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Unser Sonntag: Sündenbekenntnis schafft Klarheit

Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt charakterisiert das Gespräch mit der Sünderin am Brunnen: Vom geistreichen und interessanten Small-Talk geht es in die Tiefe. Jesus hilft der Frau, in ihr Inneres zu blicken. Der Seelsorger ermuntert uns dazu, auch über unser Leben nachzudenken - und gerade in der Fastenzeit einmal wieder zu beichten.

Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt

3. Sonntag der Fastenzeit

Joh 4, 5-42

Liebe Schwestern und Brüder.
Heute, am dritten Fastensonntag, haben wir ein sehr, sehr langes. Aber ungemein sympathisches Evangelium gehört.
Schon, was den Anfang betrifft, diesen wunderbaren Dialog zwischen Jesus und der samaritischen Frau.

Hier zum Nachhören

Der Herr, so berichtet uns der Evangelist Johannes, kommt zu einem Ort in Samarien, Sicher, und es war wohl um die Mittagszeit. Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Die Apostel gingen weg für einige Besorgungen und in der Mittagszeit kommt eine Frau, um Wasser zu schöpfen.
Das ist ganz außergewöhnlich.
Normalerweise gingen die Frauen zum Brunnen, entweder ganz früh, wenn es noch frisch war, wenn möglich noch vor Sonnenaufgang oder eben in der abendlichen „Kühle“ - wenn man von Kühle dort sprechen kann.

Die Sonntagsbetrachtung zum Nachschauen

Aber, dass in der Mittagszeit eine Frau dorthin kommt, ist außergewöhnlich. Sie hat auch niemand anders, mit dem sie dort reden kann. Eigentlich war das ja auch ein gesellschaftliches Ereignis: Man tauschte Dinge aus. Da war also eine Hintergrundgeschichte. Jesus bittet sie: Gib mir zu trinken. Und die Frau ist zu Recht überrascht. Wie kannst du als Mann und als Jude mich um Wasser bitten?

Das Religiöse angedeutet

Und dann entwickelt sich ein höchst interessantes, auch geistreiches Gespräch. Johannes hat es sehr verdichtet. Wenn du wüsstest, sagte der Herr, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt, man müsse trinken, dann hättest du ihn gebeten, ihm lebendiges Wasser zu geben.
Womit er in der Tat natürlich schon das Religiöse, das diese Realität andeutet:
Mit Blick auf ihn: wahrer Gott und wahrer Mensch. Mit Blick auf das Evangelium, auf die Frohe Botschaft, die Er uns bringt, mit Blick auf die Erlösung. Denn er ist das Brot, das vom Himmel kommt, das Licht der Welt, das lebendige Wasser. Und anfangs ist das Gespräch noch oberflächlich. Diese „nette“ Frau, sie spöttelt: Aber wie kannst du denn das sagen? Du hast doch gar kein Schöpfgefäß. Der Brunnen ist tief, und unter lebendigem Wasser verstand sie erst einmal das frische Wasser.

„Bist du etwa größer als unser Vater, Jakob?“

Wie kannst du das denn, armer Wanderer? Müde, durstig, voller Staub? Wie kannst du dann sagen, du würdest mir lebendiges Wasser geben können? Bist du etwa größer als unser Vater, Jakob?
Und dann? Wer von diesem vergänglichen Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben. Als Gläubiger fühle ich mich angesprochen. Herr, führe mich immer wieder zurück an diese Quelle des Lebens, die Du selber bist.
Entfache immer wieder neu den Wunsch, auch unseren Wunsch, liebe Schwestern und Brüder, bei Gott anzudocken. Ihm zu begegnen. Er ist es doch, der die Initiative ergreift, manchmal auch ganz verborgen.

Die Frau spöttelt...

„Gib mir bitte Wasser“. So kommt er ins Gespräch. So bittet er vielleicht auch uns: Kümmer dich doch um diesen Nachbarn. Er ist es, der uns damit eine große Gnade schenken möchte. Und dann, Herr, gib mir dieses Wasser. Dieses Wasser wo der Herr verspricht, dass man nie mehr Durst haben würde. Und möglicherweise ist die Bitte der Frau auch noch etwas spöttelnd: Du! Wanderer! Wasser, willst du mir geben, von dem ich keinen Durst mehr habe? Ja, her damit!
Und dann ändert sich etwas: Der Herr sagt zu ihr:
„Ruf deinen Mann und komm wieder her.“
„Ich habe keinen Mann.“
„Ja das richtig gesagt, denn du hast fünf Männer gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt.“

...Jesus trifft sie ins Herz

Wir merken, da geht etwas innerlich in der Frau vor von dem bislang Äußeren, Netten, etwas auch Witzigen, Sprudelnden, Amüsierten - merkt sie:
Hier ist jemand, der spricht anders. Hier ist jemand, der spricht zum Herzen. Da ist jemand, der spricht mich an...: „Ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet, aber ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte.“ Es entwickelt sich dieses Gespräch: „Ihr betet an, was ihr nicht kennt. Die Stunde kommt, sie ist schon da.“
Und dann bekennt die Frau: „Ich weiß, dass der Messias kommt.“
Das ist der gesalbte Christus. Dieses Gespräch mit dem Herrn. Hat sie auf eine ganz andere, in eine ganz andere Tiefe gebracht. „Und wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.“ Und dann offenbart sich der Herr: „Ich bin es, der mit dir spricht“.
Liebe Schwestern und Brüder. Ich habe versucht, dieses Gespräch einmal zu charakterisieren. Zuerst ein Small Talk. Schon geistreich, interessant. Beide spielen gewissermaßen miteinander. Und dann geht es in die Tiefe. Und dann geschieht etwas.

