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Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Frau bei Papst Franziskus Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Frau bei Papst Franziskus 

Papst empfängt Österreichs Staatsoberhaupt Van der Bellen

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat an diesem Donnerstag Papst Franziskus im Vatikan besucht.

Der seit zehn Monaten amtierende Präsident tauschte sich mit dem Kirchenoberhaupt über gesellschaftliche und auch europäisch bedeutsame Fragen wie Migration und Armut aus, sagte Van der Bellen nach der Begegnung im Vatikan vor Journalisten. Einig sei man sich auch gewesen über die Bedeutung der Sorge für die Schöpfung, das Nein zur Todesstrafe, über Gewaltfreiheit als politische Methode sowie über das Verbot von Atomwaffen. Wie Van der Bellen vermerkte, war Österreich bei der UNO federführend, um diesen Beschluss auf den Weg zu bringen, „ironischerweise hat der Vatikan als zweiter Staat schon ratifiziert, Österreich noch nicht, obwohl Österreich das maßgeblich betrieben hat.“

Beeindruckt zeigte sich der frühere Grünen-Politiker Van der Bellen, der selbst keiner Religionsgemeinschaft angehört, „von den Aktivitäten, Einsichten, Reden“ des Papstes, ganz besonders aber auch von seiner Art zu kommunizieren.

„Eine Art von Spiritualität, die einen merken lässt, wie man das vermisst hat über die Jahre und Jahrzehnte“

„Da können wir als Politiker sehr viel lernen“, sagte der Präsident. Franziskus sei hochintelligent, spreche aber nicht nur den Intellekt an. Er suche Formulierungen und Bilder, „die direkt ins Herz gehen“ und vermittle „eine Art von Spiritualität, die, wenn man sie dann erlebt, einen merken lässt, wie man das vermisst hat über die Jahre und Jahrzehnte.“

Auch der Vatikan berichtete im Anschluss an die Audienz von „herzlichen Gesprächen" Van der Bellens mit dem Papst, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und dem vatikanischen „Außenminister" Erzbischof Paul Gallagher, bei denen die „guten Beziehungen und die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl und Österreich hervorgehoben" worden sei.

 Auf die Frage, ob er den Papst eher als Politiker oder als moralische Größe sehe, sagte Van der Bellen:

„Es ist bekannt, dass ich nicht katholisch getauft bin, insofern sehe ich ihn als hochinteressanten und wichtigen Repräsentanten, wenn Sie so wollen, einer moralischen, ethischen, humanistisch orientierten Institution. Es ist enorm wichtig, dass es so jemanden gibt auf der Welt, der politisch so gut wie keine eigenen Interessen vertritt. Wenn er nach Myanmar und Bangladesch fährt, hat er dort keine eigenen Interessen, und das macht ihn umso wichtiger dort.“

„Es ist enorm wichtig, dass es so jemanden gibt auf der Welt, der politisch so gut wie keine eigenen Interessen vertritt“

Van der Bellen hat Franziskus auch nach Österreich eingeladen, rechnet aber angesichts der päpstlichen Reisepolitik nicht mit einem Besuch in der Alpenrepublik. „Wir würden uns sehr freuen, aber wir verstehen, dass seine Prioritäten jetzt nicht auf einem Land der EU liegen, dem es im Prinzip ökonomisch und sozial gut geht, verglichen mit vielen anderen Ländern.“

Österreich hat 2015 im Zug der Syrienkrise zahlreiche Flüchtlinge und Migranten aufgenommen, so viele wie außer Schweden kein anderes Land Europas. Politisch vollzog Österreich danach einen deutlichen Rechts-Schwenk. Darüber habe er mit dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gesprochen, sagte Van der Bellen, und ihm gegenüber „offen geschildert, ganz verstehe ich die Situation in Österreich nicht: wir hatten 2015 echte Probleme, was die Unterbringungen, die ganze Organisation der Lage betrifft, wir hatten 2016 weniger als die Hälfte der Asyl-Bewerber, und 2017 wieder weniger als die Hälfte der Ansuchenden wie 2016, sodass mit einer für mich merkwürdigen Zeitverzögerung hier die Sorgen und Ängste eine größere Rolle spielen als zur Zeit der echten Krise 2015. Das ist ein interessantes Phänomen für mich.“

Als Gastgeschenk überreichte der Präsident dem Papst unter anderem Schwarzbrot aus Tirol. „Das müsste man jetzt brechen und teilen”, bemerkte Franziskus scherzhaft, ehe er seinerseits dem Präsidenten eine Sammlung seiner drei großen Schriften „Evangelii Gaudium“, „Laudato Si“ und „Amoris Laetitia“ verehrte. Zu Beginn seiner Unterhaltung mit Van der Bellen entschuldigte Franziskus sich auf Deutsch dafür, dass er einen Dolmetscher brauche; diesen Dienst übernahm, wie bei Staatsbesuchen üblich, ein Priester aus dem Staatssekretariat, in diesem Fall Winfried König, Leiter der deutschsprachigen Abteilung.

Zur Delegation des österreichischen Staatsoberhauptes gehörte auch der Künstler Andre Heller. Die Ehefrau des Präsidenten, Doris Schmidauer, verzichtete bei der Audienz mit Franziskus auf den schwarzen Schleier, den Gattinnen von Staatsoberhäuptern bei päpstlichen Privataudienzen üblicherweise tragen. Man habe sich vorab erkundigt: Papst Franziskus lege auf diesen Punkt des Protokolls keinen Wert, sagte Van der Bellen.

(rv 16.11.2017 gs)

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16. November 2017, 10:40