Kölner Erzbistum vor großen Herausforderungen: Umgang mit leerstehenden Kirchen
Das Kölner Erzbistum steht vor einer Herausforderung: Rund 900 Kirchen gehören zum Bestand, doch die finanziellen Mittel, um diese Gebäude zu erhalten, schrumpfen zunehmend. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Gläubigen, die die Gotteshäuser regelmäßig nutzen. Eine neue Arbeitshilfe, die speziell für die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden entwickelt wurde, bietet konkrete Vorschläge und Modelle für den Umgang mit leerstehenden oder nur noch sporadisch genutzten Kirchengebäuden. Anna Pawlik, Diözesankonservatorin im Erzbistum Köln, erläutert im Interview die Möglichkeiten und die damit verbundenen Schwierigkeiten.
Vielfältige Szenarien für die Zukunft der Kirchen
Die Handreichung beschreibt drei Modelle:
Mitnutzung der Kirchen: Das Ziel ist es, die Kirche weiterhin als Sakralraum zu erhalten, aber für zusätzliche, auch nicht-religiöse Zwecke zu öffnen. So könnten etwa soziale oder kulturelle Veranstaltungen stattfinden, während die Kirche an Wochenenden und besonderen Feiertagen weiterhin als Ort für Gottesdienste dient. „Eine Kirche bietet große Räume, die auch für andere Zwecke genutzt werden könnten, solange die religiöse Nutzung nicht beeinträchtigt wird“, so Pawlik.
Vorerst Stilllegung ohne Nutzung: Wenn keine kurzfristige Umnutzung möglich ist, sieht die Arbeitshilfe auch vor, eine Kirche vorübergehend zu schließen. In solchen Fällen gibt es konkrete Tipps, wie die Gebäude gepflegt und gesichert werden können, bis eine Lösung gefunden ist.
Profanierung und Abgabe: Wenn keine andere Möglichkeit bleibt, kann eine Kirche entwidmet und damit für weltliche Zwecke freigegeben werden. Diese sogenannte Profanierung ist jedoch mit erheblichen rechtlichen und baulichen Konsequenzen verbunden und gilt als letzter Ausweg. „Für uns ist die Profanierung absolut die Ultima Ratio“, betont Pawlik.
Schwieriger Weg zur Umwidmung
Die katholische Kirche hat strenge Vorschriften für die Profanierung eines Gotteshauses. Die Entwidmung erfolgt durch ein Dekret des Diözesanbischofs, das während eines letzten Gottesdienstes verlesen wird, bevor das Gebäude der weltlichen Nutzung übergeben werden kann. Während in anderen Ländern, etwa in den Niederlanden, ehemalige Kirchen bereits als Schwimmbäder, Kletterhallen oder Bibliotheken genutzt werden, ist dies in Deutschland vor allem im katholischen Bereich seltener. „Private Nutzung ist für uns Neuland“, erklärt Pawlik. „Wir müssen noch herausfinden, welche Anforderungen und Wünsche mögliche private Nutzende an die Kirchengemeinde herantragen.“
Der emotionale Aspekt der Schließungen
Besonders für ältere Gläubige sei die Schließung ihrer Kirche eine schmerzhafte Angelegenheit. Viele von ihnen seien dort getauft worden, feierten ihre Erstkommunion oder schlossen den Bund der Ehe. Daher sei es für das Erzbistum besonders wichtig, behutsam mit dem Thema umzugehen und die Menschen einzubeziehen. „Die Abgabe einer Kirche sollte nicht ohne vorherige Kommunikation mit der Gemeinde erfolgen“, erklärt Pawlik. „Es ist uns ein großes Anliegen, die Gläubigen, aber auch die Anwohner, die neben der Kirche wohnen, in den Prozess einzubinden.“
Erinnerungskultur bewahren
Wenn es zum Abriss einer Kirche kommen müsse, bleibe der Gedanke an die Schaffung eines Erinnerungsortes. Die Arbeitshilfe empfiehlt, etwa den Grundstein der Kirche sichtbar zu würdigen oder Teile des Kirchturms als Wegekapelle stehen zu lassen. Auf diese Weise soll ein Symbol der Erinnerung an die einstige Kirche erhalten bleiben, die für viele Menschen ein zentraler Ort in ihrem Leben war.
(domradio - mg)
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