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Demo für Demokratie und gegen Rechtsextremismus, 16.2.2024 in Münster - Bild: Caritas Münster Demo für Demokratie und gegen Rechtsextremismus, 16.2.2024 in Münster - Bild: Caritas Münster 

D: „Rechtsextremismus: Das brauchen wir nun wirklich nicht!"

Deutschlandweit gehen Menschen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße, oft sind auch Katholiken dabei. Was sie bewegt und was sie sich von der derzeit tagenden Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischofskonferenz erhoffen, darüber hat Radio Vatikan mit Katholikinnen und Katholiken aus dem Bistum Münster gesprochen.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

„Der Rechtsextremismus. Das ist für mich erschütternd, dass das wieder so anfängt. Ich bin 81 Jahre, im Krieg geboren, ich habe all diese ganz schlimmen Sachen mitangesehen und habe miterlebt, ganz, ganz tief, als Kind, wie so vielen Menschen bitteres Unrecht geschah. Und es ist mir ein Leben lang nahe gegangen, dass auch die Christen mitgemacht haben bei all diesen Verbrechen. Also ich stehe immer auf gegen Rechtsextremismus: Das brauchen wir nun wirklich nicht", sagt Schwester Birgit von den Clemensschwestern in Münster. Für sie war daher auch sofort klar, dass sie beim Social Media Projekt des Bistums Münster und der Caritas vor Ort mitmacht.

So ist Schwester Birgit nun in einem Video auf Facebook und Instagram zu sehen, das sich unter dem Motto #Wirstehenauf gegen Hass und Hetze richtet. Eigentlich wollte die Ordensfrau auch mit ihrem Rollator zur großen Demo für Demokratie und gegen Rechtsextremismus vergangenen Freitag in Münster. Die Pflastersteine vor Ort hielten sie dann davon ab, stattdessen nahm sie mit ihren Ordenschwestern an einem zeitgleich organisierten Gebet teil.

Hier im Audio: Katholikinnen und Katholiken aus dem Bistum Münster zum Thema Demokratie und der Bischofsvollversammlung (Audio Beitrag von Radio Vatikan)

Auf die Straße gingen in Münster auch so viele:

Dominique Hopfenzitz, Diözesancaritasdirektor beim Caritasverband für die Diözese Münster bei der Demo am Freitag (Bild: Caritas Münster)
Dominique Hopfenzitz, Diözesancaritasdirektor beim Caritasverband für die Diözese Münster bei der Demo am Freitag (Bild: Caritas Münster)

„Die größte Demonstration, die es jemals in Münster gegeben hat, mit mehr als 30.000 Menschen, die sich alle auf den Weg gemacht haben, um sich gegen rechtsradikale Parteien zu stellen“

„Wir hatten in Münster am Freitag die größte Demonstration, die es jemals in Münster gegeben hat, mit mehr als 30.000 Menschen, die sich alle auf den Weg gemacht haben, um sich gegen rechtsradikale Parteien zu stellen. Die AfD bei uns in Deutschland eine Partei mit entsprechenden Tendenzen, hat ihren Neujahrsempfang im Münsteraner Rathaus gefeiert. Und das Münsteraner Rathaus ist was ganz Besonderes, weil nämlich dort der Westfälische Friede begründet wurde und als Symbol für den Frieden gilt. Und entsprechend sind die Menschen zur Demonstration gegangen, um sich eben für demokratische Werte einzusetzen und gegen diese Partei", berichtet der Leiter der Caritas Münster, Dominique Hopfenzitz, im Telefoninterview mit Radio Vatikan.

Pfadfinderin Lena-Sophie Hagemeyer (Bild: privat)
Pfadfinderin Lena-Sophie Hagemeyer (Bild: privat)

„Setzt euch gegen Rassismus ein“

Auch viele junge Katholiken sind aktiv. Lena-Sophie Hagemeyer ist ehrenamtlich in der Diözesanleitung der DPSG in Münster tätig und dort Referentin für die Jungpfadfinderstufe: „Ich habe auch von vielen kirchlichen Organisationen mitbekommen, dass Aufrufe gemacht wurden, dass auf Demonstrationen gesprochen wurde. Wir von der DPSG beispielsweise haben das auch gemacht. Wir haben uns auch an den Demonstrationen beteiligt. Wir haben dieses Jahr auch eine Jahresaktion zum Thema Rassismus, nämlich ,100 Prozent Mensch`. Setzt euch gegen Rassismus ein, so dass auch in den Stämmen und in den Gruppen vor Ort aktiv gegen Rassismus gearbeitet wird und dort auch inhaltlich gearbeitet wird", berichtet sie. Es gebe viele Dinge, die jeder im Alltag tun könne, jenseits des Demonstrierens empfielt sie auch ins Gespräch zu gehen und Andersdenkende direkt anzusprechen, auch wenn das manchmal Kraft koste. Dass Demonstrieren alleine nicht reicht, meint auch der emeritierte Münsteraner Weihbischof Dieter Geerlings:

