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Kardinal Joseph Coutts aus Pakistan Kardinal Joseph Coutts aus Pakistan 

Pakistan: „Wir leben und atmen unsere Religion jeden Tag“

Pakistan erscheint in der Öffentlichkeit zumeist als ein von politischen Unruhen oder Naturkatastrophen betroffenes Krisenland oder als ein internationaler „Störenfried“. Dass diese Vorwürfe ganz aus der Luft gegriffen wären, wird kaum jemand behaupten wollen, dennoch bietet das Land auch erfreuliche Entwicklung, wie bei einer Online-Veranstaltung der Deutschen Bischofskonferenz deutlich wurde. Aus Pakistan war Kardinal Joseph Coutts zugeschaltet.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Die Mehrheit der Bevölkerung in Pakistan ist muslimisch, die christliche Minderheit macht 1,3 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Nach den Hindus sind die Christen die drittgrößte religiöse Gruppe. Wie der bei der Deutschen Bischofskonferenz für die Weltkirche zuständige Augsburger Bischof Bertram Meier bei der Online-Konferenz sagte: „Die Arbeitshilfe Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen in unserer Zeit – Pakistan, die wir an diesem Dienstag der Öffentlichkeit vorstellen, beleuchtet einige Facetten kirchlichen Lebens in diesem Umfeld. Sie benennt konkrete Probleme und Herausforderungen für Christinnen und Christen; sie erläutert aktuelle Konfliktlinien, analysiert Hintergründe und lässt Mitglieder der Ortskirche zu Wort kommen.“

Zum Nachhören - was die Kirche in Pakistan für die verfolgten Christen unternimmt

Gesetze werden kaum umgesetzt

Dirk Bingener von Missio Aachen erläuterte, dass laut Menschenrechtsorganisationen im In- und Ausland jährlich etwa 1.000 Mädchen und junge Frauen religiöser Minderheiten von Zwangsehen und erzwungenen Konversionen betroffen seien. „Sie werden von meist deutlich älteren Männern entführt, vergewaltigt und missbraucht, müssen ihre Peiniger heiraten und zum Islam konvertieren. Ihre Familien haben kaum Möglichkeiten, gegen diese Verbrechen vorzugehen und die eigenen Kinder zu schützen“, erläuterte der Priester. Gesetze, die Entführung sowie Kinder- und Zwangsehen unter Strafe stellten, existieren zwar in Pakistan, würden aber bislang kaum umgesetzt, wenn die betroffenen Mädchen und Frauen religiösen Minderheiten angehören. „Unsere Partnerinnen und Partner sind davon überzeugt, dass es ein Gesetz für den Schutz religiöser Minderheiten braucht – ein entsprechender Entwurf wurde 2021 in einem vorparlamentarischen Prozess abgewiesen“, so der Verantwortliche von Missio Aachen.

Gegenüber Radio Vatikan erläuterte Kardinal Coutts:

„Die Zwangskonvertierung junger Mädchen ist eines der Probleme, die wir in unserer Gesellschaft haben. Das betrifft im Übrigen nicht nur Christinnen, sondern in der südlichen Provinz auch viele Hindus, die das gleiche Problem wie wir haben. Man muss aber sagen: Menschenrechtsaktivisten und auch etliche Muslime, alle zusammen, haben sich dagegen eingesetzt. Sie legten der Regierung und dem Provinzparlament einen Gesetzentwurf zur Verhinderung von Konvertierungen und Eheschließungen von Minderjährigen zur Genehmigung vor.“

Mädchen gingen zum Weltfrauen in Pakistan auf die Straße
Mädchen gingen zum Weltfrauen in Pakistan auf die Straße

Wenn ein Bauer will...

In der Provinz, in der er lebe, fuhr Kardinal Coutts fort, sei dieser Gesetzesentwurf angenommen worden, der besagt, dass keine Frau unter 18 Jahren dazu aufgefordert werde dürfe, ihren Glauben zu wechseln.

„Das Gesetz wurde bereits verabschiedet. Aber die Umsetzung ist aus bestimmten Gründen sehr schwierig. Einer davon ist die große Kluft zwischen den reichen und mächtigen Menschen und der Mehrheit, die arm ist. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn jemand ein Großgrundbesitzer ist und Hunderte, vielleicht Tausende von Hektar Land besitzt und Hunderte von Arbeitern hat, die wir als Schuldknechte bezeichnen würden, dann sind sie fast wie Sklaven für ihn tätig. Und wenn ihm die Tochter einer seiner Bauern gefällt, dann kann er sie leicht entführen, heiraten und sie dazu zwingen, ihre Religion zu wechseln.“

Dass die Polizei in solchen Fällen oft wenig unternehme, habe auch mit Korruption zu tun, so der pakistanische Kardinal. „Und eine arme Person hat auch nicht das Wissen, wie sie da vorgehen könnte. Genau da kommen wir ins Spiel. Die katholische Kirche hat eine Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, die auf nationaler Ebene der Bischofskonferenz untersteht. Und wir haben eine Menschenrechtskommission, die sehr engagiert ist. Es gibt also Organisationen - aber es ist eine schwierige Aufgabe. Es ist nicht leicht, Recht zu bekommen, mutige Anwälte zu finden, die sich gegen die Mächtigen stellen und ihre Stimme erheben, und die richtigen Richter zu finden, die Recht sprechen.“

Landwirte in Pakistan
Landwirte in Pakistan

Widerstand durch Extremisten

Im Übrigen gelte das auch für die Verabschiedung eines Anti-Konversionsgesetzes auf nationaler Ebene. Der Widerstand komme von den extremistischen islamischen Gruppen. Sie seien dagegen, weil es aus ihrer Sicht nichts Schlimmes dabei sei, jemanden unter Zwang zu bekehren.

„Und ein weiteres Problem ist das Heiratsalter. Im Islam gibt es kein Mindestalter, also sagen sie, na ja, der Islam verbietet die Ehe unter auch sehr jungen Menschen nicht. Und dann stößt man auf das Problem, dass man über Religion spricht. Religion ist bei uns nicht wie in Europa. Es spielt keine Rolle, was man hier glaubt, sondern welcher Gruppe man angehört. Die Religion ist Teil davon und Teil unseres Lebens, Teil unserer Identität. Wir leben und atmen unsere Religion jeden Tag.“

Und das seien Hürden, die die Christen in Pakistan immer auf Trab halten würden.

„In unserer Menschenrechtskommission sitzen sehr engagierte Menschen, die sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen, und so viele gute Menschen, Muslime, Anwälte und andere, die uns helfen wollen. Das gibt uns Hoffnung und Mut, weiterzumachen“, schließt Kardinal Coutts.

(vatican news)

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14. März 2023, 12:41