Ordensfrau und Krankenpflegerin, nah am Leiden
Interview von Jean-Charles Putzolu – Vatikanstadt
Schwester Aurélie Allouchéry von der Kongregation Unserer Lieben Frau von der Guten Hilfe in Troyes erzählt uns von ihrer Berufung. Sie dachte, sie sei für ein Familienleben mit Kindern und eine berufliche Laufbahn als Lehrerin bestimmt. Sie schildert den Weg, der sie zunächst zum Ordensleben und dann zur Krankenbegleitung führte.
Schwester Aurélie Allouchéry, Sie sind Schwester Unserer Lieben Frau von der Guten Hilfe, einer Kongregation, die ihre Mission mit drei Worten umschreibt: Mitgefühl, Heilung und Befreiung. Sie sind vor 20 Jahren in den Orden eingetreten, wie sind Sie zum geweihten Leben gekommen?
Ich war eigentlich von Kindheit an in der Kirche. Meine Eltern haben mich immer ermutigt, sonntags zur Messe zu gehen, meine Mutter hat Katechismus unterrichtet, und ich war in einer karitativen Vereinigung tätig. Im Alter von 25 Jahren, nach einer gut gelebten Jugendzeit, stellte sich mir die Frage: Was ist meine Berufung? Was würde mich glücklich machen? So nahm ich an einem Jahr der Unterscheidungsfindung teil, das von der Diözese Reims angeboten wurde. Es endete mit Exerzitien, an deren Schluss mir die Antwort klar war: Ich spürte wirklich den Wunsch, mein Leben Christus zu schenken, mein ganzes Leben, alles, was ich bin, mein ganzes Wesen.
Papst Franziskus sagt oft, dass die Kirche durch Anziehung funktionieren muss. Haben Sie sich zu Gott hingezogen gefühlt?
Ja, ich fühlte mich von Gott angezogen. Allerdings hatte ich viele Vorurteile gegenüber dem Ordensleben und den Ordensfrauen, denen ich begegnete: Ich fand sie eher altmodisch, nicht sehr modern, kurz gesagt, nicht sehr attraktiv. Es ist auch wahr, dass ich, als ich an diesen Exerzitien teilnahm, absolut keine Vorstellung von der Lebensentscheidung hatte, die ich treffen würde. Ich war eher auf die Ehe ausgerichtet, auf ein Eheleben und Kinder, viele Kinder. Aber am Ende habe ich mich für das Ordensleben entschieden. Es war dieser Ruf Gottes, diese sehr starke Liebe, die ich während dieser Exerzitien spürte, die mich zu ihm hinzog und mich dazu brachte, auf das Leben zu verzichten, das ich mir für mich vorgestellt hatte.
Sie sagen, dass sie auf das Leben, das sie sich vorgestellt hatten, „verzichtet" haben. Ist Ihre Treue zu Christus mit Opfern verbunden?
Ich kann nicht sagen, dass sie mit Opfern verbunden ist, denn ich fühle mich erfüllt von diesem Leben, das ich schenke, das ich darbringe - und von den Gnaden, die ich im Gegenzug erhalte. Natürlich will ich nichts beschönigen, aber in Wirklichkeit ist ein Leben der Treue zu Gott, zu Christus, tatsächlich ein erfülltes Leben. Ich kann es nicht anders sagen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich Opfer bringe. Aber wie in jedem Leben gilt es auch hier, Verzicht zu üben. Man kann nicht alles leben, man kann nicht alles tun und man kann nicht alles wählen. Eine Entscheidung zu treffen, bedeutet zwangsläufig, auf etwas anderes zu verzichten.
Das Ordensleben ist schön, weil es vielfältig ist. Es gibt viele Gemeinschaften mit unterschiedlichen Charismen. Warum haben Sie sich für Unsere Liebe Frau von der Guten Hilfe entschieden?
Es war wirklich eine unerwartete Begegnung. Ich kam aus dem Lehrerberuf, und diese Kongregation, die auf die Pflege ausgerichtet ist, passte nicht wirklich zu mir. Als ich die Schwestern kennenlernte und ihnen zuhörte, wie sie von ihrem Sendungsauftrag erzählten, zog mich die Nähe an, die sie mit den Kranken zu Hause und in ihren Familien lebten, um Linderung zu bringen für die leidenden Glieder Christi.
