Suche

Pater Batlogg SJ Pater Batlogg SJ 

D: Jesuit deutet Franziskus als Reformpapst

Der Jesuit, Theologe und Publizist Andreas Batlogg sieht in Papst Franziskus einen Reformpapst, „allen Unkenrufen zum Trotz“. Das sagte er am Sonntag in einem Interview mit BR24.

„Er ist der erste Jesuitenpapst der Geschichte, und er hat viel erreicht. Wir sehen das oft durch eine sehr deutsche Brille, weil er nicht unsere Reformagenda bedient. (Aber) er muss fünf Kontinente, viele Mentalitäten im Blick haben, und da sind Enttäuschungen programmiert.“

Batlogg, ein gebürtiger Voralberger, arbeitet in der Münchner Cityseelsorge; er leitete von 2009 bis 2017 die Jesuiten-Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ (ihr und weiteren Jesuiten-Zeitschriften gab Franziskus 2013 sein erstes, programmatisches Interview) und beschäftigt sich in einem Blog ausführlich mit dem argentinischen Pontifikat. Nach seinem Eindruck „arbeitet sich Franziskus zu Tode“. Zwar seien Reisen wie die zum Weltjugendtag von Lissabon vor einer Woche „eine Vitaminspritze“ für den 86-Jährigen, doch „so fit wie mit 77 ist er nicht mehr“.

Franziskus berät 2022 mit Kardinälen über seine Kurienreform
Franziskus berät 2022 mit Kardinälen über seine Kurienreform

„Franziskus hat Räume geöffnet“

Wer nach Franziskus, dem Reformer, fragt, den verweist Pater Batlogg auf die Kurienreform, die der Papst im Juni letzten Jahres in Kraft gesetzt hat. „Die ist zwar verwässert und abgespeckt worden, weil es viele Rückmeldungen aus den Bischofskonferenzen gab – aber da hat er in der Kurie etwas verändert… Und Evangelii gaudium, das erste apostolische Schreiben, ist ein Evangelisierungsprogramm. Außerdem darf man auch nicht die Personalien vergessen, die Ernennung von 21 neuen Kardinälen, darunter 18 jünger als 80, die also (in einem Konklave) wählen dürfen. Da sind schon programmatische Dinge dabei.“

Wichtig sei in dieser Hinsicht auch die Ernennung des argentinischen Erzbischofs Fernández zum künftigen Präfekten des Glaubensdikasteriums, sagt Pater Baglogg. „Da hat er schon sein Haus bestellt, und er möchte sicherstellen, dass die Impulse, die von ihm ausgegangen sind, weitergehen. Man kann natürlich sagen: Es gibt nach wie vor keine Frauenweihe. den Zölibat gibt es noch, und es gibt keinen Diakoninnen-Amt. Aber er hat Räume geöffnet: Das ist ein großes Verdienst aus meiner Sicht. Ich denke, es hängt vom nächsten Papst ab, ob dann auch dogmatisch und kanonistisch mehr passiert; aber auch da hat er nicht so wenig gemacht, wie es nach außen hin ausschaut.“

Großé Runde: Der Papst spricht 2022 mit deutschen Bischöfen über den Synodalen Weg
Großé Runde: Der Papst spricht 2022 mit deutschen Bischöfen über den Synodalen Weg

„Sein Fokus ist immer die Evangelisierung“

Gleichwohl sei das Pontifikat dieses Papstes nicht frei von „Widersprüchlichkeiten“. Das sagt der Jesuit zur Haltung der Kirche gegenüber Homosexuellen. Auf der einen Seite hat Franziskus auf einer fliegenden Pressekonferenz 2013 ausgerufen „Wer bin ich, um zu urteilen?“; auf der anderen Seite hat die Glaubenskongregation (heute: Glaubensdikasterium) Segensfeiern für homosexuelle Paare untersagt. 

Der Jesuit Andreas Batlogg zu den Reformen von Papst Franziskus - ein Beitrag von Radio Vatikan mit Material von BR24

Batlogg kann auch der skeptischen Haltung des Papstes gegenüber dem Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland nicht viel abgewinnen. „Er sieht natürlich die deutsche Kirche durchorganisiert, auf Begriffe aus, mit viel Geld – und daneben natürlich auch über 500.000 Austritte im Jahr 2022: Das ist die Größe von Nürnberg oder Dresden. Das sieht er auch, und sein Fokus ist ja immer Evangelisierung. Da warnt er ähnlich wie Benedikt XVI. in gewisser Weise vor der überbürokratisierten Kirche und sagt: Was ist mit Zeugnis, was ist mit Evangelisierung?“

Nachdenklicher Reformer: Papst Franziskus
Nachdenklicher Reformer: Papst Franziskus

Die Suche nach einem neuen Miteinander in der Kirche

Allerdings nehme man im Vatikan vielleicht nicht genug wahr, dass der Synodale Weg „das Ergebnis der Erschütterung über die MHG-Studie über Missbrauch“ sei. Außerdem zeigten die Vorbereitungsdokumente zur derzeit laufenden Weltsynode, dass die Ansicht, die Deutschen überzögen die Weltkirche mit ihren Themen, ein „Phantom“ sei.

Von der von Franziskus auf den Weg gebrachten Weltsynode erhofft sich Pater Batlogg unter anderem „ein gutes Bekenntnis zur Demokratie und zur demokratischen Kultur“. „Der Papst steckt natürlich auch in seiner Denke drin, aber ich würde ihn in einem Punkt verteidigen: Synodalität heißt zunächst, neu und anders aufeinander hören – und zwar alle, von oben nach unten, von unten nach oben. Es gibt kein Monopol: ‚Weil ich Bischof bin, weiß ich doch ein bisschen mehr‘, oder ‚Weil ich Theologieprofessorin bin, weiß ich doch ein bisschen mehr‘. Und dazu in einem neuen Miteinander zu finden, das ist, glaube ich, seine Absicht.“

„Die Leute müssen wirklich aussprechen, was ihnen unter den Nägeln brennt“

Das „Megathema“ bei der Weltsynode ist nach Ansicht von Pater Baglogg die Rolle von Frauen in der Kirche. „Und ich bin trotz allem zuversichtlich, dass da etwas passiert. Die Lineamenta (das Grundlagenpapier für die nächste Synoden-Vollversammlung) enthalten ja auch Arbeitsblätter, was alles abgearbeitet werden muss, und die zweite Synode im Oktober 2024 wird ja dann auch feststellen oder feststellen müssen: Wurde da etwas getan oder nicht?“ Was muss nach Pater Batloggs Ansicht geschehen, damit die Weltsynode von Papst Franziskus ein Erfolg wird? „Die Leute müssen wirklich aussprechen und benennen, was ihnen unter den Nägeln brennt, und nicht nur das sagen, von dem sie meinen, der Papst wolle es hören.“

(br24 – sk)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

14. August 2023, 11:46