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Unser Sonntag: Sie streiten schon wieder!

Aber man kennt das ja. Dieses Streiten hat sich gehalten von den Tagen Jesu bis in unsere Zeit. Streit um alles Mögliche, auch im Raum der Kirche: Einfluss, Macht, Geld u.sw., meint Prof. Dr. Dr. Peter Beer in diesem Kommentar - dabei geht es um eine tiefgreifende Verwandlung auch bei uns.

Prof. Dr. Dr. Peter Beer

20. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B

Joh 6,51-58

Meine Herren! Sie tun es schon wieder! Sie streiten, sie streiten um die Worte Jesu. Sie streiten darüber, was sie bedeuten könnten und streiten wahrscheinlich auch darüber, wer der Beste ist unter ihnen, was das Verstehen der Worte Jesu angeht.

Hier zum Nachhören

Die Streitereien nerven. Verdecken sie nicht, um was es eigentlich geht und widersprechen sie nicht dem, was Jesus wichtig ist? Aber man kennt das ja. Dieses Streiten hat sich gehalten von den Tagen Jesu bis in unsere Zeit. Streit um alles Mögliche, auch im Raum der Kirche: Einfluss, Macht, Geld, Ansehen, Anhänger, Ehre – die Liste kann man noch lange weiterführen.

Streit kann sinnvoll sein

Im Unterschied zum im heutigen Evangelium erwähnten Streit ist hier Jesus völlig aus dem Blick gekommen. Im heutigen Evangelium geht es dagegen wenigstens um das Verstehen Jesu. Ein solcher Streit hat einen gewissen Wert. Einerseits zeugt er bei den Streitparteien vom Interesse an der Sache. Diese wird nicht einfach als Unsinn beiseitegeschoben oder mit einer demonstrativ zur Schau gestellten Gleichgültigkeit übergangen. Andererseits bringt ein solcher Streit die Unterscheidung der Geister, eine Klärung, eine Vertiefung des Verständnisses dessen, worüber man streitet. Insofern kann der Streit über Sinn und Bedeutung durchaus etwas Positives sein. Missverständnisse und gedankliche Sackgassen werden deutlich, tragfähige Gedankengänge schälen sich heraus, weiterführende Ideen und Überlegungen entwickeln sich. Streiten in diesem Sinn ist wichtig, kann fruchtbar sein.

Es geht um Jesu Worte über Brot und Wein, sein Fleisch und sein Blut

Vor einem solchen Streiten brauchen wir keine Angst zu haben. Im Gegenteil. Wie oft würde man sich manchmal wünschen wollen, dass über die Bedeutung der Worte und des Handelns Jesu gestritten wird, um sie sich mehr und intensiver zu eigen zu machen; gerade auch und besonders wenn es um die Eucharistie, die Worte Jesu über Brot und Wein, sein Fleisch und sein Blut geht. Viele, allzu viele Vereinfachungen sowie Einseitigkeiten ließen sich unter Umständen vermeiden.

„Oder – auch das ist zu kurz –, wenn die Worte Jesu in ihrer Bedeutung auf ein absolut innerweltliches Minimum zusammengedampft werden“

Es ließe sich mehr herausholen im Streit darüber, was nun gemeint ist. Es ließe sich vermeiden, dass man zu kurz springt in der Beschäftigung mit Jesu Worten; zu kurz weil man jedes Bemühen um ein vertieftes Verstehen einfach unterbindet. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Hinweis gegeben wird, dass man einfach die Worte Jesu glauben muss, egal ob man ihnen einen Sinn abgewinnen kann oder nicht. Oder – auch das ist zu kurz –, wenn die Worte Jesu in ihrer Bedeutung auf ein absolut innerweltliches Minimum zusammengedampft werden, wenn aus der Eucharistie ein netter gemeinsamer Imbiss wird, der in der Lage ist, ein spontanes Gefühl der Zusammengehörigkeit zu erzeugen, das so schnell verfliegt wie der letzte Bissen Brot, der letzte Schluck Wein konsumiert ist.

