Schönborn: Gefährliche Verbindung von Nationalismus und Religion
Zwar stehe die Christenverfolgung weltweit wohl an erster Stelle, es gebe aber eine zunehmende Verfolgung vieler Religionen, so Schönborn: „In Myanmar werden etwa Muslime durch Buddhisten verfolgt, in Indien verfolgen radikale Hindus alle anderen Religionen. Auch Muslime untereinander verfolgen sich auf das Grausamste.“
Schönborn beobachte in der neuesten Zeit wieder die Entwicklung, „in der das nationale Denken, mit einer Kultur, einer Religion, einer Sprache, zum Ziel des Daseins und der Existenz gemacht wird. Eine Entwicklung, die zur Intoleranz gegenüber den Mitmenschen führt.“ Das Gegenbild dazu sei das, was Papst Franziskus mit der „universalen Brüderlichkeit“ bezeichne, unterstrich Schönborn.
Das Christentum habe letztlich die schönste Antwort auf die Verfolgung: „Jesus ist nicht auf die Welt gekommen, um dem Leid auszuweichen, sondern um durch Liebe und Hingabe die Versöhnung unter den Menschen zu ermöglichen.“ Das sei auch „ein Ferment unter den verfolgten Christen im Sinne Jesu, nicht mit Hass zu reagieren, weil sie lieber Unrecht ertragen, als Unrecht tun“.
21 koptische Märtyrer
Kardinal Schönborn erinnerte einmal mehr an die 21 koptischen Märtyrer, die 2015 vom IS in Libyen ermordet wurden. Diese Christen, die eindeutig wegen ihres Glaubens sterben mussten, dem sie nicht abschwören wollten, seien ein „Hoffnungszeichen für die Welt“. Papst Franziskus habe auch kürzlich in einer Begegnung mit dem koptischen Patriarchen Tawadros die Heiligkeit dieser Märtyrer für die katholische Kirche anerkannt, so Schönborn: „Ich habe die Hinterbliebenen dieser Glaubenszeugen in ihrem Zuhause besucht, eine der herausragenden Begegnungen in meinem Leben. Niemand hat dort über Rache gesprochen, es gab eine echte Freude über die Heiligkeit ihrer Söhne, Enkel oder Brüder.“ Schon der Kirchenvater Tertullian habe gesagt: „Das Blut der Märtyrer wird zum Samen der Christenheit.“
Emeritierung
Im Blick auf seine Emeritierung als Erzbischof von Wien sagte Schönborn im Interview: „Papst Franziskus hat mir offiziell mitgeteilt, dass ich meinen 80. Geburtstag - das ist Anfang 2025 - noch im Amt feiern solle. Das heißt: Ein wenig Geduld müssen wir alle noch miteinander haben.“
In „Die Malteser“ würdigte der Kardinal im Interview für ihr vielfältiges christliches Zeugnis. Ausdrücklich hob er dabei die vielen Jugendlichen hervor, die sich beim Malteser Hospitaldienst Austria engagieren: „Mich beeindruckt ihr Gespür für die Not der Schutzbefohlenen. Das ist auch eine wertvolle Lebensschule und auch Basis für eine Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig motiviert - und die die jungen Menschen miteinander verbindet.“
(kap – mg)
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