Unser Sonntag: Folge mir nach!
Herr Marcel (Vogel)
X Sonntag im Jahreskreis (A):
Mt 9, 9-13
Eine verändernde Begegnung
Viele Christen kennen die verschiedenen Berufungsgeschichten aus den Evangelien. Heute, am 10. Sonntag im Jahreskreis, hören wir die Berufung des Zöllners Matthäus. Sie ist mit einer weiteren Szene, in der Jesus mit den Sündern und Zöllnern beim Mahl ist, verbunden.
Eine beeindruckende Darstellung dieser Szene befindet sich in Rom, in der Kirche S. Luigi dei Francesi. Auf dem Gemälde sind zwei Personengruppen zu erkennen: Jesus, der gemeinsam mit Petrus am rechten Rand des Bildes steht sowie Matthäus und seine Begleiter.
Jesu Anruf dringt tief in das Herz des Matthäus ein
Ein Lichtstrahl fällt hinter Jesus ins Bild und beleuchtet den berufenen Zöllner. Christus zeigt mit einem Finger auf Matthäus, der nur verwundert auf Jesus blickt und fragend auf sich selbst zeigt. Diese eindrückliche Darstellung der Szene hilft uns zu verstehen, was dort vor sich ging. Christus beruft einen der zwölf Apostel. Einen, der mit den anderen nach seiner Auferstehung in die ganze Welt hinausgehen soll, um den Menschen die frohe Botschaft zu bringen. „Folge mir nach!“ (Mt 9, 9) sind die einzigen Worte, die Jesus bei dieser Berufung spricht. Er fügt dem nichts hinzu. Dieser Anruf scheint so tief in das Herz von Matthäus eingedrungen zu sein, dass er ohne Zögern aufsteht und ihm folgte. Die Einladung Jesu zur Nachfolge des Matthäus hat die umstehenden Menschen bewegt: wahrscheinlich waren die übrigen Apostel froh über die Berufung, aber sie verärgerte auch die Feinde Jesu.
Das Reich Gottes schließt niemanden aus
Zöllner galten in der damaligen Zeit als öffentliche Sünder, wie es auch der lateinische Begriff ausdrückt: publicanus. Sie sündigten in der Öffentlichkeit, indem sie Steuern für einen heidnischen Herrscher eintrieben. Matthäus saß an einem Tisch mit seinen eingetriebenen Steuergeldern, wie wir es auf dem Bild von Caravaggio sehen. Wegen seiner sozialen Stellung war er es wohl gewohnt, von seinen Nächsten nur Abneigung zu spüren. Umso mehr muss ihn der Blick Jesu und seine Worte „Folge mir nach!“ (Mt 9, 9) getroffen haben. Eine solche Liebe, ein solches Wohlwollen seitens eines Menschen war ihm gänzlich fremd. Jesus will ihn in seine Nachfolge berufen, nicht weil er schon perfekt oder heilig ist, sondern weil er auf einzigartige Weise dem Reich Gottes dienen kann.
Mit dem Aufruf „Folge mir nach!“ (Mt 9, 9) lehrt Jesus uns alle, dass die Liebe Gottes nicht unterscheidet zwischen Sündern und Gerechten. Sie ist nicht berechenbar, weil sie sich auch an jenen zeigt, an denen man es am wenigsten erwarten würde. Niemand darf sich aus dem Reich Gottes ausgeschlossen fühlen. Dieses Reich Gottes ist nicht abgehoben, eine ideelle oder gar utopische Gesellschaft. Es ist keimhaft in der Kirche präsent, weil sie den Menschen die Liebe Gottes in Wort und Taten bringen soll, indem sie ihnen Christus bringt. Denn in seinen Worten, in seinen Taten und seiner Gegenwart leuchtet dieses Gottesreich auf (cfr. Lumen Gentium, n. 5). Gottes Liebe gilt nicht nur den Christen, die in der Kirche sind, sondern sie richtet zuvorderst an jene, die Christus und seine Kirche noch nicht erkannt haben.
