D: Bedenken gegen Widerspruchslösung bei Organspende
Um die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen, planen Parlamentarier einen zweiten Anlauf für die Einführung einer Widerspruchslösung. Dann wäre jeder Bürger ein potenzieller Organspender, außer er hat ausdrücklich widersprochen. Nach derzeitigem Recht bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung zu Lebzeiten, um einem hirntoten Menschen Organe zu entnehmen.
Pilsinger appellierte an die Bundestagsabgeordneten, sich nicht der neuen Initiative zur Einführung einer Widerspruchslösung anzuschließen. Es gebe nach wie vor keine wissenschaftlich fundierten Nachweise dafür, dass eine Widerspruchslösung in anderen Ländern zu einer signifikanten Erhöhung der tatsächlich erfolgten Transplantationen geführt habe, argumentiert er in einem Schreiben an alle Bundestagsabgeordneten, das dem Redaktionsnetzwerk Deutschland an diesem Samstag vorliegt.
Einschnitt in Freiheitsrechte
Der Gesundheitsexperte fügte hinzu: „Einen solch gravierenden Einschnitt in die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte der Menschen in unserem Land halte ich daher weiterhin für politisch und ethisch nicht legitim.“ Hinzu komme, dass sich die Wirkungen der 2020 beschlossenen Reformen bis heute noch gar nicht hätten entfalten können.
Der Bundestag hatte damals eine verstärkte Information der Bürger und die Einführung eines Organspenderegisters beschlossen, das im März seine Arbeit aufgenommen hat. Zuvor hatte das Parlament auch mehr Geld für die Krankenhäuser, die Organe entnehmen, und eine stärkere Stellung der Transplantationsbeauftragten in den Kliniken beschlossen.
Neuer Anlauf für Widerspruchslösung
Pilsinger, der selbst Arzt ist, mahnte, die Lektion aus der Corona-Pandemie sei, dass gravierende Einschnitte in die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte nur aufgrund klarer wissenschaftlicher Erkenntnisse mit einem klaren Mehrwert für die Bevölkerung vorgenommen werden dürften. Gegner einer Widerspruchslösung verweisen darauf, dass in Deutschland jede medizinische Behandlung der ausdrücklichen Zustimmung des Patienten bedarf. Diese Regel dürfe man ausgerechnet bei der Organspende nicht brechen.
Mitte Juni hatte eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten angekündigt, im Parlament erneut die Einführung einer Widerspruchslösung vorantreiben zu wollen. Sie begründeten das mit den weiter schwachen Spenderzahlen und der gleichzeitig langen Warteliste, auf der derzeit 8.400 Menschen stehen. Auch mehrere Bundesländer haben im Bundesrat eine entsprechende Initiative gestartet.
(kna – sk)
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