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Der gute Hirte Der gute Hirte 

Unser Sonntag: Die Mutterschoß-Liebe Gottes

Sr. Anna Mirijam Kaschner, Cps, erläutert am Sonntag des Guten Hirten das Freundschaftsverhältnis Gottes zu uns näher - und ausgerechnet eine Frau sucht die verlorene Drachme.

Sr. Anna Mirijam Kaschner, Cps

4. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B

Der 4. Sonntag der Osterzeit wird auch ”Sonntag des Guten Hirten” genannt. Zugleich ist wie jedes Jahr an diesem Sonntag - der Welttag der geistlichen Berufe, an dem die Kirche welt-weit darum bittet, dass Gott auch heute Menschen in seine besondere Nachfolge und damit zu Hirten und Hirtinnen beruft.

Zum Nachhören

Im Evangelium verwendet Jesus daher heute das Bild vom guten Hirten – und er leitet es mit der Formel ein „Ich bin“. Dieses Wort „Ich bin“ erinnert uns an die Offenbarung Gottes vor Mose im brennenden Dornbusch. Mose hatte nach Gottes Namen gefragt und erhält die Antwort „Ich bin der Ich-bin“. Wenn Jesus also dieses Wort „Ich-bin“ in den Mund nimmt, dann spricht er damit aus, dass er Gott ist. Und wenn Jesus von sich sagt: Ich bin der Gute Hirte, dann sagt er damit zugleich: So ist Gott.

„Was aber macht diesen Guten Hirten aus? Der gute Hirte gibt sein Leben für die Schafe.“

Was aber macht diesen Guten Hirten aus? Denn Jesus sagt ja nicht „Ich bin euer Hirte“ oder „Ich bin einer der Hirten“ – sondern er sagt: Ich bin der gute Hirte.
Die wichtigste Aussage über den guten Hirten, und damit über Gott taucht fünf mal im heutigen Evangelium auf und lautet: Der gute Hirte gibt sein Leben für die Schafe.
Dieser Hinweis auf die Hingabe des eigenen Lebens für die Schafe taucht auch an anderer Stelle im Johannesevangelium auf. Hier nennt Jesus uns nicht mehr Schafe, sondern Freunde: „Eine größere Liebe hat niemand als wer sein Leben hingibt für seine Freunde“. Und genau das ist die Frohe Botschaft Jesus Christi. Er gibt sein Leben für uns.

Die Betrachtung zum Sonntagsevangelium im Video

Das Freundschaftsverhältnis zwischen Gott und uns

Im Lukasevangelium spricht Jesus oft in Gleichnissen, die dieses Freundschaftsverhältnis zwischen Gott und uns beschreiben. Wie sieht diese Freundschaft aus, wenn es schwer wird, wenn ich in Probleme gerate, ja, wenn ich vielleicht sogar Gott den Rücken kehre und davonlaufe, wenn ich mich verliere in anderen Dingen?
Der Jesuit Christoph Wrembek beschreibt in seinem Buch „Judas der Freund“ eine Situation in einer Gebetsgruppe, in der er das Gleichnis vom verlorenen Sohn behandelt hatte. Der Sohn, der sich vom Vater trennt, und dann doch umkehrt, und der Vater, der ihn liebevoll erwartet und wieder aufnimmt. Einer Frau laufen die Tränen herunter und sie fragt: Aber was, wenn die eigene Tochter nicht mehr zurückkehrt? Wenn sie nicht mehr zurückkommen will?

Verloren: Sohn, Schaf und Drachme

Und Christoph Wrembek entdeckt in den drei Gleichnissen von „den Verlorenen“ im Lukasevangelium eine Antwort. Dort erzählt Jesus die Gleichnisse vom verlorenen Sohn, dem verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme.
Wenn der Mensch sich von Gott abgewendet hat, kann er umkehren und Gott wird ihm entgegengehen (der verlorene Sohn), wie der Vater, der den Sohn schon von weitem sieht, weil er täglich auf ihn gewartet hat. Wenn der Mensch auf Abwege gekommen ist, und aus eigener Kraft nicht mehr umkehren kann, sondern vielleicht nur noch rufen und weinen kann, dann bleibt Gott nicht zu Hause sitzen und wartet, sondern er verlässt sein Haus, seine Schafherde und macht sich auf den Weg, ihn zu suchen.

