Buchtipp: Die Lukas-Ikone. Roms verborgenes Weltwunder
Paul Baddes neuestes Werk, „Die Lukas-Ikone“, beginnt mit sehr persönlichen Worten: „Ich sah meine Mutter sterben, als ich vier war. Sie hieß Maria, und ich glaube, sie heiratete meinen Vater vor allem, weil er Joseph hieß.“ Auf den ersten Seiten schildert Badde einfühlsam und detailreich, wie der katholische Glaube und insbesondere die Verehrung der Gottesmutter zu einer Säule seines Glaubenslebens wurden, was er seiner tiefgläubigen Mutter zuschreibt. Schon als kleiner Junge war der bekannte Journalist von der Malerei begeistert und betont, dass Maria die meistgemalte Frau der Weltgeschichte sei: „Die Königin des Himmels ist auch die Königin der Bilder...“ Der „fortlaufende Bericht“, wie Badde sein Werk nennt, dreht sich um die womöglich erste Marienikone, die Advocata, die vom Evangelisten Lukas gemalt worden sein soll und derzeit in einem kleinen Klausurkloster am Stadtrand von Rom aufbewahrt wird. Die Advocata vom Monte Mario gilt laut Badde als die älteste der sogenannten Lukas-Ikonen und ist damit von unschätzbarem historischem und religiösem Wert.
Faszinierende Mischung aus sachlicher Erzählung und persönlicher Biografie
Paul Baddes Buch ist eine faszinierende Mischung aus sachlicher Erzählung und persönlicher Biografie, die sich auf seine jahrelange Suche nach der ältesten Marien-Ikone der Welt konzentriert. Badde lässt seine Leserschaft an der längsten Recherche seines Lebens teilhaben, die er als „den vielleicht besten Teil meiner Biografie“ bezeichnet – seine „Suche nach dem ältesten Bild Marias“. Seine Schlussfolgerung ist klar und prägnant: „Lukas und kein anderer hat diese Ikone ‚geschrieben‘.“ Seine Fahndung nach der „Bildmutter aller Ikonen“ führte ihn letztlich auf den Monte Mario-Hügel in Rom, „wo die wahre Ur-Ikone als ehrwürdigste und älteste von allen aufbewahrt wurde.“ Der Leser wird dabei Zeuge von Baddes wachem Geist eines Reporters, geprägt durch zahlreiche Reisen, akribische Recherchen und Expertengespräche. Badde lässt sich nicht mit etablierten kunsthistorischen Dogmen abspeisen, wie etwa der Behauptung, dass ein Fresko der Madonna mit Kind in den Priscilla-Katakomben die erste Darstellung Marias sei. Mit minutiöser und wissenschaftlicher Präzision erörtert er seine konträre These: „Schauen wir es uns deshalb noch einmal genauer an.“
Welche römische Ikone ist die älteste?
Genauso sorgfältig geht Badde mit den anderen populären römischen Marien-Ikonen um, bei denen oft angenommen wird, sie seien die ältesten Roms: Madonna della Intercessione, Santa Maria in Ara Coeli, Fons Lucis et Stella Maris, Vergine di Grottapinta oder gar Salus Populi Romani. Letztere, eine Ikone in der Papstbasilika Santa Maria Maggiore, wird regelmäßig von Papst Franziskus vor und nach seinen Auslandsreisen aufgesucht und um Beistand in seiner Mission angerufen. In all seinen wissenschaftlich fundierten Argumenten zu den einzelnen Ikonen schwingen bei Badde stets persönliche Erzählungen mit, beispielsweise beim Besuch einer jahrhundertealten Ikone in der Sakristei des Pantheons zusammen mit einem Priester, der überzeugt behauptet, es sei die älteste Roms.
Die Entstehung des Buches gleicht einer Odyssee, die auch die Advocata-Ikone durch 2000 Jahre erlebt hat. Baddes Reise beginnt in Polen, parallel zur Reise von Papst Johannes Paul II. in sein Heimatland, wo er der Welt die von ihm verehrte Madonna von Tschenstochau vorstellte. Diese erste Station ist reich geschmückt mit Erzählungen über die Reise zusammen mit zweien seiner vier Kinder, seiner Ehefrau Ellen und der ersten Begegnung mit der polnischen Ikone. Eindrucksvoll und chronologisch schildert Badde die lange und beschwerliche Reise der Advocata-Ikone über ihre aus- und inländischen Zwischenstationen bis zum Rosenkranzkloster auf dem Monte Mario.
Am Ende verleiht Badde der Advocata den Status eines – wenn auch „verborgenen“ – Weltwunders. Dieses Weltwunder befindet sich in einem kleinen, alten und baulich vernachlässigten Kloster der kontemplativen Dominikanerinnen in der Ewigen Stadt. Es ist hinter dem Gitter der Klausur des Rosenkranzklosters verborgen und präsentiert sich den Besuchern lediglich nach der Frühmesse der Klausurschwestern.
Nicht nur für Theologen und Kunsthistoriker
„Die Lukas-Ikone“ von Paul Badde ist eine packende Erzählung, das sich an alle richtet, die eine Leidenschaft für religiöse Kunst, Geschichte und persönliche Glaubenserfahrungen hegen. Dieses Buch bietet eine Fülle an Wissen und Inspiration, die weit über eine gewöhnliche kunsthistorische Untersuchung hinausgeht. Badde nimmt den Leser mit auf eine tiefgehende Reise, die sowohl intellektuell als auch emotional berührt. Seine detaillierte Recherche und die fundierten Thesen zur ältesten Marien-Ikone der Welt sind beeindruckend und laden dazu ein, die Kunstgeschichte aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Dabei gelingt es ihm, komplexe Themen verständlich und fesselnd zu präsentieren. Besonders faszinierend ist die Art und Weise, wie Badde seine persönliche Lebensgeschichte mit der Geschichte der Marien-Ikone verwebt. Seine Reflexionen über den Einfluss des katholischen Glaubens und der Marienverehrung auf sein Leben geben dem Buch eine tief menschliche Dimension, die den Leser unmittelbar anspricht.
„Die Lukas-Ikone“ ist nicht nur ein Buch für Kunsthistoriker oder Theologen, sondern für jeden, der die Schönheit und das Geheimnis religiöser Kunst schätzt. Es inspiriert dazu, die eigenen Überzeugungen und die Rolle der Kunst im spirituellen Leben zu hinterfragen und neu zu entdecken. Durch Baddes lebendigen Erzählstil und seine fundierte Recherche wird dieses Buch zu einem unverzichtbaren Begleiter für alle, die sich auf eine Reise zu den Ursprüngen der Marienverehrung begeben möchten. Es ist ein Werk, das Wissen vermittelt, Herzen bewegt und den Geist inspiriert rund um den „wahren Urknall unserer Bilderwelt“.
Zum Mitschreiben: Paul Badde, „Die Lukas-Ikone. Roms verborgenes Weltwunder“. Erschienen 2024 im Christiana-Verlag.
Eine Rezension von Romano Pelosi
(vatican news – rp)
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