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Unser Sonntag: Ein Gott zum Anfassen

In der Osterzeit, so Sr. Anna Mirijam Kaschner, Cps, werden wir immer wieder mit neuen Aspekten der Auferstehung konfrontiert und sie zeigt auf, wie notwendig Verkündigung ist.

Sr. Anna Mirijam Kaschner, Cps

3. Sonntag der Osterzeit
LK 24,35-48

Liebe Schwestern und Brüder,
wir feiern heute den 3. Sonntag der Osterzeit. An diesen 7 Sonntagen nach Ostern hören wir in den Evangelien von den Erscheinungen des Auferstandenen Jesus vor seinen Jüngern.

Hier zum Nachhören

Es ist, als wolle die Kirche uns mit diesen Texten immer wieder aufs Neue konfrontieren und zugleich auf immer wieder neue und andere Aspekte der Auferstehung hinweisen. Es scheint so, als könne man die Auferstehung Jesu von den Toten gar nicht nur von einer Seite aus sehen. Außerdem ist die Auferstehung etwas so Großes und Unbegreifliches, dass wir Menschen sie nicht nur durch eine einzige Erzählung fassen können.

Die Betrachtung zum Sonntagsevangelium im Video

Mit brennenden Herzen...

Letzten Sonntag hörten wir vom Apostel Thomas, der sich nicht nur auf die Erzählungen der anderen Jünger verlassen, sondern selbst sehen, hören und fühlen wollte. Im heutigen Evangelium geht es wieder darum, dass einige Jünger den Auferstanden gesehen haben, mit ihm das Brot gebrochen haben und brennenden Herzens nach Jerusalem zurückgelaufen sind, um den anderen davon zu berichten. Die Ausgangslage ist also wieder dieselbe: Einige haben eine Begegnung mit Jesus gehabt und erzählen anderen davon.

„Und Jesus sagt sein Erkennungswort – sein Passwort sozusagen: Fürchtet euch nicht!“

Während der Apostel Thomas eine Woche warten musste, um Jesus selbst sehen zu dürfen, tritt Jesus heute direkt – „noch während sie darüber redeten, in ihre Mitte“. Und Jesus sagt sein Erkennungswort – sein Passwort sozusagen: Fürchtet euch nicht!
Und genau wie beim Apostel Thomas fordert er sie auf ihn zu berühren: Fasst mich doch an! Das ist doch wirklich unglaublich! Wir haben einen Gott zum Anfassen, einen Gott mit Hand und Fuß – mit Fleisch und Knochen. Aber anders als bei Thomas scheint auch das noch nicht auszureichen, um die Jünger zu überzeugen und ihnen die Angst zu nehmen. Und so tut Jesus etwas ur-menschliches – er isst ein Stück Fisch vor ihren Augen.

Göttliche Pädagogik

Und erst jetzt, nachdem die Erkenntnis, dass Jesus wirklich auferstanden ist, ganz in die Herzen und Köpfe der Jünger eingedrungen ist, kann Jesus sie „erinnern“ an all das, was er ihnen gesagt hat und was in der Schrift über ihn steht.
Für mich persönlich steckt in dieser Art, wie Jesus die Jünger dazu bringt, zu glauben, eine ganz besondere göttliche Pädagogik:
Vor der Lehre, vor dem Unterricht kommt die Erfahrung: das Sehen, Hören, Fühlen und Begreifen. Dabei kommt denen, die diese Erfahrung bereits gemacht haben, eine ganz wichtige Aufgabe zu: Sie müssen berichten, sie müssen von ihrer Erfahrung erzählen, sie müssen verkünden und Zeugnis geben.

„Verkündigung ist notwendig, damit überhaupt ein Prozess des Glaubens angestoßen werden kann“

Ob diese Erzählung, dieses Zeugnis angenommen wird, ist nicht ausschlaggebend. Aber die Verkündigung ist notwendig, damit überhaupt ein Prozess des Glaubens in anderen Menschen angestoßen werden kann.
Und manchmal frage ich mich, ob es nicht genau daran heute in unserer Kirche fehlt: Wer erzählt von seinen persönlichen Glaubenserfahrungen, von seiner Begegnung mit Jesus? Wären nicht gerade unsere Kirchengemeinden die idealen Orte dafür? Wenn ich an die Erstkommunion- und Firmvorbereitung denke, an Elternabende, an Katechetenrunden, an Pfarrgemeinderatssitzungen – wird dort von der persönlichen Glaubenserfahrung gesprochen, teilen wir dort miteinander unsere Begegnung mit Jesus? Reden wir davon, wie und wo wir ihn erfahren haben, wie er sich uns gezeigt hat und woran wir ihn erkannt haben? Oder ist das nicht zu peinlich? Gehört das nicht eher in das private Kämmerlein?

