D: Keine Beratungsscheine
Die katholische Kirche in Deutschland bleibt auch künftig ihrer Linie treu: Beratungsscheine, die Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch sind, wird es von katholischen Beratungsstellen weiterhin nicht geben. Dies erklärte der Limburger Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“. „Ich glaube nicht, dass wir diese Debatte jetzt wieder öffnen“, sagte er und verwies auf eine Anordnung des Vatikans von vor 25 Jahren.
Damals hatte der Vatikan den katholischen Beratungsstellen untersagt, solche Scheine auszustellen, da dies als Mitwirkung an der Tötung eines ungeborenen Kindes verstanden werden könnte. Dies stellt die Kirche in ein moralisches Dilemma, räumte Bätzing ein. Gleichzeitig lobte er das bestehende Recht, das eine „Abwägung zwischen dem Recht der Frau auf Selbstbestimmung und der Tatsache, dass eine Abtreibung die Tötung eines Menschen ist“ ermögliche.
Lob für Donum Vitae
Besonders würdigte Bätzing die Arbeit katholischer Beratungsstellen und erwähnte dabei ausdrücklich den Verein Donum Vitae. Der 1999 von prominenten Katholiken gegründete Verein stellt entgegen der vatikanischen Vorgaben Beratungsscheine aus, um Frauen in Konfliktsituationen beizustehen. Innerkirchlich war dies lange umstritten, doch Bätzing betonte, dass Donum Vitae wichtige Arbeit leiste, die er schätze.
Kritik an Reformplänen
Deutliche Kritik äußerte Bätzing hingegen an geplanten Änderungen des Abtreibungsrechts in Deutschland. Der im Bundestag diskutierte Gesetzentwurf, der eine Abtreibung bis zum Ende des dritten Monats vollständig straffrei machen und in späteren Phasen aus dem Strafrecht herausnehmen will, sei „für uns nicht zustimmungsfähig“. Der Vorschlag stelle eine deutliche Veränderung der bisherigen Rechtsgrundlage dar und sei keine moderate Weiterentwicklung, wie es dargestellt werde.
Zudem kritisierte der Bischof die Eile, mit der die Reform vor den bevorstehenden Neuwahlen durchgesetzt werden solle.
Glaubwürdigkeitskrise der Kirche
Bätzing räumte ein, dass die katholische Kirche in der aktuellen Abtreibungsdebatte weniger Gehör finde als früher. Dies sei auch auf die andauernde Glaubwürdigkeitskrise infolge des Missbrauchsskandals zurückzuführen. „Man traut uns nicht zu, in diesem gesellschaftlich relevanten Diskurs einen wichtigen Beitrag liefern zu können“, so der Bischof.
Gleichzeitig betonte er, dass die Kirche gute Argumente vortragen müsse. „Wir müssen uns bewusst sachlich und differenziert an der aktuellen Debatte beteiligen“, sagte Bätzing und hob hervor, dass die Orientierung der Kirchen auch heute von vielen politischen Akteuren geschätzt werde.
(welt - mg)
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