Kardinal Jean-Claude Hollerich bei der Fragerunde im Rahmen der XIII: Internationalen Ministrantenwallfahrt Kardinal Jean-Claude Hollerich bei der Fragerunde im Rahmen der XIII: Internationalen Ministrantenwallfahrt 

„Ask the Bishop“: Bischöfe stehen Rede und Antwort

Die 13. Internationale Ministrantenwallfahrt in Rom konnte mit einem reichhaltigen Programm aufwarten. Dazu gehörte die Frage- und Antwortrunde namens „Ask the Bishop“ – „Frag den Bischof“, bei der sich die mit den Minis nach Rom mitgereisten Bischöfe den Fragen der jungen Katholiken stellten. Unser Kollege Romano Pelosi hat an den Sitzungen teilgenommen und berichtet im Kollegengespräch mit Radio Vatikan.

„Was wolltest du einen Bischof schon immer einmal fragen?“. So beginnt die Fragerunde „Ask the Bishop" im Auditorium in der Via Conciliazione, in dem die Deutsche Bischofskonferenz ein Wallfahrtszentrum eingerichtet hat. Unter anderem haben Kardinal Jean-Claude Hollerich, der Präsident des Internationalen Ministrantenbundes (C.I.M.), der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und der Passauer Bischof Stefan Oster die Fragen der Minis beantwortet. Dabei gab es sehr tiefgreifende und einfühlsame, aber auch erfrischend-amüsante Fragen.

Vatican News: „Romano, du hast dir das für uns angesehen, wen hast du miterlebt,  und wie interaktiv war das?“

Romano Pelosi: „Ich war bei den Sitzungen mit Kardinal Jean-Claude Hollerich und den Bischöfen Georg Bätzing und Stefan Oster mit dabei. Den Bischöfen war es ein Anliegen, nah und greifbar zu sein. Bischof Bätzing nahm sich Zeit für Fotos, Autogramme und persönliche Gespräche. Dabei kam mir Franziskus' Aussage bei der Chrisammesse 2013 in den Sinn: „Der Priester muss den Geruch seiner Herde, seiner Schafe aufsaugen und annehmen.“ Bätzing hat dies verkörpert und war während der gesamten Wallfahrt auch den Gruppen seines Bistums nahe. Er nannte die Präsenz der tausenden Minis ein „starkes Stück, eine klasse Angelegenheit.“ Bätzing verknüpfte seine Berufung und seinen bischöflichen Werdegang mit seiner eigenen Erfahrung als Ministrant und betonte, dass dieses Amt der Quell seiner Berufung sei. Das habe ich als ein starkes Zeichen des Wohlwollens und der Bestätigung empfunden. Kurzum: Ein äußerst interaktives Programm, spannend zuzuhören und mit vielen Reflexionsanstößen.

Der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, plaudert mit den angereisten Minis
Der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, plaudert mit den angereisten Minis
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Vatican News: „Was hat dich am meisten inspiriert, vielleicht auch überrascht?“

Romano Pelosi: „Die durchdachten Antworten auf teils kritische Fragen zu den Themen wie Frauendiakonat und Missbrauchsskandale, aber auch die einfühlsamen Antworten auf Fragen der jüngeren Ministranten, wie: „Wie muss ich mir Gott vorstellen?“, „Hat Gott ein Geschlecht?“, „Wie haben Sie Ihre Berufung gespürt?“ oder „Hegen Sie auch Zweifel an der Existenz Gottes?“ ... Und dann gab es auch einige amüsante Fragen zum Lieblingsbier- oder Essen oder Bischof Osters Namenswahl, sollte er jemals zum Papst gewählt werden. Als Salesianer meinte er: Johannes Bosco. Besonders intensiv wurde beim Thema Frauendiakonat nachgehakt: Die Rolle der Frau solle wichtiger werden, denn als Getaufte haben auch sie das Recht, die Kirche aktiv zu gestalten. Wir seien keine passive Schar, Frauen sollen nicht nur zuhören. Das sei Schnee von gestern und war auch damals schon falsch, betone Kardinal Hollerich.

Bischof Oster: „Das Projekt der Synodalität heisst: Kann ich den anderen verstehen?"
Bischof Oster: „Das Projekt der Synodalität heisst: Kann ich den anderen verstehen?"