„Wir können nicht einfach nur auf die Straße gehen und die Fahne hochhalten, aber im eigenen Laden passiert da nichts“

„Ich von meiner Seite - und das werden viele Bischöfe auch tun -  kann in Predigten, kann in Gesprächskreisen usw. für unsere Demokratie werben. Denn Demokratie muss immer wieder neu erworben werden. Sie vererbt sich nicht. Und das ist unsere Aufgabe als katholische Kirche, dafür einzustehen. Das heißt natürlich auch, dass wir auf unsere Kirche blicken müssen und auch dort müssen wir natürlich bestimmte demokratische Akzente setzen im Zusammenleben der Kirchenmitglieder - mehr als heute. Denn das ist etwas, das die Leute dann überzeugt. Wir können nicht einfach nur auf die Straße gehen und die Fahne hochhalten, aber im eigenen Laden passiert da nichts", betont Geerlings.

Der emeritierte Münsteraner Weihbischof Dieter Geerlings (Bild: Ann-Christin Ladermann/Bistum Münster)
Der emeritierte Münsteraner Weihbischof Dieter Geerlings (Bild: Ann-Christin Ladermann/Bistum Münster)

„Zur Frage der Zukunft der Demokratie Stellung nehmen und sich deutlich positionieren“

Er appelliert daher auch an die deutschen Bischöfe, die sich aktuell zu ihrer Frühjahrsvollversammlung in Augsburg treffen:

Erwartungen an die Bischofsvollversammlung

„Ich erwarte von den Bischöfen der Vollversammlung, dass sie zur Frage der Zukunft der Demokratie Stellung nehmen und dass sie sich ziemlich positionieren  - für Demokratie, gegen den Rechtsextremismus in unserem Land und auch in Europa, der überall zu spüren ist und - es ist ja eine Studieneinheit vorgesehen -  dass sie sich intensiv damit beschäftigen und eben auch als Bischöfe Stellung nehmen. Das berührt natürlich auch die Stellungnahme innerhalb der Kirche. Und ich könnte mir vorstellen, dass Bischöfe auch solch einen Spruch sagen können: Was hier sich gebiert als Alternative, ist eigentlich nur der braune Mief`", findet Geehrlings auch deutliche Worte mit Blick auf die AfD.

„Auch noch mal eine Verurteilung der Missbrauchsfälle und eine schonungslose Aufarbeitung weiter verfolgen“

Pfadfinderin Lena-Sophie wünscht sich, dass die katholischen Bischöfe in Deutschland „einfach eigene Diskriminierungsstrukturen aufarbeiten und aufbrechen und da dann auch noch mal eine Verurteilung der Missbrauchsfälle und eine schonungslose Aufarbeitung weiter verfolgen, damit wir auch als katholische Kirche ernst genommen werden können - wenn wir sagen, wir sind weltoffen, wir sind tolerant und wir stehen für unsere Nächsten ein. Ich finde, das wäre noch mal enorm wichtig. Ich erwarte natürlich ein Einstehen für das christliche Menschenbild, für die Würde des Menschen, eine klare Positionierung gegen extreme Positionen, gerade gegen rechtsextreme Positionen, und würde mir wünschen, dass die Bischöfe eben auch in ihrem alltäglichen Handeln das zeigen: Ein Einstehen für das Gebot der Nächstenliebe, ein Aufstehen für Werte, für die Menschenwürde."

„Die Bischöfe sollten auf ihre Gläubigen schauen, wo die stehen und denen entgegenkommen“

Bei der Vollversammlung geht es auch, aber nicht nur um die Demokratie, natürlich spielen auch weitere Fragen eine Rolle. Schwester Birgit von den Clemensschwestern wünscht sich mit Blick auf Segnungen für "irreguläre" Paare in der katholischen Kirche, die Papst Franziskus und das Glaubensdikasterium unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht haben, dass die Bischöfe „diese Freiheiten wahrnehmen in ihren Bistümern, die der Papst uns durchaus gibt. Wir können uns ja nicht mit den Christen in Afrika vergleichen. Natürlich können die die homosexuellen Paare nicht segnen. Die Kultur ist anders. Aber bei uns war es dran und da sollten sich die Bistümer viel mehr Freiheiten nehmen und die Bischöfe sollten auf ihre Gläubigen schauen, wo die stehen und denen entgegenkommen", meint die Ordensfrau. 

*Redaktioneller Hinweis: Die Interviews wurden vor Bekanntwerden des Vatikan-Briefs an die deutschen Bischöfe zum Synodalen Ausschuss geführt

(vatican news/bistum münster/pm - sst)

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20. Februar 2024, 14:04