Synodalität & Ordensleben: eine vom Heiligen Geist bestimmte Erfahrung
Sr. Chiara Francesca Lacchini, Klarissen-Kapuzinerin
In Zeiten der Synode gefällt mir der Gedanke, dass die klösterliche Welt etwas Bedeutendes zu dieser wertvollen kirchlichen Praxis zu sagen hat, etwas, das sich nicht aus ihrer Gelehrsamkeit ergibt, sondern eher aus ihrem gemeinschaftlich-klösterlichen, brüderlichen bzw. schwesterlichen Leben, das seit jeher von vielen Formen aktiver und tätiger Synodalität geprägt ist.
In unterschiedlichen Formen (je nach den jeweiligen spirituellen Traditionen) ist es ein Kennzeichen der Ordensmänner und –frauen, dass sie sich zum Beten, Verstehen, Entscheiden, Annehmen, Unterscheiden versammeln. Diese Terminologie bringt gut zum Ausdruck, was Synodalität im Alltag bedeutet und wie wir in unseren Häusern und unserer Beziehungsdynamik versuchen, eine wahrhaft kirchliche und spirituelle Erfahrung zu leben. Was stets dazugehört, ist die Bereitschaft zum gemeinsamen Unterwegssein und zum Teilen einer Vision, sowie dass wir eine anziehende Perspektive entwickeln und Etappen und Methoden bestimmen, die im Einzelnen und in der Gemeinschaft eine dauerhafte, wirksame Veränderung verursachen.
Diese Erfahrung wird vom Heiligen Geist bestimmt und lässt großen Spielraum für Offenheit und Unvorhersehbarkeit; das sind typische Eigenschaften des Geistes, der weht und geht, wohin er will.
Auf der Grundlage der Tradition, die ich am besten kenne, nämlich diejenige, die auf Klara von Assisi schaut, kann ich sagen, dass Klara uns in den Beziehungen untereinander einlädt, allen Schwestern Rederecht und –Befugnis zuzuerkennen, und von allen eine Haltung des Zuhörens fordert, die es jeder Schwester ermöglicht, ihren gedanklichen Beitrag im Zusammenleben zu leisten. Ihre Erfahrung lehrt uns, dass jedes Wort, das die Lebendigkeit jeder Schwester und das Evangelium in Umlauf bringt, wertvoll ist, ein Geschenk, das die Erkenntnis des ganzen Gottesvolkes erneuert und qualifiziert. In diesen Aussagen finden wir das wieder, was die über tausendjährige Erfahrung des Ordenslebens schon viel früher mit Benedikt zum Ausdruck brachte und was Klara mit diesen Worten umschrieb: „Und was zu Nutz und Frommen des Klosters zu beraten ist, soll [die Äbtissin] mit allen ihren Schwestern besprechen; oft nämlich tut der Herr das, was besser ist, einem Geringeren kund“ (Regel, V,17-18).
Eine wahre Übung des Glaubens und der Hoffnung besteht darin, sich regelmäßig und getreulich zu versammeln und zu glauben, dass es kein Zeitverlust ist, wenn man einen Raum schafft, in dem alle sprechen können, in dem allen das Wort gegeben wird und in dem alle sich exponieren und das Wort ergreifen! Ein wahrer synodaler Prozess in der Hoffnung auf eine Beteiligung, die über die einfache und wertvolle Bereitschaft, zusammen zu dienen und zu arbeiten für den gemeinsamen Nutzen, hinausgeht; ein Raum, in dem die Alibis derer fallen, die ihre Angst, sich zu exponieren, hinter den Ausflüchten eines „Hier kann man nicht reden“ verbergen, und in dem auch die Angst derer fallen kann, die befürchten, dass die Freisetzung von Stimmen und Gedanken zu Disziplinlosigkeit oder Verwirrung führt.
Im Klosterleben müssen die Räume und Zeiten der gemeinschaftlichen Gespräche, der Versuche des gemeinsamen Verstehens und Entscheidens verteidigt und gepflegt werden. Nur so können sie zu einer Erfahrung werden, in der jeder die Anerkennung der Würde des Wortes bemerkt und die Kunst der Äußerung erlernen kann und sich wirksam als Teil eines Prozesses fühlt. Das ist sicher nicht leicht und verlangt längere, komplexe Wege mit der Annahme von Unterschieden und der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten. Gemeinschaftliche Entwicklungen werden oft zersplittert von Verzögerungen, die von „andersartigen“ Meinungen herrühren, von Ideen, die nicht ganz dem Evangelium entsprechen oder mühevoll und zuweilen taktlos zum Ausdruck gebracht werden, oder von persönlichen Schuldzuweisungen. Aber genau darin besteht die Herausforderung für den Weg ständiger Bekehrung zur Synodalität, zu dem „Miteinander“, das wir bei Klara seit den Ursprüngen in San Damiano ständig bemerken.