„Ich bin es, der mit dir spricht.“

Denn der Herr sagt: „Ich bin es, der mit dir spricht.“
Nachdem er dieser Frau geholfen hat, in ihr Inneres zu gehen: Ja, Mein Leben ist nicht korrekt. Nicht richtig.
Da kann er sich dieser Frau offenbaren. Sie hat aufmerksam zugehört. Sie ist religiös. Religiöser, als ihre Lebenssituation auf den ersten Blick vermuten lässt. Trotz allem ist sie gläubig. Und hier sind wir am Kernpunkt des vertrauensvollen Gespräches angelangt. Ich bin es, der zu dir spricht. Jesus bestätigt, was die Frau in ihrer Sehnsucht schon erahnt hat:
Ja, er ist es. Der Messias. Der lang Erwartete. Er bestätigt, was diese Frau in diesem Gespräch zu spüren beginnt. Und Jesus offenbart sich ausgerechnet einer Frau, deren Vorgeschichte alles andere als rühmlich ist. Irgendwo ist das ja sehr tröstlich, dass sich Jesus gerade der Kranken, der Leidenden, der seelisch Verwundeten annimmt. Wie wir in diesem Bericht erfahren dürfen.

Jesus ist der Messias für alle

Er ist der Hirte, der den verlorenen Schafen nachgeht. Und Jesus nimmt sich der Menschen an, so wie sie sind. Das war ja zum Beispiel auch bei seiner Begegnung mit dem habgierigen Zöllner Zachäus, der sich daraufhin bekehrte und den angerichteten Schaden wiedergutmacht. Jesus ist der Messias für alle, auch für die mit den schwarzen Flecken auf der weißen Weste. Das heißt doch, dass niemand seine Fehler vor Jesus verstecken müsste. Jesus liebt uns nicht, weil wir brav sind.
Er liebt uns, weil er uns mag. Und weil er uns gerne teilhaben lassen möchte an seiner göttlichen Fülle - als Kinder Gottes.
Die Frau macht sich auf den Weg. Und clever wie sie ist, sagt sie denen aus ihrem Dorf, die sie natürlich kennen: Da ist jemand, der hat mir alles genau gesagt, was ich getan habe. Ob er nicht der Messias ist?
Liebe Schwestern und Brüder, vielleicht sind diese Gedanken hilfreich für etwas, was in der Fastenzeit ja doch jeder Christ praktizieren sollte: das Bußsakrament, die Beichte.
Eine Begegnung mit dem Herrn, der uns kennt, der alles weiß, zu dem wir hingehen und für den wir noch einmal das, was er längst weiß, auf den Punkt bringen. Nicht, damit er es erfährt, damit wir uns Klarheit darüber verschaffen: Das war nicht gut. Aber du, Jesus, hast die Kraft, mir dies zu nehmen. Und mir eine Gnade zu schenken, dass es anders wird.

„Was würde mit mir sein, fragt ein Papst, wenn es die Beichte nicht gäbe?“

Ein wunderbares Wort hat Papst Johannes Paul I. einmal gesagt: „Wenn man zur Beichte geht, bereitet uns das meist großes Unbehagen. Das kann ich bestätigen. Aber wenn man es dann hinter sich hat, ist man froh und sagt erleichtert: Gott sei Dank. Es war wirklich eine gute Idee von Jesus, dieses Sakrament einzusetzen.“ Was würde mit mir sein, fragt ein Papst, wenn es die Beichte nicht gäbe?
Ist diese wunderbare Begegnung mit dem Herrn, wo wir uns durch das Bekenntnis selber noch einmal klar werden. Es tut mir leid, das und das habe ich nicht in Griff gehabt. Aber du vergibst und gibt mir die Gnade, es erneut zu versuchen. Wissen Sie, es ist ja so Vieles im Leben geht vorbei. Aber etwas bleibt. Die Verwundung der Seele, auch diese Verwundung, die wir uns selber zugefügt haben, davon können wir uns nicht freisprechen. Das ist nun einmal geschehen und ist Fakt.

Gott nimmt diese Last von uns

Aber Gott tut es. Er spricht uns frei. Er erlöst. Er entlastet. Er nimmt diese Last von uns. Dass wir mit neuem Mut sagen können: Herr, mit dir wird es möglich. Und ich glaube, dass gerade auch diese Geschichte, die wir von Johannes erzählt bekommen, am Brunnen sehr, sehr aufschlussreich und interessant ist. Im Psalm 31 lesen wir:


Solange ich meine Sünde verschwieg, zerfiel mein Gebein.
Denn seufzen musste ich ohne Unterlass.
Am Tag und auch zur Nachtzeit lastete deine Hand auf mir.
Und meine Kraft schwand wie in Sommerglut.
Dann aber habe ich meine Sünden vor dir bekannt,
meine Schuld nicht mehr verborgen,
habe gedacht bekennen will ich dem Herrn,
was ich gefehlt, und du hast mir die Schuld meiner Sünden vergeben.


Noch einmal: Das Bekenntnis schafft uns Klarheit. Und die Lossprechung, als Gläubiger schenkt mir die Gewissheit: Du hast das wieder gut gemacht, was ich nicht gut zu machen vermochte. Und mit Dir wird es gut. Haben wir den Mut, die Gnade Gottes durch dieses wunderbare Gespräch wirken zu lassen. Wir können gewiss sein in unserem Leben wird es gut.
Die Freude wird größer, die Nähe zu Gott und allen guten Menschen. So ist diese Frau dann wahrscheinlich auch nach dieser Begegnung ergangen ist.

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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11. März 2023, 11:00