Familiäres Bibel-Teilen in Nordindien
von Sr. Rita George Thykootam, ADJC
Bevor das Projekt des Bibellesen in der Familia gestartet wurde, versammelten sich praktizierende Familien in der Pfarrei Dhar in der Diözese Indore in Madhya Pradesh und beteten zusammen mit den Ordensschwestern der Armen Dienstmägde Jesu Christi (ADJC). Das Gebet endete üblicherweise mit dem Vorlesen eines Bibeltextes. Unsere Gemeinschaft hatte jedoch das Gefühl, dass dies zu wenig war und dass im Gebetskreis das Wort Gottes nicht genug im Alltag umgesetzt werde. Daher luden die Ordensschwestern die Familien ein, gemeinsam in der Bibel zu lesen und dies in kleinen Gruppen bei sich zuhause zu tun.
Die sieben Schritte des Bibel-Teilens
Die Diözese Indore ermutigt jede Pfarrei zum Bibel-Teilen in der Familie als Weg der Glaubensbildung. Dazu wird jede Pfarrei geografisch in Gruppen aufgeteilt, genannt „SCC-s: Small Christian Communities". Jede Kommunität besteht aus mehreren Familien. Sie treffen sich in zweiwöchentlichen Abständen in einem der Familienhäuser zum gemeinsamen Gebet.
Nach Vorgabe der Schwestern wird das Bibel-Teilen in den Familien in wenigen einfachen Schritten angegangen. Es beginnt mit einem Gebet, der Anrufung des Heiligen Geistes durch den Gruppenleiter, dann wird der Bibelabschnitt langsam vorgelesen. Die versammelten Mitglieder werden eingeladen, geistliche Gedanken und Reflexionen darüber zu teilen. Nachdem über das Wort Gottes nachgedacht wurde, spricht jede Familie über die Vorsätze, die sie beim letzten Bibel-Teilen gefasst und seitdem durchgeführt hat. Die letzte Phase ist das Finden eines neuen Vorsatzes zum neuen Bibelabschnitt. Nachrichten vom Bibel-Teilen werden auch regelmäßig im Diözesanblatt veröffentlicht.
Die Bibel verwandelt Familien
Nachdem die Familien mit dieser Art von Gebet begonnen haben, war unsere Gemeinschaft mehr als überrascht von den vielen positiven Ergebnissen. Wir haben bemerkt, dass die Eltern und Ältesten der Familie Verantwortung für die Glaubenssamen übernehmen, die mit der Taufgnade eingepflanzt wurden. Sie leben das Wort Gottes und laden die Jugendlichen ein, denselben Weg zu gehen. Der Glaube wird zu einer gelebten Erfahrung - also nicht nur etwas Gelesenes oder Gepredigtes.
Der spirituelle Weg des Gottesvolkes in Indore ist zu einer inklusiven Realität geworden, welche die Bindungen zwischen Vater und Mutter, Bruder und Schwester, Freund und Nachbar stärkt. Wir halten es für unvermeidlich, dass das zweischneidige Schwert weiterhin die Barrieren von Kaste, Hautfarbe, Glaube und Religion durchschneidet. Gleichzeitig hilft die Erfahrung des Bibel-Teilens den Familien, Schwierigkeiten zu bewältigen, weil sie die Gegenwart Gottes in jeder schmerzhaften Lebenssituation tiefer erfahren können. Diese Art der Glaubensbildung ist die Nahrung, die unseren Familien verhilft, ihre göttliche Berufung zu leben und die lebensspendende Kraft der Bibel in ihren Alltag zu integrieren.
Die Herausforderungen für Christen in Indien
Die Armen Dienstmägde Jesu Christi laden die Familien auch ein, missionarisch aktiv zu werden und die gelebten Erfahrungen mit dem Gotteswort hinauszutragen, um sich unserer unbarmherzigen Welt, unserer lieblosen Gesellschaft stellen zu können. Die Familien, die gemeinsam beten, sind herausgefordert, ihr Glaubenszelt zu erweitern und ihren Nächsten näher zu kommen, was in einem multireligiösen Land wie Indien besonders wichtig ist.
Die Ordensschwestern sind der Meinung, dass sich das Land in einer angespannten Situation befindet, in der das gemeinsame Gruppen-Gebet manchmal als „christliche Konversionstätigkeit" bezeichnet wird.
Der Glaube fördert das gemeinsame Leben
Trotz dieser Situation hat unsere Gemeinschaft erkannt, dass die wertvollste Lehre, die wir aus dem Bibel-Teilen in den Familien gelernt haben, das Bewusstsein ist, dass der Glaube über Oberflächlichkeiten hinausgeht. Es geht nicht darum, wie man vor anderen erscheinen möchte, sondern darum, auch zu glauben, wenn niemand zuschaut. Es geht auch darum, nicht nur für sich zu leben, sondern das Licht an alle um uns herum weiterzugeben. Aus diesem Grund zeigen die christlichen Familien in Indore das Wesen ihres Glaubens auf, wenn sie Nachbarn anderer Glaubensrichtungen zur gemeinsamen Feier christlicher Feste bei sich einladen. Gleichzeitig nehmen die Armen Dienstmägde Jesu Christi auch an Festen anderer Religionen, wie Eid und Diwali, teil. An allen Arbeitsplätzen, in Schulen und in gesellschaftlichen Zusammenkünften bezeugen die Familien die Werte, die sie in ihrem christlichen Glauben bekennen.
(vatican news - sb)
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