Im religiösen und klösterlichen Leben stößt man oft auf Gefühle der Enttäuschung und Frustration bei der Feststellung, wie mühevoll die Ausübung des Meinungsaustauschs ist. Meines Erachtens könnte ein Teil unseres Auftrags darin bestehen, als Teil der Kirche und Ordensgemeinschaft einen Raum für Beziehungen und Austausch zu bewahren, der diese Ausübung möglich macht und das Wahrheit werden lässt, was wir in der Psalmodie singen: „Siehe, wie gut und wie schön ist es, wenn Brüder und Schwestern miteinander in Eintracht wohnen“.
Von mehreren Seiten hören wir, dass Synodalität nicht einfach eine Struktur sein kann mit einer Regierungsform („Ich, die Autorität“ gebe dir das Wort) und mit Veranstaltungen, die diese Struktur verkörpern wollen; noch weniger kann Synodalität nur als innerliche Handlung verstanden werden, denn sonst wäre sie vermutlich wirkungslos.
Aufgrund der Erfahrung des Klosterlebens – und in der Hoffnung, nicht widerlegt zu werden – wagen wir zu sagen, dass unsere Lebensform und ihre Organisation sich dank der „synodalen Struktur“ entwickeln, die ihnen innewohnt und sie beseelt. Wenn diese Lebensform immer noch hält, verdanken wir dies dem unermüdlichen, Mühe bereitenden Willen, Jesus Christus und sein Evangelium im Mittelpunkt zu behalten. Er führt alle zur rechten Entfernung von den wirklich wichtigen Dingen zurück und zu einer Beziehung gegenseitigen barmherzigen Gehorsams, in dem der Dienst der Obrigkeit vorsätzlich von der Ausübung von Mitverantwortung eingeschränkt wird. Unsere kleine, beschränkte Erfahrung wagt es, zu erzählen, dass es Synodalität nur innerhalb einer beschränkten Machtausübung gibt. Wovon beschränkt? Von der verantwortlichen Freiheit der Gemeinschaft, nicht das zu tun, was sie will, sondern das, was sie glaubt, was der Geist ihr anvertraut hat, was ihrer Sendung in und für die Kirche Sinn gibt.
In diesem Sinn wird die Armut des Einzelnen zur Gewähr der Freiheit für alle; nicht eine naive, oberflächliche Freiheit, die glaubt, von nichts und niemandem beeinflusst zu sein, sondern eine Freiheit, die mit Schmerz und Mühe und zum Preis ständiger Prozesse der Umkehr und der Konvergenz verstanden hat und versteht, wovon es sich beeinflusst zu sein lohnt.
Die eingeschränkte Macht wird tatsächlich zur Autorität in dem Sinne, dass sie eine Haltung des Generierens und Wachsenlassens annimmt und nicht auf die tugendhafte Tat eines besonders heiligen Menschen gründet, sondern auf den gesunden Menschenverstand, der ja auch vom Recht anerkannt ist, wenn gesagt wird: „Was alle betrifft, muss auch von allen entschieden werden“.
Innerhalb einer Gemeinschaft – wie innerhalb der Kirche – gibt es eine Vielzahl von Aufgaben, der eine Vielzahl von Gaben entspricht: Diese dürfen nicht individuell „selbstverwaltet“ werden, sondern erfordern die Einbeziehung aller. Es geht nicht um eine demokratische Verwaltung der Gemeinschaft: Verschiedene Absätze des Evangeliums stellen den modernen Sinn für Demokratie zugunsten des biblischen Sinns für Gerechtigkeit in Frage, in dem jedem das Nötige gegeben wird und nicht das, was alle erhalten. Es geht um die Ausübung der gemeinschaftlichen Erkenntnis; sie ist ein Aspekt einer eingeschränkten Macht, und deren Hauptaufgabe besteht darin, Dynamiken des Dialogs und Zuhörens in Gang zu setzen, die so nah wie möglich an die Einstimmigkeit heranführen.
Die verschiedenen Erfahrungen des Ordenslebens in der Kirche sagen uns, dass dies sowohl in Männer- wie in Frauengemeinschaften möglich ist, sofern alle Brüder und Schwestern die Bekehrung zum Dialog, zum Austausch, zur Dialektik und zum Widerspruch (wenn erforderlich) als notwendig anerkennen, ohne dass dies automatisch ein Zeichen des Ungehorsams gegenüber der bestehenden Ordnung darstellen würde. In den großen Herausforderungen und Fragen, die sich uns stellen, sind gemeinsame Entscheidungen eine Gewähr der Treue zum Herrn und der Verbundenheit.
(vatican news)
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