Österreich: VinziWerke-Gründer Wolfgang Pucher ist tot
Bereits diesen Donnerstagabend (20. Juli, 18.30) findet ein erstes Gebet zu seinem Gedenken in Puchers Heimatpfarre Graz-St. Vinzenz statt. Noch im Juni hatte der Geistliche sein 60-jähriges Priesterjubiläum gefeiert. Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, hatte sich tief betroffen über den Tod Puchers gezeigt. „In meiner Zeit als Weihbischof von Graz bin ich oft mit ihm zusammengetroffen und durfte so Zeuge seiner Werke sein“, schrieb der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz am Donnerstag auf Instagram. Lackner würdigte Pucher als „unerschütterlichen Anwalt der Armen“. Pucher habe das Evangelium nicht nur im Wort, sondern besonders auch in der Tat gepredigt.
Pucher habe im Laufe der Jahrzehnte hunderten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Wegbegleitern als Inspiration gedient, hieß es es in der Aussendung der „VinziWerke", mit der sie über den Tod ihres Gründers informierten. Tausenden Menschen habe er eine Stimme gegeben und sich für sie „mit unerbittlichem Willen kompromisslos eingesetzt".
Mit seinen unkonventionellen Lösungsansätzen habe er ihnen schlussendlich Obdach, eine Perspektive und ein Stück Hoffnung geschenkt. So habe er sein gesamtes Leben in die Berufung des Heiligen Vinzenz von Paul und des Seligen Frédéric Ozanam und somit in den Dienst an den Ärmsten in der Gesellschaft gestellt.
„Wir sind in tiefer Trauer. Dennoch möchten wir betonen, dass alle Einrichtungen und Projekte trotz dieser Ausnahmesituation ihre Arbeit weiter fortführen und Menschen am Rande der Gesellschaft in ihrer Not auffangen", betonten Peter Pratl, Obmann der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg und Amrita Böker, Koordinatorin der VinziWerke. Die Hilfsorganisation bitte „alle Menschen, die uns bisher verbunden waren, uns auch weiterhin zu unterstützen".
Gründer der VinziWerke
Allein in Wien bietet das Hilfswerk sieben Einrichtungen an, etwa zwei Notschlafstellen - „VinziBett" und „VinziPort" - zwei „VinziShops" sowie den „VinziMarkt" und das „VinziDorf". Letzteres bietet 24 langzeitobdachlosen Männern ein Zuhause auf Dauer.
Zur Person
Pucher hat laut eigener Angaben Hunger gekannt: So sei er im bischöflichen Knabenseminar in Graz einer der wenigen Schüler gewesen, die kein Jausenpaket hatten. „Vor Hunger habe ich manchmal in der Vormittagspause aus dem Speisesaal Brot gestohlen", so Pucher, der 1958 im Gymnasium der Lazaristen in Graz-Eggenberg maturierte und danach in das Klerikat der „Kongregation der Mission" (Lazaristen) in Graz eintrat.
1963 wurde Pucher in der Wallfahrtskirche Mariatrost zum Priester geweiht. Seine Laufbahn führte ihn zunächst als Erzieher im Knabenseminar der Lazaristen in Eggenberg, danach als Kaplan in die Kirche zur Schmerzhaften Mutter in Graz, wo er sich speziell der Kinder- und Jugendpastoral widmete. 1969 bis 1973 leitete er im österreichischen St. Georgskolleg in Istanbul das Internat und war Seelsorger der österreichischen Gemeinde sowie für die Prokuratur verantwortlich.
Im Juni 1973 hielt Pucher seine erste Predigt als neuer Pfarrer in der Grazer Vinzenzkirche, die prägend für sein künftiges Wirken werden sollte. Gleich zu Beginn habe er erklärt, er wolle für alle Menschen da sein, „vor allem für jene, die mich am meisten brauchen", erinnerte sich Pucher in dem Interview mit der steirischen Kirchenzeitung „Sonntagsblatt". So sei er bald auf ein sogenanntes „Delogiertenheim" in direkter Nachbarschaft zur Pfarre gestoßen, in dem 800 Menschen, davon 200 Kinder, lebten. „Nach einem Besuch aller Wohnungen wusste ich: die brauchen mich", so Pucher.
Die dort lebenden Menschen waren von den Behörden und allen Sozialaktivitäten der Stadt Graz nahezu ausgeschlossen „und im wahrsten Sinne des Wortes verachtet", erklärte Pucher. Ein erster Schritt, den er erwirkte, war, die 50 cm hohe Schrift „Delogiertenwohnheim der Stadt Graz" an der Fassade entfernen zu lassen. Das Gerücht, er selbst habe die Lettern abmontiert, stimme, auch wenn es ihn ehre, aber nicht.
Bei seinen Aktionen sei ihm „mitunter menschenverachtender Widerstand" entgegengebracht worden, erkärte Pucher. Das habe ihn aber nie ans Aufhören denken lassen: „Wenn ich vor einer Herausforderung stehe, dann stelle ich mich ihr, und dieses Sich-Stellen weckt neue Kräfte". Woher die Kräfte kommen, könne er nicht genau bestimmen, aber, „Ich bin der festen Überzeugung: Wenn Gott jemandem eine Aufgabe gibt, dann gibt er ihm auch die notwendigen Kräfte und Fähigkeiten, sie zu erfüllen."
Zahlreiche Auszeichnungen
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