Suche

Papst Franziskus, hier bei seiner Generalaudienz Papst Franziskus, hier bei seiner Generalaudienz 

„Wie ein Fahrrad mit platten Reifen“: Papstrede über Arbeit

Einmal mehr hat Papst Franziskus mit Nachdruck würdige Arbeit für alle gefordert. In einer Videobotschaft an die Sozialwoche der italienischen Kirche – sie begann an diesem Donnerstag in Cagliari auf der Insel Sardinien – lobte er das diesjährige Motto: „Wir wollen freie, kreative, solidarische Arbeit“.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Ja, genau darum gehe es, sagte Franziskus, der in jungen Jahren, vor seiner Priesterweihe, u.a. als Laborassistent gearbeitet hat. Denn Arbeit sei nicht gleich Arbeit: „Es gibt Arbeiten, die nicht würdig sind. Arbeiten, die die Würde des Menschen demütigen. Etwa das Bauen von Waffen für den Krieg, der Verkauf des eigenen Körpers in der Prostitution, die Ausbeutung von Minderjährigen. Auch Schwarzarbeit verletzt die Würde des Arbeitenden – oder Arbeit, die Frauen diskriminiert und Menschen mit Behinderung nicht einschließt. Auch Arbeit ohne richtigen Vertrag ist eine offene Wunde für viele Arbeiter… Das ist unmoralisch! Das tötet. Es tötet die Würde, es tötet die Gesundheit, es tötet die Familie, es tötet die Gesellschaft. Schwarzarbeit und prekäre Arbeit töten!“

Mit Bedacht lehnte sich der Papst bei diesen Formulierungen an den bekanntesten Satz aus Evangelii Gaudium an: „Diese Wirtschaft tötet“, hatte er in seiner Programmschrift vom Herbst 2013 geschrieben. Franziskus fuhr fort, die Soziallehre der katholischen Kirche sei mit der Enzyklika Rerum novarum Leos XIII.‘ von 1891 entstanden, „um die Arbeiter vor Ausbeutung zu schützen, um Kinderarbeit und 12-Stunden-Tage zu bekämpfen“. Heute stehe die Kirche an der Seite der Arbeitslosen und sage ihnen: „Verliert nicht den Mut! Das sage ich vor allem den Menschen in Süditalien, wo es mehr Probleme gibt. Die Kirche setzt sich für eine Wirtschaft im Dienst am Menschen ein, die die Ungleichheiten reduziert und die Arbeit für alle zum Ziel hat.“

Damit kam der Papst auf die Weltwirtschaftskrise zu sprechen: Begonnen habe sie als Finanzkrise, dann sei sie „zu einer Wirtschafts- und Beschäftigungskrise geworden“. „Die Krise im Bereich Arbeitsplätze ist eine soziale, aber auch eine Umweltkrise. Das Wirtschaftssystem zielt auf Konsum, ohne sich um die Würde der Arbeit und den Schutz der Umwelt weiter zu kümmern. Aber das ist ein bisschen so, wie wenn man Fahrrad mit platten Reifen fährt – es ist gefährlich. Die Würde und der Schutz werden verletzt, wenn der Arbeiter nur als eine Zeile in der Kostenbilanz erscheint, wenn der Schrei der an den Rand Gedrängten ignoriert wird. Das gilt auch für die öffentliche Verwaltung: Bei Ausschreibungen berücksichtigt sie oft das billigste Gebot, ohne an die Würde der Arbeit oder an die Umwelt- und die steuerliche Verantwortung der Unternehmen zu denken. Sie glauben, dass das billig und effizient ist, aber sie verraten damit ihre soziale Mission im Dienst an der Gemeinschaft!“

Zwar gebe es auch „Zeichen der Hoffnung“, versicherte der Papst, doch insgesamt war seine Diagnose düster. Nicht alle Güter dürften Handelsware sein, und die Gemeinschaft müsse wichtiger sein als die Konkurrenz untereinander. „Konkurrenz: Hier haben wir die Krankheit der Meritokratie…“ An erster Stelle müsse unbedingt immer „das Wohl des Menschen und die Sorge für das gemeinsame Haus“ – also für die Umwelt – stehen.

Die technologische Innovation muss vom Gewissen und von den Prinzipien der Subsidiarität und der Solidarität geleitet werden. Der Roboter muss ein Werkzeug bleiben, er darf nicht das Idol einer Wirtschaft in den Händen der Mächtigen werden, er muss dem Menschen und dessen Bedürfnissen dienen. Das Evangelium lehrt uns, dass der Herr auch mit den Arbeitern gerecht umgeht, die erst in letzter Stunde dazu gestoßen sind; alle haben ein Anrecht auf einen Lohn, der ihnen zu leben erlaubt.“

Auch das Thema Migranten vergaß der Papst in seiner Videobotschaft nicht: Ihre Aufnahme im Gastland sei erst dann „wirklich geglückt“, wenn sie auch in den Arbeitsmarkt integriert seien.

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

26. Oktober 2017, 11:20