Frühmesse: Als wollte Gott uns ein Wiegenlied singen
Mario Galgano - Vatikanstadt
Dabei ging er von der Tageslesung aus dem Buch des Propheten Jesaia (Jes 41, 13-20) und dem Antwortpsalm (Ps 145) aus, die beide die Güte Gottes preisen. Bei Jesaia werde Gott als Vater beschrieben, der gütig zu seinen Kindern spricht, so der Papst.
„Da wirkt unser Gott, als ob er uns ein Wiegelied vorsingen wolle. Unser Gott kann das. Seine Zärtlichkeit ist so: Er ist Vater und Mutter. Oft hat er uns gesagt: ,Und selbst wenn dich deine eigene Mutter vergessen sollte – ich vergesse dich nicht.‘ Er führt uns in sich hinein. Er ist der Gott, der sich mit diesem Dialog klein macht, um uns verstehen zu lassen und Vertrauen zu ihm zu schaffen. So können wir mit dem Mut des Apostel Paulus sagen: ,Vater, Abba‘. Das ist die Zärtlichkeit Gottes.“
Zwar kommt es auch vor, dass Gott uns „manchmal verprügelt“, schob der Papst mit einem brüsken Wechsel des Tonfalls ein. Aber insgesamt gelte, dass Gott sich uns voller Zärtlichkeit nähert. Das sei ein Geheimnis und gleichzeitig auch das Schönste, was es gebe:
Der Große wird klein, der Kleine wird groß
„Der große Gott macht sich klein, und in seiner Kleinheit endet nicht seine Größe. In diesem Gegensatz zwischen Groß und Klein, da finden wir die Zärtlichkeit Gottes: Der Große, der klein wird, und der Kleine, der groß wird. Da kommt mir ein Zitat … in den Sinn. Es lautet: ,Was ist göttlich? Was ist das Göttlichste? Sich nicht vor den großen Dingen zu fürchten, aber immer auf die kleinsten Dinge zu achten.‘ Das ist das Göttliche, beides zusammen.“
Der Papst schrieb dieses Zitat in seiner Predigt dem heiligen Thomas von Aquin zu, aber damit lag er wohl daneben. Es ist Hölderlin – ein von Franziskus sehr geschätzter und schon wenige Tage nach seinem Amtsantritt auf Deutsch zitierter Dichter –, der seinem Briefroman „Hyperion“ das Motto voranstellte: „Nicht umschlossen werden vom Größten – sich umschließen lassen vom Kleinsten, das ist göttlich.“ Ein angeblicher, nicht tatsächlicher Grabspruch des hl. Ignatius von Loyola.
Wie dem auch sei – Franziskus ermunterte seine Zuhörer in Santa Marta dazu, sich voller Vertrauen an Gott zu wenden: Gott als Vater, mehr noch, als Papa.
„Habe ich den Mut, mit dem Herrn so zu sprechen, oder habe ich Angst davor? Jeder soll für sich selber antworten. Da kann jetzt aber einer fragen: Wo befindet sich denn die theologische Ebene der göttlichen Zärtlichkeit? Wo kann man am besten diese Zärtlichkeit vorfinden? Wo zeigt sich diese Zärtlichkeit Gottes am besten? Die Antwort lautet: die Wundmale. Meine Wundmale, deine Wundmale, also wenn sich meine Wundmale mit seinen Wundmalen treffen. Wir sind durch diese Wundmale geheilt worden.“
Und dann erinnerte der Papst noch an das Gleichnis vom guten Samariter. Da habe es einer gewagt, sich zu einem Verletzten herab zu beugen und seine Wundmale zu reinigen. Dort, genau dort befinde sich die „theologische Ebene“ der Zärtlichkeit Gottes, und deshalb solle jeder Christ sagen: ,Ich will deine Wundmale reinigen‘.
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