Das persönliche Zeugnis ist gefragt

Wie bereiten wir unsere Kinder auf den Glauben vor? Oder wie pflegen wir selbst unseren eigenen Glauben? Ja, es gibt den Religionsunterricht, es gibt Vorlesungen und theologische Bücher. Das ist alles gut und sinnvoll. Aber die Auferstehung ist keine Theorie, die wir in Buchdeckel sperren und so weiter geben können. Es ist eine Wirklichkeit, eine Erfahrung der Gegenwart Gottes, von der wir nicht schweigen dürfen. Glaubensweitergabe geschieht durch Zeugnis-geben.

Wir können unmöglich schweigen....

Als Petrus und Johannes vor dem Hohen Rat stehen und man ihnen verbieten will im Namen Jesu zu sprechen, sagen sie: „Wir können unmöglich schweigen von dem was wir gesehen und gehört haben“. Die beiden Apostel spüren in sich den Auftrag Jesu, das Evangelium zu verkünden, auch gegen Widerstände hinweg. Sie müssen verkünden, damit alle Menschen von Jesus hören und erfahren und ihm dann selbst begegnen können. Dazu braucht es Menschen, die selbst eine Glaubenserfahrung gemacht haben.

Der Apostel Paulus drückt es im Brief an die Römer so aus: „Wie sollen sie nun den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt, wie soll aber jemand verkündigen, wenn er nicht gesandt ist?“

Gottes Helferin

Im Evangelium vom heutigen Sonntag sendet Jesus dann auch genau diese Menschen aus, die ihn leibhaftig erfahren haben. Er sagt ihnen „Angefangen in Jerusalem, seid ihr Zeugen dafür“. Zeugen sein, bezeugen, dass es Gott gibt, das ist unsere Aufgabe als Christen. Als ich in meiner Heimatstadt im Sommer in der Fußgängerzone unterwegs war, kam ein kleines Mädchen mit ihrem noch kleineren Bruder, stellte sich vor mich hin und fragte: Bist du Jesus? – sie war wohl von meinem Ordenskleid fasziniert. Ich sagte ihr: Nein, ich bin nicht Jesus. Aber ich habe ganz viel mit ihm zu tun. „Was machst du denn?“ fragte das Mädchen. „Nun“, sagte ich, „ich helfe ihm dabei, mit Menschen in Kontakt zu kommen, ich unterrichte Kinder, damit sie Gott kennenlernen können und ich sage den Menschen, dass Gott sie lieb hat“. Das Mädchen hatte scheinbar genug gehört und stürmte in den nebenan liegenden Frisörsalon, dicht gefolgt von ihrem Bruder. Scheinbar ließ ihre Mutter sich dort gerade die Haare schneiden, denn ich hörte die Kinderstimme aufgeregt aus dem Geschäft schallen: „Mama, Mama, da draußen ist Gottes Helferin!“ Gerne hätte ich das Gesicht der Mutter und des Friseurs gesehen…

Mit Gott rechnen im Alltag

Ich muss sagen: ich bewundere diese Kinder: Für sie ist es scheinbar keine Frage, das sie mitten in der Stadt Jesus treffen können. Es überrascht sie nicht, es ängstigt sie nicht – sie sind einfach neugierig: Bist du Jesus? Und wie ist das eigentlich bei mir? Rechne ich damit, dass ich Gott begegnen kann in meinem Alltag, in der Stadt, auf der Straße oder wo auch immer?
Etwas anders hat mich nachdenklich gemacht in dieser Begegnung: Ich bin Gottes Helferin – nicht Pastoralassistentin, Katechetin oder Lehrerin, nein - Gottes Helferin. Wie schön, wenn Menschen das nach einer Begegnung mit uns Christen sagen können. Helfer Gottes, Helferin Gottes sein, das kann auf so viele verschiedene Weisen geschehen, durch Worte und Taten, durch stilles Dasein und Zuhören.

„Gott braucht nicht viel, damit er durch uns wirken kann.“

Oder einfach, indem man in seiner Ordenstracht vor dem Fenster eines Geschäfts steht. Gott braucht nicht viel, damit er durch uns wirken kann. Aber er braucht uns – zur rechten Zeit am rechten Ort, mit oder ohne Worte. So können wir – jeder an seinem und ihrem Platz – den Weg bereiten für Gott, der bei den Menschen ankommen will.


Liebe Schwestern und Brüder,
wir – jede und jeder Einzelne von uns – die Jüngerinnen und Jünger Jesu Christus sind von Jesus gesandt worden, um den Glauben zu verkünden, um Zeugnis zu geben von unserer Erfahrung mit Gott. Und nein, wir müssen uns dazu nicht an die Straßenecken oder auf Marktplätze stellen und predigen. Dem Hl. Franziskus wird das schöne Wort zugeschrieben: „Predige das Evangelium – und wenn es nötig ist, nimm Worte dazu“. Und Paul Claudel sagte es mit diesen Worten: „Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, dass du gefragt wirst.“.

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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13. April 2024, 09:58