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Gänswein: „Wenn Gott mich an der Front haben will, dann gehe ich dort hin“

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Papst Franziskus Erzbischof Georg Gänswein zum Nuntius von Litauen, Lettland und Estland ernannt hat. Am Rande des „Benedikt XVI. Forums“ im bayerischen Marienwallfahrtsort Altötting sprach EWTN News mit dem ehemaligen Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. über seine neuen Aufgaben im Baltikum und über das Vermächtnis des deutschen Papstes.

Erzbischof Georg Gänswein, warum war es Ihnen so wichtig, hier nach Altötting zum “Benedikt-Forum” zu kommen?

Also, diese Frage überrascht mich! Ich wurde eingeladen und ich habe sehr gerne und schnell zugesagt. Es liegt aber schon neun Monate zurück. Altötting ist natürlich nicht nur irgendein Ort, sondern der Gnadenort für den verstorbenen Papst Benedikt. Mit ihm habe ich hier Schönes, Wichtiges und Tiefes erlebt, und deshalb habe ich auch sehr gerne zugesagt - und bin jetzt da und freue mich und bin gerne da.

Sie waren am 11. September 2006 mit dabei, als Benedikt XVI. erstmals als Papst hierher, nach Altötting, zurückgekommen ist. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?

Das ist jetzt fast 18 Jahre her… Als ich gestern hier ankam, hatte ich den Eindruck, es sei erst vorgestern gewesen. Es war auch schönes Wetter, aber es war so voll mit Emotionen, so voll mit dem Geist, der hier spürbar ist, dem Geist der Gottesmutter. Das ist, als würde man einen Schalter umlegen.

Hier das Interview mit unserem Partnersender EWTN im Video

 

Es ist ja bekannt, dass Benedikt XVI. damals seinen Bischofsring der Muttergottes zu Füßen gelegt hat. Wussten Sie im Vorfeld davon?

Er hat davon gesprochen und hat das dann auch verwirklicht. Das war nicht nur ein symbolischer Akt, sondern das hat eine tiefe innere Begründung und auch eine tiefe, innere Bedeutung. Er hat immer wieder davon gesprochen, auch nach dem Besuch. Dieser Besuch hier in Altötting hat ihn wirklich im Herzen befriedet.

Sie werden am Sonntagmorgen hier auf dem „Benedikt XVI. Forum“ noch mal ausführlicher über die vielen Jahre sprechen, die Sie an der Seite von Benedikt XVI. verbracht haben. Ihr Terminkalender ist momentan wahrscheinlich wieder ziemlich voll, seit Papst Franziskus Ihnen eine neue Aufgabe übertragen hat. Sie sind kürzlich zum Apostolischen Nuntius von Litauen, Estland und Lettland ernannt worden. Worauf freuen Sie sich bei dieser Aufgabe am meisten - und wo sehen Sie die größten Herausforderungen?

Die neue Herausforderung ist die, dass ich noch nie in meinem Leben in einer Nuntiatur tätig war. Ich komme auch nicht aus der sogenannten Carriera Diplomatica; ich hatte allerdings in Rom sowohl als Privatsekretär, aber auch als Präfekt des Päpstlichen Hauses viel Kontakt mit der diplomatischen Welt. Ich sehe die Ernennung als eine neue Möglichkeit, in einem ganz anderen Bereich das Apostolat auszufüllen und auszuführen. Und ich nehme das gerne an, auch wenn der liebe Gott mich jetzt dort haben will, woran ich gar nicht gedacht habe. Die Herausforderungen werden sich zeigen. Die baltischen Länder sind natürlich geopolitisch sehr wichtig, auch für Europa. Ich habe jetzt noch gar keine konkreten Vorstellungen, wo meine Schwerpunkte sein werden. Das wird sich ergeben und darauf freue mich und gehe mit Zuversicht, mit Gottvertrauen, aber auch mit großer Freude der Aufgabe entgegen.

Wie bereiten Sie sich auf so eine Aufgabe vor?

Geistlich. Ich nehme das alles ins Gebet hinein und ich versuche schon jetzt, ein bisschen über die Länder zu lesen, mich zu erkundigen. Alles andere, denke ich mir, wird sich zeigen. Ich möchte jetzt auch noch nichts irgendwie festmachen, denn die Wirklichkeit ist sicherlich eine ganz andere. Da möchte ich mich nicht erst von Vorgefasstem lösen müssen, sondern das Neue mit beiden Händen greifen.

Sie haben die geopolitische Lage schon angesprochen. Dort sind Sie recht nahe an der Front, nicht weit entfernt vom Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig leben in den baltischen Staaten auch russische Minderheiten. Was macht der russische Angriffskrieg mit der Gesellschaft dort in den baltischen Staaten?

Wenn Sie mir diese Frage noch einmal in ein paar Monaten stellen, kann ich Ihnen eine Antwort geben. Ich habe keine Ahnung, ich nehme nämlich das wahr, was andere wahrnehmen, über die Zeitung, über die Medien. Aber ich habe keine konkreten persönlichen Erfahrungen, auch keine konkreten persönlichen Kontakte bisher. Insofern muss ich Ihnen die Antwort leider schuldig bleiben. Wenn Sie sagen, dort ist die Front, und wenn der liebe Gott mich dort haben will, dann gehe ich gerne dort hin. Wenn es die Front ist, ist es die Front. Jedenfalls ist es ein Ort, wo auch der liebe Gott tätig sein wird.

Jetzt sind wir aber noch in Altötting und Sie wollen hier auf dem „Benedikt XVI. Forum“ über Papst Benedikt sprechen. Wie wollen Sie auch in Zukunft das Erbe des deutschen Papstes bewahren?

Es ist für mich gewissensmaßen eine Gewissensverpflichtung, das, was ich mit ihm erlebt habe, was er an Erbe, an Schätzen hinterlassen hat, auch so weiterzugeben oder dabei zu helfen, das weiterzugeben. Weil das ist für die Katholiken, für die Kirche, für die Menschen ein großes Geschenk. Und dieses Geschenk zu pflegen, ist eine meiner großen inneren Aufgaben, die ich auch weiterhin gerne und – ich hoffe – lange machen kann.

Das Interview führte Rudolf Gehrig.

(ewtn - skr)
 

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14. Juli 2024, 05:57