Unser Sonntag: "Hosanna" und "Ans Kreuz mit ihm"
Pfarrer Christian Böck
Direktor deutschsprachiges Pilgerzentrum, Rom
Mt 11, 1-10 Palmsonntag Lesejahr B
Mit dem Palmsonntag treten wir in die Feier der heiligen Woche ein, wie die Karwoche auch genannt wird. Der Gottesdienst beginnt mit der Palmweihe, sozusagen mit dem Jubel der Menschen, der freudigen Begrüßung Jesu.
Bei seinem festlichen Einzug in Jerusalem wird Jesus gefeiert als der kommende Friedenskönig. Jesus ist umgeben von einer frohen und begeisterten Schar. Alle blicken auf ihn mit Gesichtern voller Zuversicht. Der Ruf „Hosanna“ ist bezeichnend. „Rette uns, hilf uns!“ bedeutet er. Das war der Anfang. Später schreien viele derselben Leute: „Kreuzige ihn!“ Jubel und Ablehnung sind oft sehr nahe beisammen. Das wissen Menschen, die in einer größeren Öffentlichkeit ihren Dienst und Arbeit tun, das wissen wir auch aus unserem eigenen, privaten Leben.
Erst in der Krise lernt man einen Menschen richtig kennen. Wenn es hart auf hart kommt, dann wird nach oben gespült, was alle im Menschen steckt. Im Guten, wie im Bösen. Und es ist tatsächlich so, dass es bei jedem Menschen Gutes und Böses gibt, was aus ihm herausbricht. Der heutige Palmsonntag, an dem wir Jesu Leidensgeschichte nach Markus im Gottesdienst hören, ist eine Chance, dies in den Blick zu nehmen. Damals, beim Herrn und den verschiedenen Akteuren in der Leidensgeschichte. Heute bei uns, bei mir selbst.
Hosanna
Im Jubel des Einzugs, im „Hosanna, dem Sohne Davids! Gepriesen, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel. Hosanna in der Höhe!“ kommt soviel Sehnsucht zum Ausdruck: da ist jemand, der alles zum Guten wendet. Da ist jemand, der Heil und eine Wendung zum Besseren verspricht, wie wir es uns oft ausmalen. Aber ist das auch so? Ist Jesus der Heilsbringer, der unsere irdischen Lebensverhältnisse so ordnen soll, dass es uns passt und angenehm ist? Soll Gott so machen und tun, wie es uns nach der Nase steht? Oder ist Jesus der Heiland unserer Seelen, der uns mit Gott versöhnt in seiner liebenden Hingabe am Kreuz, die wir in jeder Heiligen Eucharistiefeier begehen?
Die Vorstellung der Menschen von Jerusalem von Jesus sind anders. Jesus geht nicht den Weg irdischer Gewalt, sondern himmlischer, hingebender Liebe. Dieselben Menschen die „Hosanna“ rufen brüllen bald „Ans Kreuz mit ihm“ und folglich Jesu Schrei, der seitdem tausendfach von unsäglich Leidenden geschrien wird: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Die Passion nach Markus endet aber nicht mit dem Schrei Jesu nach Gott. Es ist der römische Hauptmann, der unter dem Kreuz steht und die Bedeutung Jesu öffentlich ausspricht:
Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn
„Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!“ In diesem Bekenntnis ahnt er, dass Gott diesen Jesus nicht im Stich gelassen hat und erahnt schon die Osterbotschaft, dass der Tod Jesu der Anfang des Lebens ist. In jeder Heiligen Messe singen auch wir unmittelbar vor der Gegenwärtig Setzung des Kreuzesopfers Christi in der Wandlung ein Jubellied, das Sanctus, das Heiliglied. Wenn wir Gott den Herrn bejubeln, darf das nicht ein wankelmütiges sein, wie damals, beim Einzug Jesu am Palmsonntag. Unser Leben als Christin und Christ muss auch durch die Verblassenheiten und Dunkelheiten gehen, durch, in und mit Jesus. Und hier wächst ein treuer Glaube, der nicht nur eine Projektion unserer Wünsche und Sehnsüchte ist, sondern Vertrauen bedeutet, dass da ein Gott ist, der bei uns bleibt und uns nicht vergisst. Amen
(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)
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