D: „Brauchen ethischen und politischen Ruck“
Um die Herausforderungen meistern zu können, müsse der „Vorrang des Ichs“ bekämpft werden. Nur dann gebe es eine Hoffnung auf Zukunft, sagte Paglia, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, am Donnerstag beim 28. Internationalen Kongress Renovabis in Freising bei München. Ziel müsse eine „universelle Geschwisterlichkeit“ sein, bei der Solidarität wieder zentral sei.
Die Entdeckung des Individuums als Subjekt, das seine eigenen Entscheidungen zu verantworten habe, sei eine zu bewahrende Errungenschaft der Moderne, betonte der Erzbischof. Doch in den Gesellschaften sei durch die starke Individualisierung das Gleichgewicht verloren gegangen; auch die Kirche habe sich davon anstecken lassen.
Papstschreiben als Orientierung
Die Christen rief der Erzbischof auf, an der Vision einer universellen Geschwisterlichkeit mitzuarbeiten. Dabei komme es nicht auf die Zahl, sondern auf die Kraft an. Als Orientierung dienten die beiden Enzykliken „Laudato si‘“ und „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus. In diesen verweise er darauf, dass alle Völker in einem Haus wohnten, um das sie sich zu kümmern hätten.
Im Sinne des Christentums sei jeder eingeschlossen, egal welcher Kultur er angehöre, ob Männer oder Frauen, Gläubige oder Nicht-Gläubige: „Wir alle sind zu einem neuen Bündnis aufgerufen, um eine Welt zu schaffen, die für alle ein Zuhause ist - und zwar in Frieden.“
Den Dialog intensivieren
Weiter appellierte Paglia an die Kirchen, den ökumenischen Dialog sowie das interreligiöse Gespräch mit Judentum und Islam zu pflegen. Dabei solle man zuerst das suchen, was einen eine, und danach, was einen trenne. Es gehe darum, einander anzuspornen, jeder mit seiner eigenen Identität, um einander zu bereichern.
Der Erzbischof ist Gründungsmitglied der Gemeinschaft Sant'Egidio. Die 1968 in Rom entstandene Laien-Bewegung widmet sich karitativer Arbeit, Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten sowie dem Gespräch der Religionen.
„Das ist Wirken vom Heiligen Geist“
Renovabis-Chef Thomas Schwartz dankte zum Abschluss des zweitägigen Kongresses allen Beteiligten fürs Mitwirken. Bei den Debatten sei auch Kritik an der Kirche und deren Verfassung laut geworden. Gerade Fragen, die wehtäten, seien wichtig und führten einen in die Zukunft. Denn sie hielten einen in Bewegung. „Und das ist Wirken vom Heiligen Geist.“
Das diesjährige Treffen stand unter dem Motto „Eine Mission haben - Glaubwürdig Zeugnis geben. Zum Umgang mit Säkularisierung und religiöser Indifferenz in Europa“. Nach Veranstalterangaben nahmen daran 220 Personen aus 26 Ländern teil.
(kna – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.