Was würden Sie heute jungen Männern oder Frauen sagen, die über eine Lebensentscheidung nachdenken und die vielleicht auf der Suche nach Spiritualität, nach einem bestimmten Leben sind. Welchen Rat würden Sie ihnen geben?
Es ist sehr schwierig, Ratschläge und Hinweise zu geben, weil jeder seinen eigenen Weg geht. Ich mag den Satz aus dem Evangelium, der sagt: „Kommt und seht". Begegnet den Menschen, hört zu, beobachtet, dann nehmt ihr die Dinge wahr. Ich glaube, es geht wirklich um ein Leben, das in Christus verwurzelt ist - um einen tiefen Wunsch, in seiner Nachfolge zu leben, und um ein Leben im Dienst.
Fühlen Sie sich heute in Ihrer Lebenswahl, in Ihrem spirituellen und religiösen Leben, voll verwirklicht?
Ja, und das glaube ich wirklich. Durch die drei Grundpfeiler des Ordenslebens - das Gemeinschaftsleben, das Gebetsleben und das apostolische Leben - versucht man immer, das, was man ist, die eigene Persönlichkeit, zu vereinen und sich selbst zu verwirklichen, aber auch für andere offen zu bleiben. Es ist ein Leben der Hingabe, und von dem Moment an, in dem man sich selbst hingibt, ist man, glaube ich, erfüllt.
Schwester Aurélie Allouchéry, war es von Anfang an Ihre Berufung, an den Krankenbetten zu stehen?
Nein, das hat mich überhaupt nicht gereizt. Ich komme aus dem Schuldienst und dachte eher daran, im Erziehungsbereich zu bleiben und mich auf die Begleitung von Kindern zu spezialisieren. Aber die Begegnung mit den Schwestern Unserer Lieben Frau von der Guten Hilfe in Troyes hat meine Sichtweise verändert. Ich war mir sicher, dass ich auf diese Weise mein Bestes geben würde.
Das Gebetsanliegen des Papstes in diesem Monat gilt todkranken Menschen. Was bedeutet es, diese Menschen zu begleiten? Was geben Sie? Und was empfängt man?
Ich persönlich glaube, dass das, was wirklich in mir wohnt, die Gestalt des barmherzigen Christus ist. Jedes Mal, wenn ich am Bett eines Kranken stehe, ist das, was ich tue, wirklich eine Anrufung an den Geist, durch mich zu wirken, diese Gegenwart zu sein. Als Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist es also eine Gegenwart, die sich in einfachen Handlungen der Pflege verwirklicht. Die Tatsache, dass ich "bewohnt" bin, dass ich den Geist anrufe, erlaubt es mir, ganz präsent zu sein und den Herrn durch meine Gesten hindurchgehen zu lassen. Was die Begleitung am Ende des Lebens betrifft, so würde ich sagen, dass sie mit der Begleitung eines Kranken identisch ist, der gerade eine schwerwiegende Diagnose erhalten hat. Die Begleitung erfordert wirklich totale Präsenz und großes Zuhören.
Die Schwestern Unserer Lieben Frau von der Guten Hilfe sind in gewisser Weise der Ausdruck der Zärtlichkeit Marias gegenüber ihrem Sohn, der Zärtlichkeit einer Mutter. Wie kommt diese Zärtlichkeit in Ihrer Sendung zum Ausdruck?
Wenn ich zum Apostolat der Krankenpflege gekommen bin, dann gerade, um durch meine Gesten zu sprechen und diese Zärtlichkeit zu sein, die tröstet, die lindert und manchmal auch heilt. Nicht unbedingt in dem Sinne, in dem sie verstanden wird, aber sie tut gut. Die Mission der Schwestern Unserer Lieben Frau von der Guten Hilfe besteht darin, den Leib in die Arme zu schließen und ihm die nötige Pflege zukommen zu lassen, damit er seine Würde wiedererlangt und der Tempel, der unser Leib ist, geehrt wird.
(vaticannews)
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