Es geht um eine tiefergehende Verwandlung

Dass es da schon um etwas mehr geht, zeigen die Worte Jesu im heutigen Evangelium eindrücklich. Im Grunde geht es um eine tiefergehende Verwandlung von uns selbst, zu unseren Gunsten. Eine Verwandlung, die uns Jesus Christus gleichgestaltet und uns mit ihm, mit Gott und untereinander in besonderer Weise verbindet. Es geht nicht nur um ein Nachahmen Jesu, ein Nachspielen seines Lebens. Nein, es geht um eine grundsätzliche Veränderung, die uns vom Innersten her von Grund auf neu im Sinne Jesu gestaltet.

„Ein altes Sprichwort sagt, „Du bist, was du isst““

Ein altes Sprichwort sagt, „Du bist, was du isst“. Schlechte Ernährung schadet der Gesundheit, der physischen und der psychischen. Fehlende Vitamine, mangelnde Nährstoffe und Mineralien lassen uns zerfallen, ohne diese oder die sich aus diesen Elementen bildenden Lebensbausteine kommen wir schnell an ein Ende. Dies lässt sich auch und in besonderer Weise in Bezug auf unser Verhältnis zu Jesus sagen. Dieser Mensch aus Fleisch und Blut, der uns mit seinen Worten und Taten ganz konkret und lebendig erfahrbar an seiner Gemeinschaft mit Gott Vater teilhaben lässt, ist für uns ein, ja der entscheidende Lebensbaustein.

„Jesu Worte und Taten heilen, trösten, versöhnen, ermutigen, stärken, mahnen.“

Jesu Worte und Taten heilen, trösten, versöhnen, ermutigen, stärken, mahnen. An ihnen ist kein Fehl und Tadel. Sie täuschen nicht. Er macht uns nichts vor. Er ist seine Worte und Taten und seine Worte und Taten sind er. Wenn wir seine Worte und Taten kennen, kennen wir ihn und den, der ihn gesandt hat. Ohne ihn, ohne seine Worte und Taten wäre die Welt ärmer.

Sich von Jesu Worten prägen lassen

Er, Jesus Christus, seine Worte und Taten schenken und ermöglichen uns Glaube, Hoffnung und Liebe, wenn wir sie uns zu eigen machen. Wenn wir uns von ihnen prägen lassen, werden wir von Grund auf zu neuen Menschen. Dieser Prozess der Aneignung und das Sich-prägen-lassen kommen in der Eucharistie sinnenfällig zum Ausdruck. In den Gestalten von Brot und Wein nehmen wir Jesus Christus, seine Worte und Taten in uns auf, damit wir davon von innen substanziell aufgebaut, umgestaltet werden – nicht aber dass wir einfach so weiterleben wie bisher in unserem alten Leben, mit der bisherigen Nahrung, sondern verändert, mit der entscheidenden Nahrung, der Speise, die uns Horizonte über unser bisheriger Leben hinaus eröffnet, neue Perspektiven und neue Möglichkeiten im Blick auf unsere Welt, auf unsere Nächsten und auf Gott ermöglicht. Oder wie es Jesus im heutigen Evangelium sagt: „wer mein Fleisch ist und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben. Es ist nicht das Brot, das die Väter gegessen haben, sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit”.

Innere Wandlung auch im Alltag

Spätestens ab diesem Punkt wird in Bezug auf die Eucharistiefeier und die in diesem Rahmen sich ereignende Wandlung eines klar. Es geht nicht nur um den kurzen Augenblick, in dem der Priester die Wandlungsworte spricht und die Glocken läuten, um die Bedeutung dieses Moments zu unterstreichen. Es geht genauso um die Zeit, in der die Glocken verstummt sind, die Zeit, nachdem wir vom Brot gegessen und vom Wein getrunken haben, dass wir uns von Christus von innen her grundsätzlich verändern lassen. Diese unsere Wandlung lässt sich nicht auf die Gottesdienstzeiten einschränken, sondern bleibt darüber hinaus wirksam für unseren Alltag. Sie entspricht in ihrer Wirkung dem, was die Worte und Taten Jesu ausmachen und so charakteristisch für die Eigenart von Brot und Wein sind.

