D: Religion verliert für christliche Jugendliche an Bedeutung
Laut der am Dienstag in Berlin vorgestellten Shell Jugendstudie 2024 spielt Religion im Leben junger Christinnen und Christen eine immer geringere Rolle. Nur noch 38 Prozent der katholischen Jugendlichen geben an, dass der Gottesglaube für sie wichtig sei. Im Jahr 2002 lag dieser Anteil noch bei 51 Prozent. Auch bei evangelischen Jugendlichen setzt sich der Trend fort: Der Anteil derjenigen, denen der Glaube wichtig ist, sank von 38 auf 35 Prozent.
Diese Zahlen spiegeln einen generellen Rückgang der christlichen Bindung in Deutschland wider. Nur noch die Hälfte aller 12- bis 25-Jährigen gehört einer der beiden großen christlichen Kirchen an. Im Jahr 2002 waren es noch zwei Drittel. Gleichzeitig ist der Anteil der Jugendlichen, die keiner Religion angehören, auf fast ein Drittel gestiegen. Damit zeichnet sich eine zunehmende Säkularisierung unter der Jugend ab.
Glaube verliert im Alltag an Bedeutung
Nicht nur die Mitgliedschaft in den Kirchen sinkt, auch die Bedeutung des Glaubens im Alltag hat abgenommen. 49 Prozent der befragten Jugendlichen gaben an, nie zu beten. Im Jahr 2002 lag dieser Wert noch bei 29 Prozent. Nur 18 Prozent der Jugendlichen beten mindestens einmal pro Woche, während 31 Prozent nur gelegentlich beten. Die Zahlen verdeutlichen, dass der christliche Glauben für viele junge Menschen an Relevanz verloren hat.
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch beim Vertrauen in gesellschaftliche Institutionen. Die Kirchen genießen bei den befragten Jugendlichen das geringste Vertrauen, mit nur 2,4 Punkten auf einer Skala von fünf. Im Vergleich dazu schneiden die Bundesregierung, die Europäische Union, Banken und sogar politische Parteien besser ab.
Muslimische Jugendliche: Stärkere religiöse Bindung
Im Gegensatz zu den christlichen Jugendlichen zeigt sich bei muslimischen Jugendlichen ein anderer Trend. Der Anteil derjenigen, für die der Glaube wichtig ist, stieg innerhalb der letzten 20 Jahre von 72 auf 79 Prozent. Die Studie zeigt, dass muslimische Jugendliche ihren Glauben nicht nur als zentral empfinden, sondern diesen auch stärker in ihren Alltag integrieren. 37 Prozent der jungen Muslime beten ein- oder mehrmals am Tag, weitere 26 Prozent zumindest einmal pro Woche. Lediglich 13 Prozent geben an, nie zu beten.
Der größere Einfluss der Religion zeigt sich auch in anderen Lebensbereichen. So äußern 84 Prozent der muslimischen Jugendlichen den Wunsch, später einmal Kinder zu haben – mehr als bei evangelischen (74 Prozent) oder katholischen Jugendlichen (71 Prozent). Den geringsten Kinderwunsch haben Jugendliche ohne Religionszugehörigkeit, von denen nur 57 Prozent angeben, später einmal Kinder haben zu wollen.
Gesellschaftliche Veränderungen und religiöse Trends
Die Ergebnisse der Shell Jugendstudie spiegeln tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen wider. Die fortschreitende Säkularisierung in Deutschland ist dabei besonders bei christlichen Jugendlichen deutlich sichtbar, während muslimische Jugendliche ihren Glauben trotz zunehmender gesellschaftlicher Herausforderungen weiterhin stark leben. Der kontinuierliche Rückgang der Mitgliederzahlen in den christlichen Kirchen und das Misstrauen gegenüber religiösen Institutionen deuten darauf hin, dass diese sich in ihrer Ansprache an junge Menschen neu ausrichten müssen, um wieder mehr Relevanz zu gewinnen.
Für die 19. Shell Jugendstudie wurden rund 2.500 junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren befragt. Sie gibt damit einen umfassenden Einblick in die aktuelle Situation und die Einstellungen der Jugend in Deutschland – ein Abbild einer Generation, die sich zunehmend von traditionellen Glaubensvorstellungen abwendet, während gleichzeitig andere Formen von Religiosität an Bedeutung gewinnen.
(pm - mg)
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