„Wenn der Mensch nicht mehr umkehren kann, dann kehrt Gott zum Menschen um“

Wenn der Mensch nicht mehr umkehren kann, dann kehrt Gott zum Menschen um. Davon berichtet uns das Gleichnis vom verlorenen Schaf.
Aber was ist, wenn ein Mensch nicht einmal mehr um Hilfe rufen kann? Wenn er ganz tot ist, außen und innen? Wenn ihm an Gott, am Leben nichts mehr liegt? Was macht Gott dann? Ist der Mensch dann verloren? Hier gibt Jesus die Antwort im dritten Gleichnis – von der verlorenen Drachme. Die Drachme kann nicht laufen, nicht rufen. Sie ist ein Bild für etwas Totes: tot, innen und aussen. Ein solches Geldstück kann von sich aus gar nichts tun. Und dieses tote Ding rollt auch noch weg und ist verschwunden. Das ist die äußerste Steigerung von „verloren sein“.

Ausgerechnet eine Frau sucht die Drachme

Auf dem Höhepunkt seiner Offenbarung, wie Gott ist, stellt Jesus Gott jetzt dar in der Gestalt einer Frau. Vielleicht deswegen, weil eine Frau, eine Mutter länger sucht, als ein Mann. Eine Frau, eine Mutter gibt nie auf, ihr Kind zu suchen. Im Gleichnis heißt es, sie sucht „unermüdlich, bis sie findet“.

Das ist die Freundschaft Gottes, das ist das Geheimnis von Gottes Barmherzigkeit. Das Wort Barmherzigkeit Barmherzigkeit heißt auf Hebräisch: Mutterschoß. Das heißt: So richtig übersetzen kann man das Wort nicht von Deutsch in Hebräisch. Dazu sind die beiden Sprachen zu unterschiedlich.

„Gott hat eine „Mutterschoss-Liebe“ zu uns“

Aber das Wort Mutterschoß steht in der Bibel, im Altes Testament der Bibel, immer dort, wo in der deutschen Übersetzung heute Barmherzigkeit steht. Die hebräische Sprache liebt solche Bilder und Vergleiche. Sie sind häufig besonders treffend und bringen uns solche großen Wörter viel näher als Erklärungen das könnten. Barmherzigkeit Gottes bedeutet dann übersetzt, dass Gott eine „Mutterschoss-Liebe“ zu uns hat. Und diese Barmherzigkeit, diese Mutterschoss-Liebe bedeutet: Gott sucht, bis er findet. Für ihn gibt es nichts Verlorenes, Unauffindbares. Jeder Verlorene liegt Gott am Herzen, und er sucht nicht nur einen Tag, nicht nur zehn Tage, nicht nur eine Ewigkeit, sondern er sucht, bis er findet.

Der gute Hirt gibt sein Leben

Der Gute Hirte gibt alles, er gibt sich selbst, um jeden einzelnen von uns zu schützen und zu retten. Der Gute Hirte geht sogar bis zum Äußersten: Er gibt sein eigenes Leben hin für seine Schafe, für seine Menschen, um sie finden, egal wo sie sind. Ja, er geht sogar bis hinein in den Tod, damit er auch jene finden kann, die schon im Totenreich sind. Denn das bekennen wir ja jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis: Hinabgestiegen in das Reich des Todes.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wenn Sie heute abend vielleicht noch einmal das Evangelium vom heutigen Sonntag zur Hand nehmen – oder auch im Verlauf der kommenden Woche – dann ist es vielleicht eine Hilfe, sich einmal persönlich zu fragen: Wo fühle ich mich verloren? Wo fühle ich mich weit weg vom Vater? Wo sehe ich mich entfernt von der Gemeinschaft der Kirche? Und dann beten Sie: Gott du mein Gott dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir. Komm und finde du mich.

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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20. April 2024, 11:00