Den Glauben an den liebenden Gott stärken 

Wie das Brot, das gebrochen wird, viele nährt und Gemeinschaft stiftet, so können wir in der Linie des Handelns sowie Sprechens Jesu Menschen zusammenführen, ihnen Sinn und Orientierung vermitteln, ihnen nicht nur im Geistlichen sondern auch im materiellen Sinn Nahrung im Teilen des Eigenen geben. Wie der Wein aus dem Keltern der Trauben entsteht und den Menschen Freude schenken kann, können wir den Druck, den das Leben für manche mit sich bringt, mit auf uns nehmen, Leid dadurch etwas erträglicher machen und aufbauend auf Jesu Wort und Tat Hoffnung schenken, den Glauben an den liebenden Gott stärken und in der Liebe Freude schenken.

Verändert, verwandelt von innen her

In diesem Zusammenhang werden zwei weitere Punkte klar. Die Feier der Eucharistie, das Kommunizieren von Brot und Wein, Leib und Blut Christi, ist weder eine Sache reiner Innerlichkeit noch die bloßer Individualität. Wir werden zwar von Grund auf, von unserem Innersten her persönlich verwandelt, aber dessen Wirkung zeigt sich ebenso in unserem Handeln und Tun nach außen in Richtung unserer Um- und Mitwelt. Verändert, verwandelt von innen her, können wir uns unseren Nächsten, der Welt, in der wir leben, mit neuem Geist, neuer Empfindsamkeit, neuer Haltung, neuem Mut zum Handeln, neuer Emotionalität zuwenden, um die Liebe Gottes für unsere Zeit erfahrbar und greifbar zu machen. Durch die grundsätzliche Gleichgestaltung mit Jesus Christus sind wir in der Lage, seine Sendung in die Welt hinein kraftvoll fortzusetzen. Mit dieser Gleichgestaltung mit Jesus Christus aller von uns, die an dem einen Brot und dem einen Kelch in der Kommunion teilhaben, sind wir Teil des einen Leibes Christi, sind wir Glieder des Leibes Christi, wie es an anderer Stelle der Heiligen Schrift heißt.

Die Bedeutung der Eucharistie nicht aus den Augen verlieren

Kommen wir nochmals auf den Anfang zurück. Die Jünger streiten. Sie streiten um die Bedeutung der Worte Jesu zu seiner Anwesenheit in den Gestalten von Brot und Wein. Tun wir dies auch noch in unseren Pfarrgemeinden, in unseren Familien, in unseren Glaubenszirkeln und Bibelkreisen? Oder haben wir die Sache schon zu den Akten gelegt – weil die Gewohnheit diesbezügliche Fragen gar nicht mehr aufkommen lässt; weil wir Angst haben, wir könnten den Glauben verlieren, wenn wir einmal anfangen zu fragen und eigentlich tiefer verstehen wollen; weil wir uns schon damit zufrieden geben, dass die Eucharistie eine schön gestaltete Feier ist; weil wir uns gleichsam in technischen Details verlieren, wie das jetzt genau funktionieren kann, das mit dem Brot und dem Leib Christi und dabei die Bedeutung der Eucharistie aus den Augen verlieren; weil wir vielleicht gar nicht mehr nach Jesus suchen? Diese Fragen wird jeder und jede nur für sich selbst beantworten können. Was wir aber gemeinsam machen können ist, uns gegenseitig daran zu erinnern, wie wichtig es ist, dass wir uns über Sinn, Wert und Bedeutung der Eucharistie immer wieder auseinandersetzen.

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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17. August 2024, 07:39