Deutsche Kirchen uneins bei Straffreiheit von Abtreibung
Sie bleiben bei ihrer Haltung, dass die bisher geltende Regelung die Balance zwischen Selbstbestimmung der Frau und Schutz des ungeborenen Lebens besser wahrt.
Im Auftrag der Ampel-Regierung in Berlin nahm Ende März eine Kommission von 18 Fachleuten aus Medizin, Recht und Ethik die Arbeit auf. Das Gremium soll eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts prüfen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte mehrfach erklärt, sie sei der Meinung, dass Abtreibungen besser ohne das Strafrecht geregelt werden sollten. Die Kommission hatte Kirchen und Verbände aufgefordert, Stellungnahmen abzugeben. Sie selbst soll ihre Ergebnisse im Frühjahr vorlegen.
Abtreibung ist laut Paragraf 218 grundsätzlich rechtswidrig
Laut Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland derzeit grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straffrei, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen, und zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Der EKD-Rat spricht sich nun dafür aus, dass es weiter eine verpflichtende Beratung vor einer möglichen Abtreibung geben soll. Die geltende Regelung übertrage die Verantwortung für den Schutz des ungeborenen Lebens vor allem an die Frau, so der Rat weiter. Besser wäre aus dessen Sicht eine „Verantwortung, die Staat und Gesellschaft in diesem Zusammenhang" übernehmen müssten. So sehr der Schutzstatus des werdenden Lebens bereits ab dem Zeitpunkt der Empfängnis beginne, erscheine es fragwürdig, „ihm zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft mit Mitteln des Strafrechts Geltung zu verschaffen".
Das Lebensrecht des Ungeborenen und die Schutzpflicht ihm gegenüber nähmen während der Schwangerschaft kontinuierlich zu, so das EKD-Papier weiter. Die Frage sei, ob und wie sich dies in Fristen niederschlagen könne, die mit unterschiedlichen Anforderungen und Sanktionen verbunden seien.
Katholische Verbände für geltende Regelung
Anders argumentieren katholische Verbände in einer ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. Die bisherige Regelung sichere auch derzeit wirksam die Selbstbestimmung der Frau, heißt es dort. Beides - Selbstbestimmung sowie Schutz des ungeborenen Lebens - gelinge ohne die Gefahr, dass der Wunsch der Frau kriminalisiert werde. Dies zeige auch die geringe Zahl von Verurteilungen nach Paragraf 218, die jährlich unter zehn Fällen liege. Eine grundsätzliche Legalisierung des Abbruchs innerhalb einer bestimmten Frist würde die Balance zulasten des Lebensrechts der Ungeborenen verschieben.
Aktuelle Probleme wie fehlende Ärzte, die eine Abtreibung durchführen könnten, stünden in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der derzeitigen Rechtslage, heißt es im Papier weiter, das der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und die Caritas gemeinsam vorlegten.
DBK-Stellungnahme in Vorbereitung
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) erklärte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), ihre eigene Stellungnahme sei noch in Vorbereitung. Die Debatte müsse „angesichts des sensiblen Themas sehr sorgfältig geführt und eine Polarisierung vermieden werden". Es sei aber nicht einsichtig, „dass eine außerstrafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs das verfassungsrechtlich garantierte Lebensrecht des ungeborenen Kindes in gleicher Weise oder besser schützen soll als die gegenwärtige Regelung". Richtschnur sei, dass der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des ungeborenen Lebens ebenso wie die Rechte der Frau sichergestellt sein müssten.
(kap – gs)
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