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Ukraine/Russland: ÖRK versucht zu vermitteln

Zu einem 24-stündigen Blitzbesuch wird der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen ab diesem Mittwoch in Moskau erwartet. Der südafrikanische Geistliche Jerry Pillay wird dort mit dem orthodoxen Patriarchen Kyrill I. zusammentreffen, wie der Rat der Kirchen gegenüber Vatican News mitteilte. Eine Delegation der in Genf ansässigen Institution ist gerade aus der Ukraine zurückgekehrt, wo sie sich mit den Leitern der beiden orthodoxen Kirchen in der Ukraine ausgetauscht hat.

Delphine Allaire und Christine Seuss - Vatikanstadt

„Der Besuch in der Ukraine war sehr lohnend“, zeigt sich im Gespräch mit Vatican News der Moderator des ÖRK-Zentralausschusses, der deutsche evangelisch-lutherische Bischof Heinrich Bedford-Strohm, zufrieden. Unter seiner Leitung war die ÖRK-Delegation vom 10. bis zum 13. Mai in der Ukraine, wo sie unter anderem das Höhlenkloster in Kyiv besucht hat.

„Wir haben mit vielen Menschen gesprochen, insbesondere auch mit den Spitzen der beiden großen orthodoxen Kirchen, der ukrainisch-orthodoxen Kirche, die früher dem Moskauer Patriarchat angehört hat, und der orthodoxen Kirche der Ukraine, die sich 2018 neu gebildet hat und unabhängig vom Moskauer Patriarchat ist“, erläutert Bedford-Strohm.

Ökumenischer Dialog mit konkretem Ziel

Die neu gegründete Kirche war von Patriarch Bartholomaios von Konstantinopel, dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, anerkannt worden, während sich die ukrainisch-orthodoxe Kirche im Zug des russischen Kriegs in der Ukraine vom Moskauer Patriarchat losgesagt hatte. Das Höhlenkloster, traditionell durch die ukrainisch-orthodoxe Kirche belegt, steht derzeit inmitten eines Konfliktes, unter anderem hatten sich ukrainische Politiker für ein Verbot der Kirche ausgesprochen, deren Vertreter trotz der Lossagung von Moskau der Zusammenarbeit mit Russland verdächtigt werden. Der Mietvertrag für das Höhlenkloster, das in Staatsbesitz ist, wurde nicht verlägert. Auch Rivalitäten im Zusammenhang mit dem Wechsel von Gläubigen zwischen den beiden Kirchen seien spürbar, bedauert Bedford-Strohm, der betont:

„Mit beiden Spitzen haben wir geredet. Sie stehen sich im Moment gegenüber und sind voneinander getrennt und reden auch nicht wirklich miteinander. Und wir wollen als Weltkirchenrat von außen versuchen, beide Kirchen wieder zusammenzubringen und ins Gespräch zu bringen. Und die Bereitschaft dazu ist am Ende unseres Besuches von beiden Seiten auch deutlich erklärt worden. Das Ziel ist, dass auch die russisch-orthodoxe Kirche mit an einen Runden Tisch kommt, sodass wir als Kirchen trotz der sehr großen Unterschiede vielleicht doch einen Weg finden, auf der Basis unseres Glaubens an Jesus Christus, vielleicht Wege der Verständigung zu bahnen, die dann vielleicht auch für die Staaten insgesamt Auswirkungen haben können…“

Runder Tisch wohl im Oktober

Der erhoffte Runde Tisch, zu dem beide Kirchen ihre Zustimmung gegeben hätten, könne „wohl im Oktober“ stattfinden, meint Bedford-Strohm. Neben dem bayerischen Theologen gehörten Erzbischof Vicken Aykazian, Vizepräsident des ÖRK-Zentralkomitees, und Jerry Pillay zur Delegation. Pillay wird an diesem Mittwoch zu Gesprächen im Moskauer Patriarchat erwartet. In der Ukraine traf sich die Delegation mit Kirchenführern und ukrainischen Regierungsvertretern, darunter der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkachenko. Darüber hinaus fand in Butscha, einem zu trauriger Berühmtheit gelangten Vorort von Kyiv, am Ort des Massakers von zahlreichen Zivilisten ein ökumenisches Gebet statt. Die Frage, warum sich der ÖRK in der Vermittlung in der Ukraine engagiere, sei leicht zu beantworten, unterstreicht der evangelische Landesbischof:

„Weil es immer etwas ist, was uns nie zufrieden sein lassen kann, wenn Kirchen getrennt sind, wenn Kirchen gegeneinander stehen und in einer Weltsituation, in der zwischen zwei Staaten sogar ein schrecklicher Krieg herrscht, in der Russland die Ukraine angegriffen hat und viel Leid jeden Tag passiert - in dieser Situation ist es erst recht wichtig, dass wenigstens die Kirchen sich nicht einfach nur an den staatlichen Aussagen beteiligen, sondern ihren eigenen Akzent setzen. Der Weltkirchenrat hat den russischen Angriffskrieg, die russische Invasion als einen unmoralischen, einen illegalen Krieg kritisiert und verurteilt, hat den Gebrauch religiöser Sprache zur Rechtfertigung des Krieges verurteilt. Insofern hat er eine klare Position eingenommen. Aber die russisch-orthodoxen Delegierten bei der Vollversammlung des Weltkirchenrats in Karlsruhe haben diesen Beschluss nicht blockiert. Das heißt, es gibt eine Gesprächsgrundlage, die uns Hoffnung macht, dass wir vielleicht jenseits staatlicher Propaganda als Kirchen einen Weg zueinander finden können.“

„Es gibt eine Gesprächsgrundlage, die uns Hoffnung macht, dass wir vielleicht jenseits staatlicher Propaganda als Kirchen einen Weg zueinander finden können“

Vor Ort in der Ukraine schienen sich die Kirchenführer über das Kommen des ÖRK gefreut zu haben und hätten eine „zuhörende“ Haltung an den Tag gelegt, berichtet Bedford-Strohn, der sich davon überzeugt zeigt, dass den Kirchen in der Ukraine „eine externe Institution mit einer globalen Perspektive“ hilfreich sein könne. Auch Papst Franziskus sei über diese Initiative informiert, erinnert der Moderator des ÖRK-Zentralausschusses:

„Generalsekretär Jerry Pillay und ich haben Papst Franziskus (im vergangenen März, Anm.) besucht und ihm auch von unserer Friedensinitiative erzählt, von unserem Versuch, die Kirchen an einen Tisch zu bekommen. Und der Papst hat darauf sehr positiv reagiert.“ Seiner Ansicht nach sei es vorteilhaft, wenn sich die Kirchen auf den ihnen eigenen, verschiedenen Wegen, für den Frieden engagierten: „Der Papst hat andere Kanäle als der Weltkirchenrat, und ich glaube, dass sowohl der Papst als auch wir als Weltkirchenrat unsere Kanäle nutzen sollten. Der Erfolg, da mache ich mir keine Illusionen, ist unsicher. Aber wir legen den Erfolg unseres Handelns in Gottes Hand. Klar ist, dass wir es versuchen müssen.“

(vatican news)

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16. Mai 2023, 17:07