Er stand auf und folgte ihm
Christus, der zu Matthäus hinzutritt, verändert radikal das Leben des Zöllners. Er steht sofort auf und lässt sein altes Leben hinter sich zurück: dort hatte er finanzielle Sicherheit, ja sogar Reichtum. Er lässt es für eine kleine Gruppe von Fischern zurück, die sich um Jesus versammelt hatte. Man kann wohl sagen, dass Matthäus derjenige unter den Aposteln ist, der am meisten zurückgelassen und riskiert hat. Die anderen Jünger besaßen immer noch ihre Fischerboote – sie kehrten auch zu ihrem alten Leben zurück, als Jesus gestorben war.
Wahre Nachfolge fordert die ganze Person
Für Matthäus gab es allerdings kein Zurück mehr. Er ist wie ein Spiegel für uns Christen. In seiner Person sehen wir, wie ein Christ sein sollte, denn wirkliche Nachfolge Christi, in der wir stehen, ist nicht etwas, was nur einen kleinen Bereich unseres Privatlebens einnehmen möchte. Nein – wahre Nachfolge fordert unsere ganze Person heraus. Wer Christus ernsthaft nachfolgen will, bedarf jener Bereitschaft und Einfachheit, die Matthäus besaß, als er sich ganz hingab, um Jesus zu folgen. Der Ruf Jesu kann einen Menschen aus seinem Alltag herausreißen, wie es bei Matthäus der Fall war. Mit Christus fällt ein Licht in unser Leben, eine Wärme, die uns dazu drängt, die Liebe weiterzugeben, die wir im Glauben erfahren durften.
Jünger im Alltag
Der Glaube gehört nicht in verstaubte Kirchen oder muffig riechende Sakristeien, wie wir es oftmals mit ihm assoziieren. Er darf nicht nur dann gelebt werden, wenn wir gerade im Gottesdienst sind oder zu Hause beten. Nein, der Großteil unseres Christentums wird im Alltag, auf der Arbeit, in der Universität, der Schule, etc. gelebt. Dort dürfen wir Zeugen für die unbedingte Liebe Gottes sein. Dies muss nicht immer durch unsere Worte geschehen, sondern zuvorderst ist unser Leben ein Zeugnis für unseren Glauben. Wenn wir uns Christen nennen, müssen wir Jesus wirklich nachfolgen, dann muss unser Leben dem seinen ähnlich werden. In seiner Nachfolge werden wir zu wirklichen Christusträgern im Alltag, in einer Gesellschaft, die Gott und sein Reich nicht mehr kennt; die dem Glauben und der Kirche oftmals ablehnend gegenübersteht. Wine Matthäus sind auch wir berufe Christus nachzufolgen, indem wir unser altes, schlechtes Leben hinter uns lassen und den Glauben ernsthaft leben.
Man kann nur von dem Zeuge sein, was man selbst erfahren hat – Gott bietet uns seine Liebe jeden Tag aufs Neue an, wenn er auf den Altären unserer Kirchen real gegenwärtig wird. In der Heiligen Messe möchte er einem jeden diese Liebe schenken und sich mit uns vereinen. Auf diese Weise sind wir im Alltag nicht allein, sondern Christus begleitet uns. Er stärkt uns und vergibt uns, wenn wir dem Anspruch unseres Christseins nicht gerecht geworden sind. „Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ (Mt 9, 13) Verzagen wir also nicht, wenn wir in alte Gewohnheiten verfallen, die dem Glauben entgegenstehen, sondern nehmen wir jeden Tag aufs Neue den Mut zusammen, uns Christus und seiner Kirche ganz hinzugeben. Diese Hingabe zeichnete Matthäus aus, der am Ende seines Lebens für den Glauben starb. Lass wir mit unserem Eifer nicht nach, sondern geben wir uns für den Glauben hin, indem wir ihn auf glaubwürdige Weise leben.
(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.