Gäste des Abends vor. Jeder Gast darf dann eine kurze persönliche Einschätzung zum Thema geben. Nach einer Einstiegsfrage der Moderatoren können bereits Fragen aus dem Publikum gestellt warden. Auf jedem Platz liegen auch Fragezettel, mit denen man anonym Fragen ins Plenum einbringen kann. Hauptteil ist das Gespräch zwischen BürgerInnen und Sofagästen. Nach Ende der Diskussion und Beantwortung aller Wortmeldungen aus dem Publikum erhalten die Podiumsgäste eine Kerze mit dem Schriftzug „Hoffnung”. Diese wird entzündet. Auch die Gäste haben auf dem Platz kleine „Hoffnungsmacherkerzen”. Die Podiumsgäste gehen auf die Zuhörer zu und geben ihr Licht weiter. Dabei ergeben sich im Anschluss weitere Gespräche und Diskussionen zum Thema.

Die nächste Runde des SachsenSofas findet am 27. März 2023 in Wurzen statt – es geht um das Thema Inflation. Weitere Informationen zu der Initiative gibt es auf der Webseite der katholischen Akademie  sowie – unter dem Stichwort „SachsenSofa“ über die sozialen Medien.

(vatican news/pm)

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21. März 2023, 13:43