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Buchtipp: „Der schwarze Schumacher“

Er war berühmter und vielleicht sogar beliebter als Gottfried Keller und Jeremias Gotthelf, doch heutzutage kennen ihn die wenigsten. Joseph Spillmann gehörte zu den wichtigsten katholischen Schriftstellern aus der Schweiz seiner Epoche, er war ein erfolgreicher Verfasser von Jugendbüchern. Doch wegen eines Vorurteils geriet er in Vergessenheit: Spillmann war Jesuit...

Mario Galgano – Vatikanstadt

Seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt, und doch kennen ihn heute nur die wenigsten. Selbst in seiner Heimat – in der Schweiz – wissen heute viele nicht mehr, wer Pater Joseph Spillmann war. Er wuchs in Zug auf und besuchte dort das Gymnasium. Nach dem Tode des Vaters führte er 15-jährig dessen Gewerbe als Gerbermeister weiter. Später trat er dem Jesuitenorden bei.

Sein berühmtestes Werk war „Der schwarze Schumacher“ von 1903. Spillmanns letztes Meisterwerk wurde jetzt zum ersten Mal ins Italienische übersetzt dank Francesco Cerea. Der Historiker ist Professor an der Europäischen Universität Rom und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Studienplatz für Alpengeschichte an der Akademie für Architektur in Mendrisio an der Universität der italienischen Schweiz. Im Gespräch mit uns erläutert er, wer Spillmann war:

„Er erhielt eine humanistische Ausbildung in der Schweiz, aber auch in Österreich und Deutschland. Berühmt war er nicht nur für seine kirchengeschichtlichen Werke, sondern auch für volkstümliche Erzählungen in Bildbänden und sogar für historische Romane. Er lebte zunächst in Belgien, England und Holland und starb 1903 in Luxemburg. Er war ein Schweizer also, der aus einer alten Zuger Patrizierfamilie stammte, aber zugleich europäisch geprägt war, weil er viel gereist ist - und unter anderem auch durch seine Erfahrungen als Mitglied des Jesuitenordens. Dies widerspiegelt sich auch in einigen seiner Jugendgeschichten, die im Osten spielen.“

Hier zum Nachhören

Gerechtigkeit und direkte Demokratie

Im Werk „Der schwarze Schumacher“ geht es um Themen wie Gerechtigkeit und direkte Demokratie. In einer kleinen Ortschaft wie Zug mit einer dekadenten Atmosphäre beginnt die Geschichte kurz vor dem politischen Kampf, der tatsächlich zwischen der Partei von Joseph Anton Schumacher und derjenigen des Barons Fidel Zurlauben ausgetragen wurde. Inmitten von hinterhältigen Manipulationen, Familienfehden, Ungleichheiten und Neid ist der Kanton Zug im 18. Jahrhundert eine kleine Welt, die von einem tiefgreifenden sozialen Konflikt erschüttert wird, welcher zu einer tiefgreifenden Spaltung der Bevölkerung und zum Sturz des Patriziats führt.

Die Aristokraten werden von dem Demagogen Schumacher entmachtet, der wegen seines dunklen, moralischen und radikalen Wesens den Spitznamen „der Schwarze“ erhält. In einem Strudel von Irrungen und Wirrungen, vereitelten Liebesaffären, Machtspielen und Verbannung wird das Schicksal für alle unerbittlich. Der katholische Hintergrund ist in dem Werk zu spüren, so Cerea:

„Der Kanton Zug war formal und verfassungsmäßig eine Demokratie. Es gibt die Landsgemeinde, die kantonale Versammlung der männlichen Bürger, weil wir natürlich in jenem Jahrhundert noch weit von der vollen Gleichberechtigung der Geschlechter entfernt sind, aber es gibt eine Demokratie. Und in Wirklichkeit wird die Landsgemeinde von dieser aristokratischen Klasse dominiert, die Geld, Pensionen aus Frankreich bekommt und der ,schwarze Schumacher´ prangert dieses Geld an, die die Einstellung ändern, die die Sitten und Gebräuche der wahren und reinen Schweizer verändern. Er erinnert an den heiligen Nikolaus von Flüe, als ein Beispiel für moralische Bescheidenheit. So werden diese, sagen wir, Sitten und Gebräuche des französischen Hofes vom ,schwarzen Schumacher´ gerade als Beispiel für Dekadenz stigmatisiert. Er bekämpft sie, obwohl dies in Wirklichkeit zu einer eigenen Diktatur führt und dann zu einer Krise der Staatsfinanzen führen wird. Sagen wir also so: Populismus und Demagogie sind der Schlüssel, um das Werk zu verstehen.“

Die italienische Neu-Ausgabe ist im Verlag Mimesis erschienen. Die deutschsprachigen Ausgaben sind noch in Antiquitäten-Buchhandlungen zu finden.

(vatican news)

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05. Juni 2023, 10:23