Papst lobt Bangladesch für Aufnahme von Rohingya
Das Wort „Rohingya“ vermied Franziskus wie bereits in Myanmar, dem Herkunftsland der Flüchtlinge, das die Angehörigen der muslimischen Minderheit mit Gewalt über die Grenze nach Bangladesch gedrängt hatte.
Großzügigkeit und Solidarität seien „zwei charakteristische Merkmale für die Gesellschaft Bangladeschs“, sagte der Papst am Donnerstag vor rund 400 Politikern, Religionsführern, Vertretern des öffentlichen Lebens und Diplomaten in Dhaka. Diese Haltung habe sich besonders im Umgang mit den „großen Strömen von Flüchtlingen“ gezeigt, Bangladesch habe den Menschen „vorläufige Unterkunft gegeben und sie mit den lebensnotwendigsten Dingen versorgt. Dieses Ergebnis wurde mit nicht geringem Opfer erreicht und vor den Augen der ganzen Welt vollbracht.“
Eindringlich verwies der Papst an dieser Stelle auf die ernste Lage der Zehntausenden, „hauptsächlich Frauen und Kinder, die sich in den Flüchtlingslagern drängen“. Die internationale Gemeinschaft rief er dazu auf, das wirtschaftlich arme Bangladesch in dieser Lage materiell nicht allein zu lassen. Es brauche „entscheidende Maßnahmen“ durch die Staatengemeinschaft, mahnte der Papst. Überdies müsse daran gearbeitet werden, „die politischen Fragen zu lösen, die zur Verschiebung von Menschenmassen geführt haben“.
In Bangladesch flammte in den vergangenen Jahren gelegentlich Gewalt gegen Katholiken auf: Häuser von Katholiken wurden in Brand gesteckt, ein Extremist attackierte einen Priester während der Messe mit dem Messer. Dennoch gilt das Zusammenleben der Religionen in dem 160-Millionen-Einwohnerland im Großen und Ganzen als gut, was der Papst ausdrücklich würdigte. „Bangladesch ist bekannt für die traditionelle Eintracht zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen“, sagte Franziskus. „Dieses Klima gegenseitigen Respekts und eines zunehmenden interreligiösen Dialogs erlaubt es den Gläubigen, ihre tiefsten Überzeugungen über die Bedeutung und das Ziel des Lebens frei zu äußern.“
Franziskus präsentierte einen solchen Grad von Religionsfreiheit im drittgrößten muslimischen Land der Welt als Modell für andere Länder und Gesellschaften. „In einer Welt, in der die Religion oft – es ist skandalös – missbraucht wird, um Spaltung zu schüren, ist ein solches Zeugnis für ihre Versöhnung und Einheit stiftende Kraft mehr denn je notwendig.“ Und Franziskus verwies auf die geschlossene Reaktion von Religionsführern in Bangladesch, als letztes Jahr bei einem islamistischen Attentat in Dhaka Dutzende Menschen starben: Die religiösen Würdenträger sandten „die klare Botschaft, dass der heiligste Name Gottes niemals angerufen werden kann, um Hass und Gewalt gegen andere Menschen, unsere Mitmenschen zu rechtfertigen“.
Im ersten Teil seiner Rede an die Politiker und die Diplomaten in Bangladesch hatte der Papst an die Gründungsvision des jungen Landes erinnert, das 1971 durch Teilung von Pakistan entstanden war. Der erste Präsident, Scheich Mujibur Rahman, habe eine moderne, pluralistische und inklusive Gesellschaft vor Augen gehabt, „in der jeder Mensch und jede Gemeinschaft in Freiheit, Frieden und Sicherheit leben kann und in der die angeborene Würde und die Gleichheit der Rechte aller respektiert werden“. Das Wohl und die Zukunft dieser jungen Demokratie hingen nach wie vor von diesen Zielen ab, so der Papst, und er mahnte Bangladesch zu Einheit und zum Engagement für Arme.
„In der Tat kann ein Volk nur durch den ehrlichen Dialog und die Achtung der legitimen Verschiedenheit die Spaltungen versöhnen, einseitige Sichtweisen überwinden und die Gültigkeit abweichender Standpunkte anerkennen. Da der echte Dialog in die Zukunft blickt, baut er die Einheit im Dienst am Gemeinwohl auf und achtet auf die Bedürfnisse aller Bürger, besonders der Armen, der Benachteiligten und derer ohne Stimme.“
Die Katholiken – sie machen nur 2,5 Promille der Bevölkerung Bangladeschs aus – versuchten, bei der Entwicklung des Landes zu helfen, sagte der Papst und verwies auf Schulen und Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft. Die katholische Kirche betreibt in Bangladesch mehr als 50 Schulen und vier Universitäten, die sämtlich zu den besten Bildungseinrichtungen des Landes zählen. Was sie alle auszeichnet, ist, dass an ihnen, wie der Papst sagte, ein Großteil der Kinder und Studierenden keine Christen sind. „Ich bin gewiss, dass die katholische Gemeinde im Einklang mit dem Wortlaut und dem Geist der nationalen Verfassung weiter die Freiheit genießen wird, diese guten Werke als Ausdruck ihres Einsatzes für das Gemeinwohl fortzuführen“, so Franziskus.
Vor der Begegnung mit den Politikern und Diplomaten im Präsidentenpalast von Dhaka hatte Präsident Abdul Hamid mit Papst Franziskus unter vier Augen gesprochen. Hamid hatte den Gast aus Rom bereits am Flughafen in Empfang genommen.
(rv 30.11.2017 gs)
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