D: 400 Menschen protestieren gegen Bistum Aachen - Bischof vor Ort
Die Protestveranstaltung unter dem Motto „Ein Grund sich zu schämen“ wurde vom Diözesanrat als Vertretung der katholischen Laien und von mehreren katholischen Verbänden unterstützt. Der Aachener Bischof Helmut Dieser nahm an der Veranstaltung teil und diskutierte mit Kritikern.
Auf Transparenten war zu lesen „Lass die Richter entscheiden“ oder „Verantwortung übernehmen“. Manfred Schmitz vom Betroffenenrat sagte, das Bistum habe lange eine Amtshaftung von sich gewiesen. Und nun sage es, es sei zu spät, Schmerzensgeldansprüche zu erheben. Er appellierte an die Diözese, sich auf außergerichtliche Verhandlungen mit den Missbrauchsopfern einzulassen.
Geht es um Geld oder um Betroffene?
Anita Zucchetto-Debour vom Diözesanrat forderte die Entscheidungsträger im Bistum auf, den Betroffenen mehr Gehör zu schenken. Eine Vertreterin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) verlangte, die Bistumsleitung müsse ihren moralischen Worten treu bleiben. Es sei der Eindruck entstanden, der Diözese gehe es um Geld und nicht um die Betroffenen.
Dieser, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte am Wochenende das Verhalten des Bistums vor Gericht verteidigt. Die Diözese müsse bei Schmerzensgeldklagen jeden Fall einzeln betrachten. In den beiden Fällen habe er die Entscheidung von zwei Gremien berücksichtigen müssen: des Vermögensrates und des Konsultorenkollegiums, das aus dem Domkapitel besteht. An deren Voten sei er als Bischof bei Rechtsgeschäften einschließlich Schmerzensgeldern von über 100.000 Euro gehalten.
Pfiffe gegen die Verjährung
Christof Wellens vom Vermögensrat im Bistum Aachen hatte erklärt, die Berufung auf Verjährung diene dazu, das Bistum vor nicht mehr aufklärbaren Forderungen zu schützen. Die Kläger seien in einem höheren Alter und hätten ausreichend Zeit gehabt, ihre Forderungen rechtzeitig geltend zu machen. Als bei der Kundgebung diese Aussage zitiert wurde, protestierten die Teilnehmenden mit Pfiffen dagegen.
Der Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für sexualisierte Gewalt im Bistum Aachen (UAK), der Soziologie-Professor Thomas Kron, kritisierte die Bistumsgremien. Die Betroffenen hätten eben nicht genügend Zeit gehabt, weil sie lange über den Missbrauch nicht hätten sprechen können.
Schlussstrich-Taktik?
Unterdessen kritisierte auch der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke das Bistum. Die Institution, die Aufklärung „durch Vertuschen über lange Zeit verzögert“ habe, fliehe mit einer „Schlussstrich-Taktik“ nun weiter vor der Verantwortung, sagte Lüdecke der „Rheinischen Post" (Dienstag).
Im Juli waren die Klagen der beiden Missbrauchsbetroffenen vom Landgericht Aachen abgewiesen worden. Beide Kläger wollen in Berufung gehen und beantragten beim Oberlandesgericht Köln Prozesskostenhilfe. Eine Entscheidung steht noch aus.
(kna - cs)
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