Island: Fragen des Synodalen Wegs sind kaum Gesprächsthema
Heutzutage stammen etwa 70 Prozent der Katholiken in Island aus Polen. Der Rest stammt vorwiegend aus Litauen, Tschechien, der Slowakei, aber auch aus anderen Ländern der Welt. Es habe sich „eigentlich sehr viel geändert“, sagt im Gespräch mit dem Kölner Domradio Jacques Rolland. Er ist Kanzler des Bistums Reykjavik und wird „Séra Jakob“ – isländisch für Pfarrer Jakob – genannt: „Als ich 1977 hierher kam, gab es kaum mehr als tausend Katholiken, aber fast alle waren Isländer. Heutzutage ist die überwiegende Mehrheit der Katholiken Ausländer.“
Nach aktuellen Zahlen sind die wenigsten Isländerinnen und Isländer – vor allem die Jugend – an Kirche und Glaubensthemen interessiert. Dazu Séra Jakob:
„Die Menschen sind nicht unbedingt Atheisten. Es ist eher so, dass die Leute wenig für den Glauben und die Kirche übrig haben und auch nie in die Kirche gehen. Das kennen die gar nicht. Schon in der evangelischen Kirche geht man nur in die Kirche, wenn etwas besonders ansteht: Taufen, Trauungen und vor allem Beerdigungen.“
Die Leute hätten aber doch so etwas wie einen versteckten Glauben, fügt der Bistumskanzler an. Der drücke sich aber nicht im täglichen Leben aus. Sie würden zwar sagen, der Glaube habe für sie keine Bedeutung. „Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht glauben. Dieser Glaube drückt sich nur kaum aus. Wie gesagt, es gibt eigentlich kein Interesse und keinen Kirchenbesuch“, sagt Séra Jakob.
Blütezeit der isländischen Kultur
Und doch könne nicht vergessen werden, dass die Blütezeit der isländischen Kultur mit der Präsenz der katholischen Kirche auf der Insel verbunden sei, erinnert Séra Jakob:
„Die Blütezeit der isländischen Kultur, in der die Sagas geschrieben wurden und die isländische Sprache sich entwickelt hatte – in einem Ausmaß, das die Isländer stolz auf ihre eigene Sprache und Kultur blicken lässt – fällt in die Zeit der katholischen Kirche. Besonders den Einfluss der Klöster gilt es hierbei zu erwähnen. Die Mönche haben zum Beispiel die ganze heidnische Literatur über die Gottheiten der Germanen wie Odin oder Thor geschrieben. Das also, was einen Isländer zu einem Isländer macht, ist sehr stark unter dem Einfluss der katholischen Kirche gewachsen. Die Reformation wurde den Isländern dann einfach aufoktroyiert.“
Und heute sei die katholische Kirche zwar eine Minderheit, aber auch durch ihre multikulturelle Dimension geprägt, fügt der Kanzler an:
„Deshalb sind die Themen, die zum Beispiel In Deutschland sehr stark angesprochen werden, hier zurzeit kaum Gesprächsthema. Es wird sich mehr auf die ganz konkrete pastorale, tagtägliche Arbeit konzentriert. Wann kommt der Priester, damit wir mal wieder eine Messe haben? Wir sind da mehr auf dem Boden der Tatsachen. So große Überlegungen über die Zukunft der Kirche und wie es aussehen soll, ist noch nicht sehr präsent.“
Beziehung zu Deutschland
Für die Katholiken in Island sei aber die Beziehung zu Deutschland sehr wichtig und er hoffe, dass die Deutschen für sie beten und sie helfen, fügt Séra Jakob an:
„Natürlich denken wir hier in Island auch an die große Kirche in Deutschland, die uns sehr viel unterstützt hat, besonders in dem letzten und diesem Jahrhundert. Hätten die deutsche Kirche und das Bonifatiuswerk uns nicht geholfen, gäbe es hier keine Kirche.“
Das Erzbistum Reykjavik gehört zur Nordischen Bischofskonferenz zusammen mit den Bistümern von Oslo, Trondheim, Tromsö, Kopenhagen, Helsinki und Stockholm. Die Bischöfe der Nordischen Bischofskonferenz organisieren gemeinsam mit den emeritierten Bischöfen ihrer Diözesen unter anderem die kirchliche Arbeit in den Bistümern mit insgesamt rund 340.000 Katholiken und versuchen zusammen den Kontakt zur katholischen Kirche in Europa und der Welt zu erleichtern.
(domradio – mg)
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