Demo von Klimaschützern Demo von Klimaschützern  (AFP or licensors)

Ö: Klimabewegung als Bewährungsprobe auch für die Theologie

Die Klimabewegung stellt eine Bewährungsprobe auch für die Theologie dar, die gefordert ist, darin einen „locus theologicus“, einen theologischen Erkenntnisort und letztlich eine „Offenbarungsgestalt“ Gottes zu erkennen. Das hat die Theologin Martina Bär bei einem Vortrag am Mittwochabend an der Universität Graz betont.

„Fridays for Future“ etwa stelle einen „hoffnungsvollen Aufbruch“ dar und ein „Zeichen der Zeit“ im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). „Die Klimabewegung kann ein Indiz für eine Offenbarung Gottes im Sinne eines rettenden Impulsgebers sein, die in sozialprophetischer Weise zum Umdenken und Handeln auffordert“, so Bär in ihrem Vortrag, der zugleich ihre Antrittsvorlesung als Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Graz darstellte.

Position beziehen

„Die Kirche könnte sagen, dass die Anliegen berechtigt sind, auch wenn die Methoden in der breiten Gesellschaft kontraproduktiv wirken.“

Der Kirche attestierte Bär indes, trotzdem noch immer „viel zu zögerlich“ mit dem Thema umzugehen. Dabei könnten die christlichen Kirchen „gegenüber der Politik und im öffentlichen Diskurs viel stärker ihre Stimme erheben und Position beziehen“ - und dies durchaus auch kritisch, etwa wenn es um die Methoden der „Letzten Generation“ geht. Bär: „Die Kirche könnte sagen, dass die Anliegen berechtigt sind, auch wenn die Methoden in der breiten Gesellschaft kontraproduktiv wirken.“

Die Frage stehe aber im Raum, warum die Kirchen so zögerlich seien. Dahinter ortete die Theologin u.a. einen problematischen „Raumbegriff“: Die Welt erscheine in der Theologie heute kaum mehr als Schöpfung, als von der „Allgegenwart Gottes“ umfasster Raum, sondern vielmehr als dualistisch aufgespaltener Bereich der bloßen Natur. „Könnte es sein, dass der Theologie ein theologischer Raumbegriff für die Schöpfung fehlt, der diesen normativen Dualismus aufhebt und den Schöpfungsraum qua Sein und nicht nur qua Geschaffensein als göttlich qualifizieren kann?“ - ein Gedanke, den Bär in Folge mit einem theologie- und philosophiegeschichtlichen Aufriss entfaltete.

Profanisierung des Schöpfungsraumes

Das Resultat sei schließlich in der Neuzeit eine „zunehmende Profanisierung und Säkularisierung des Schöpfungsraumes“ gewesen - mit der Folge, dass die Welt nicht mehr als „lebendiger Organismus mit einer Seele“ wahrgenommen wurde, sondern als bloßer Raum technischer Verfügung. Ein neues, „theologisches Raumverständnis“, das „Mutter Erde“ als einen solchen „lebendigen Organismus“ verstehe, könne nicht „übergestülpt“ oder verordnet werden. Wenn es allerdings theologisch wiederentdeckt werde, könnte es eine ähnliche Wiederentdeckung auch in philosophischer Hinsicht geben und so „Mutter Erde“ wieder neu „auch in säkularen Debatten als schützenswerter Eigenwert verstanden werden.“

(kap – pr)

 

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18. Mai 2023, 15:42