Vollversammlung ZdK 22/23. November 2024 Berlin Vollversammlung ZdK 22/23. November 2024 Berlin   (ZdK/Peter Bongard)

ZdK-Vollversammlung: Neues Leitbild verabschiedet

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat angesichts gesellschaftlicher Verunsicherung zum Einsatz für Demokratie aufgerufen. „Die politische Lage ist kritisch“, so das ZdK, das noch bis Samstag zu seiner Vollversammlung tagt. Dabei wurde auch das bereits seit zwei Jahren in Diskussion befindliche neue Leitbild des Laiengremiums verabschiedet.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (Zdk), Irme Stetter-Karp, hat dazu aufgerufen, sich verstärkt in Verbänden oder demokratischen Parteien zu engagieren. Die Ergebnisse der vergangenen Landtagswahlen hätten gezeigt, dass auch in Deutschland Populisten klar im Aufwind seien, sagte die Chefin des Katholiken-Komitees am Freitag in Berlin.

Zum Nachhören - was Thomas Söding vom ZdK sagt

Bei der Versammlung verabschiedeten die Laienvertreter einstimmig ein Papier, das vor der Neuwahl des Bundestags ein Plädoyer für Demokratie, Vielfalt und den Schutz von Menschenrechten enthält. „Die politische Lage ist kritisch“, wird darin festgestellt. Die Herausforderungen, denen sich die Menschen sowohl international als auch innenpolitisch gegenübersähen, seien so groß, dass es jetzt darauf ankomme, Unsicherheiten und wachsenden Ängsten „zu begegnen und beherzt zu handeln, indem Probleme gelöst werden“, heißt es in dem Papier.

Gegen „Verfinsterungsstimmung“

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warnte unterdessen vor einer Überzeichnung von Problemen „ins Apokalyptische hinein“. Es gebe eine Menge Probleme und riesige Herausforderungen. Eine Überdramatisierung sei aber kontraproduktiv. Christen müssten es schaffen, gegen eine solche „Verfinsterungsstimmung“ anzugehen und „Überwindungsräume“ für Ängste zu schaffen. Der SPD-Politiker ist Katholik und gehörte dem ZdK selbst viele Jahre an.

Thierse fuhr fort, er beobachte eine „eigentümliche Überzeichnung all der Probleme ins Apokalyptische“. Es gebe allerdings große Herausforderungen wie Migration, Pluralisierung der Gesellschaft, Künstliche Intelligenz und Klimawandel. Das müsse man ernst nehmen.

Bei der ZdK-Vollversammlung in Berlin
Bei der ZdK-Vollversammlung in Berlin

Neues Leitbild

Nach über zweijährigem Prozess wurde auch ein neues Leitbild für das höchste repräsentative Gremium des deutschen Laien-Katholizismus verabschiedet. Über dieses hätte bereits bei der letzten Vollversammlung im Mai entschieden werden sollen, allerdings hatte sich bei dieser Gelegenheit in der Diskussion zu großer weiterer Beratungsbedarf ergeben. 

Der Text markiert Selbstverständnis und Ziele des Laiengremiums und hält fest, dass das ZdK „die Anliegen der katholischen Gläubigen in Deutschland“ vertritt. Aus dem christlichen Glauben leite es den Auftrag ab, „aktuelle Themen aus Gesellschaft und Kirche“ aufzugreifen. „Positionen werden in transparenten, demokratischen Meinungsbildungsprozessen entwickelt.“

Für die katholische Kirche des dritten Jahrtausends seien Synodalität und Diakonie prägend, heißt es in dem Dokument weiter: „Synodalität realisiert sich in unserem gemeinsamen Beraten und Entscheiden mit den Bischöfen als Prinzip des kirchlichen Miteinanders. Mit dem Pontifikat von Papst Franziskus sind Wege in diese Richtung auch weltweit eröffnet.“

Mit dem neuen Leitbild begannen auch die Arbeiten an einer neuen Satzung für den katholischen Laienverband. Auch zu dieser seien erste Entscheidungen getroffen worden, hieß es aus Berlin. Unter anderem will das Zentralkomitee der deutschen Katholiken vor dem Hintergrund erstarkender extremistischer Positionen in der Gesellschaft künftig auch Mitglieder ausschließen können. Der Laien-Dachverband beschloss am Samstag auf seiner Vollversammlung in Berlin mit großer Mehrheit (94 Prozent), dass es in der ZdK-Satzung künftig eine Unvereinbarkeitsklausel geben soll. Offen ist noch die konkrete Ausgestaltung, über die bei der nächsten Vollversammlung im kommenden Mai in Paderborn weiter beraten werden sollte.

Gegen Diskriminierung von Migranten

Darüber hinaus wurde bei der Versammlung ein Antrag verabschiedet, in dem mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf vor einer zunehmenden Diskriminierung von Migranten gewarnt wird. Es sei zum Beispiel sachlich falsch und politisch nicht zielführend, Menschen mit Einwanderungsgeschichte für existierende und teils gravierende Probleme auf dem Wohnungsmarkt, in den Universitäten, Krankenhäusern und Arztpraxen verantwortlich zu machen, so das höchste repräsentative Gremium des Laien-Katholizismus in Deutschland.

„Wir verkennen nicht, dass Migration viele Kommunen vor große sozialpolitische Herausforderungen stellt“, heißt es in dem Antrag. Notwendig seien differenzierte und wirksame Konzepte im Umgang mit Erwerbsmigration, Fluchtmigration und Extremismusbekämpfung. Es sei unredlich, wenn Migration als Ursache für Missstände „vorgeschoben“ werde, anstatt in soziale Infrastruktur zu investieren.

Geregelte Verfahren

Eine Europäische Union, in der Geflüchtete kein Schutzgesuch mehr stellen könnten, wäre ein entsolidarisierter Ort, hieß es. Wenn ein Leben in Frieden und Freiheit etwa durch Kriege, Vertreibung und terroristische Angriffe nicht mehr im angestammten Land möglich sei, hätten diese Menschen das Recht, zu fliehen und in geregelten Verfahren ihren Anspruch auf Schutz geltend zu machen.

ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp kritisierte bei der Tagung auch den fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Abtreibungsregelung. Es dürfe keinen abgestuften Lebensschutz geben, wie ihn der Entwurf vorsehe, erklärte Stetter-Karp am Freitag in Berlin. Sie warnte davor, den Gesetzentwurf „in dieser unsicheren Lage im Eilverfahren zu verabschieden“.

Auf der Tagesordnung der Vollversammlung, die noch bis Samstag tagt, stand unter anderem auch ein Antrag, mit dem die katholischen Bistümer aufgefordert werden sollten, bei zivilrechtlichen Klagen von Missbrauchsbetroffenen darauf zu verzichten, Verjährung geltend zu machen. Auch dieser Antrag wurde mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen.

(pm/kna - cs)

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23. November 2024, 10:41