Bätzing: „Synodaler Weg ist nicht zu Ende“
Zwar seien die deutschen Bischöfe im Hinblick auf das Reformprojekt der katholischen Kirche in Deutschland weiter in vielerlei Hinsicht uneins. Doch werde der Reformweg weitergehen. Die Themen, die nach Rom „übergeben“ worden seien, wolle man „weiter stark machen, weil wir eben auch merken: Das sind die Fragen, die auch von anderen Stellen in der Weltkirche eingespielt werden“. Die Gründung eines Synodalen Ausschusses werde an finanziellen Unstimmigkeiten nicht scheitern.
Dieser Synodale Ausschuss soll bis spätestens 2026 die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten. Er soll außerdem die Evaluation der Beschlüsse der Synodalversammlung vorbereiten und die Initiativen weiterentwickeln, die bisher auf dem Synodalen Weg zwar beraten worden sind, zu denen aber keine Beschlüsse mehr gefasst wurden.
Missbrauch: Bischöfe halten an bisherigem System von Zahlungen fest
Zum Thema Missbrauch bemerkte Bätzing, die katholische Kirche halte entgegen einer Empfehlung des Betroffenen-Beirats der Bischofskonferenz am bisherigen „System“ der Zahlung von Anerkennungsleistungen an Missbrauchsüberlebende fest. Es orientiere sich am oberen Bereich der Schmerzensgeldleistungen von Gerichten. „Wir bleiben beim System einer jeweils individuellen Fallbetrachtung. Wir halten es für gerechter als eine einfache Pauschalierung; wir müssen jeden einzelnen Fall betrachten.“
Der Limburger Bischof äußerte sich zum Abschluss der Vollversammlung auch zur Einrichtung eines „Sachverständigenrats zum Schutz vor sexuellem Missbrauch und Gewalterfahrungen“. „Wichtig ist uns, dass auch in diesem Sachverständigenrat Betroffene involviert sind, so dass sie alle Entwicklungen von Anfang an mitverfolgen können. Wir finden, es ist gut, dass sie dort vertreten sind, und deshalb wird das im Statut künftig so gefasst werden.“
„Ein stolpernder Weg, ein Lernweg“
Ausführlich hätten die Bischöfe über die Missbrauchsvorwürfe gegen den verstorbenen Essener Kardinal Franz Hengsbach gesprochen: „Ich bleibe dabei, dass alles auf den Tisch kommt, auch wenn die Denkmäler fallen… Es ist gut, dass es rauskommt und dass es auf den Tisch kommt.“ Der Einsatz gegen Missbrauch sei für die Kirche weiterhin „ein stolpernder Weg, ein Lernweg“.
Assistierter Suizid: „Debatte muss jetzt weitergehen“
Bätzing ging außerdem auf die gesellschaftliche Debatte über assistierten Suizid ein. „Nach wie vor glaube ich: Eine Situation ohne gesetzliche Regelung, die im Grund in diesem Feld alles ermöglicht, ist ein unhaltbarer Zustand. Das ist auch nicht das, was das Bundesverfassungsgericht angezielt hat.“ Das Gute an der Tatsache, dass es im Bundestag für keinen der konkurrierenden Gesetzesvorschläge zu einer Mehrheit gekommen sei, bestehe darin, dass die Debatte jetzt weitergehen müsse.
„Aus christlicher Sicht ist der assistierte Suizid nicht der richtige Weg. In die Gesetzgebungsverfahren bringen wir unsere Vorstellungen ein. Es braucht vor allem eine viel größere Verstärkung von Suizidprävention und Palliativmedizin.“ Er stelle fest, dass viele Politiker „genau hinhören“, was die Kirchen in diesem Bereich äußerten. „Hier geht es um sehr existenzielle Fragen und Lebenssituationen; da sind keine leichten Entscheidungen möglich.“
Bischöfe besorgt über Extremismus und Fremdenfeindlichkeit
Ein weiteres gesellschaftspolitisches Thema, das die Bischöfe in Wiesbaden umgetrieben hat: Extremismus und Populismus in der deutschen Parteienlandschaft. „Mit der christlichen Überzeugung sind extremistische Äußerungen, etwa antisemitische/fremdenfeindliche Positionen, niemals vereinbar.“
Zum Aufstieg der AfD, „der von seiten des Verfassungsschutzes eine Radikalisierung attestiert“ werde, äußerte Bätzing, die Bischöfe seien besorgt – vor allem darüber, dass radikale Positionen immer stärkeren Rückhalt in der Bevölkerung finden. „Wir Bischöfe werben dafür, dass unser Land kein alternatives Deutschland wird, das fremdenfeindlich, antieuropäisch und nationalistisch wird. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen für ein demokratisches, europäisches und weltoffenes Deutschland!“ Die Kirche werde „an dem Thema dranbleiben“.
Ukraine: „Waffenlieferungen gerechtfertigt“
Die Bischöfe zeigen sich außerdem beunruhigt über das Vorgehen des Regimes von Nicaragua gegen die Kirche und über die Lage armenischer Christen in Berg-Karabach. „Wir machen uns große Sorgen, was in diesen unsicheren Situationen jetzt mit ihnen wird. Armenien braucht Hilfe, um diesen Menschen Hilfe zukommen zu lassen.“
Zur Ukraine erklärte Bätzing, Krieg sei nie eine Lösung. Doch die überfallene Ukraine habe „nach unserer ethischen Beurteilung“ das Recht, sich zu verteidigen. Waffenlieferungen an die Ukraine seien dadurch „als Ultima Ratio“ gerechtfertigt. „Alle Bemühungen um Frieden diplomatischer Art müssen wir unterstützen – ahnend, dass die Lage im Moment nicht so ist, dass die Kriegsparteien sich an einen Tisch setzen können.“
Erwartungen an Weltsynode
Die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, äußerte vor der Presse in Wiesbaden hohe Erwartungen an die bevorstehende Bischofssynode in Rom. Sie hoffe darauf, dass dort eine „bunte Kirche“ sichtbar werde, die dennoch geeint sei. Bätzing wiederum sprach von einer „Dynamik der Komplexität in der Einheit der katholischen Kirche“. Es habe sich auf der Weltsynode jetzt schon „viel Bewegung gezeigt“.
„Wir wissen viel mehr über das, was in der Weltkirche gedacht wird. Das ist etwas, mit dem man gut arbeiten kann. Ich erwarte viel, aber bin auch gespannt, denn wir sind ja mit der Weltkirche zusammen. Das ist ein ganz neuer Kontext, eine neue Erfahrung.“
(vatican news – sk)
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