Seine Gedanken zur Zukunft der Kirche waren ebenfalls anregend. Er kritisierte, dass die Kirche eine zu komplexe Sprache spreche, die keiner mehr verstehe, und Antworten auf Fragen gebe, die keiner mehr stelle. Hollerich plädierte dafür, eine „Brille der Verschiedenheit“ aufzusetzen, die unterschiedlichen Kontexte reflektiert. Mir fällt dazu die bevorstehende Papstreise nach Asien ein, insbesondere nach Osttimor und Papua-Neuguinea, wo Papst Franziskus eine multikulturelle, farbenfrohe und lebendige Kirche erwarten wird. In diesen variierenden Kontexten müsse die Kirche die Menschen wahrnehmen und nicht aus der Perspektive der „europäischen Christen an der Spitze der Weisheit“ agieren, wie Hollerich es nannte.

„Kirche ist Netzarbeit“

Europa sei nicht die lebendigste Kirche der Welt und müsse auch den anderen Kirchen zuhören. Ein Beispiel sei eine dreistündige Messe in Nigeria voller Tanz und Gesang: „Ihr seid hier als Lehrmeister", meinten die nigerianischen Katholiken. Die europäische Kirche solle vielleicht ein bisschen leiser und demütiger sein, so Hollerichs Fazit. Überraschend war auch der Appell an die jüngeren Generationen, Verantwortung für ihr Glück zu übernehmen in kriegsgeplagten Zeiten. Die heutige Politik rechne oft mit Kriegen, was nicht Gottes Wille sei: „Wir sollen nicht dumm sein für den Frieden, sondern wehrhaft.“

„In diesen variierenden Kontexten müsse die Kirche die Menschen wahrnehmen und nicht aus der Perspektive der „europäischen Christen an der Spitze der Weisheit“ agieren“

Die jungen Menschen müssten sich den Krisen stellen, vor allem der Klimakrise, „wo nichts mehr gegeben sei“. Eine Epoche breche an, in der der Reichtum abnehmen werde und eventuell eine weniger materialistische Gesellschaft heranreifen könne. Bischof Oster, bekannt für seine Medienaffinität, betonte die Rolle der sozialen Medien in der Glaubensvermittlung. Es sei wichtig, präsent zu sein, Vorausarbeit zu leisten und als Katholiken mit Vorbildfunktion voranzugehen. Er mahnte jedoch: „Dem Herrn gebe ich nur fünf Minuten täglich, während ich dem Handy mehrere Stunden widme." Dies sei ein ungesundes Ungleichgewicht.“

Vatican News: „Du selbst kommst aus der Schweiz. Welche Botschaft nimmst du mit in dein Heimatland von dieser Ministrantenwallfahrt?“

Romano Pelosi: „Ich nehme vor allem Fragen zur Zukunft der Kirche mit angesichts der in der Schweiz fortgeschritteneren Säkularisierung mit. Kardinal Hollerich betonte die Bedeutung der Art und Weise, wie wir bestimmte Fragen stellen und in der säkularisierten Gesellschaft dienen. Er stellte klar, dass dies nur übergreifend und multilateral in verschiedenen Ländern und bei verschiedenen Anlässen geschehen kann. Bätzing ergänzte dies mit der Aussage: „Kirche ist Netzarbeit." Die Worte von Bätzing und Oster über Synodalität finde ich erwähnenswert. Das Projekt der Synodalität beruht auf der Frage: „Kann ich den anderen verstehen?“

„Die Freundschaft mit dem Herrn, der ein umsonst Liebender ist, sei der Kern aller Evangelisierungsbemühungen“

Diese Methode soll unter dem einenden Heiligen Geist durch Begegnungen auf der untersten Ebene eingeübt werden, um gemeinsam den Zukunftsweg der Kirche zu formen. Bezüglich der Kirchenaustritte – in der Schweiz leider eine große Problematik - erklärten die Bischöfe, dass diese oft mit Wut und Ärger verbunden seien. Viele Menschen hingen an ihrer Kirche, aber nicht an der gegenwärtigen Form.

„Viele Menschen hingen an ihrer Kirche, aber nicht an der gegenwärtigen Form. Sie wünschten sich eine Kirche, die sich den Tatsachen stellt“

Sie wünschten sich eine Kirche, die sich den Tatsachen stellt. Die Bischöfe räumten ein, dass die Zahl der Gläubigen in Europa voraussichtlich weiter abnehmen werde, was eine unumkehrbare Entwicklung sei. Dennoch sei es entscheidend, die Gemeinschaft zu erhalten und den Glauben stark zu halten. „Die Freundschaft mit dem Herrn, der ein umsonst Liebender ist, sei der Kern aller Evangelisierungsbemühungen“, so Bischof Oster.

(vatican news)

 

 

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02. August 2024, 16:15