Papst: „Theologie macht man miteinander, nicht gegeneinander“
Anne Preckel - Vatikanstadt
Die italienische Theologen-Vereinigung „Associazione Teologica Italiana“ (ATI) feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen; heute gehören ihr über 330 Theologen und Theologinnen an. Der Papst empfing Vertreter der Vereinigung an diesem Freitag im Vatikan in Audienz. Der gemeinschaftliche Stil sei grundlegender Teil theologischen Suchens, bekräftigte er in seiner Ansprache:
„Denn man kann nicht denken, der Wahrheit eines Gottes der Liebe und ewigen Gemeinschaft des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes (…) zu dienen, wenn man das auf individualistische, partikuläre Weise tut – oder, schlimmer noch, mit einer Logik der Konkurrenz. Die theologische Forschung ist notwendig eine persönliche Suche, doch eine Suche von Mitgliedern einer theologischen Gemeinschaft, die so groß wie möglich ist und zu der sich alle wirklich zugehörig fühlen, einbezogen in solidarischen Beziehungen und auch echter Freundschaft. Das ist kein Zubehör der Theologie!“
Kreative Treue
Der Papst rief die Theologen und Theologinnen dazu auf, das Zweite Vatikanische Konzil bei ihrer Arbeit als Referenzpunkt zu nehmen. Mit „kreativer Treue“ sollten sie sich darum bemühen, die Glaubensbotschaft für die Welt von heute authentisch aufzubereiten. Auch heute erweise die Theologie der Kirche einen kostbaren Dienst. Gleichwohl seien akademische Kurse für einen authentischen Glauben nicht zwingend notwendig, erinnerte der Papst:
„Es gibt einen Sinn für die Realitäten des Glaubens, der dem ganzen Gottesvolk gehört, auch jenen, die keine besonderen intellektuellen Mittel haben, um das auszudrücken. Diesem Empfinden muss man zuhören, man muss es erforschen. Und es gibt auch sehr einfache Menschen, die diese ,Augen des Glaubens‘, diesen Blick, zu schärfen verstehen. Es ist dieser lebendige Glaube des heiligen und treuen Gottesvolkes, dem sich jeder Theologe zugehörig fühlen und von dem er sich auch unterstützt, transportiert und umarmt fühlen sollte.“
Eine notwendige theologische Durchdringung des Glaubens stehe dazu in keinem Widerspruch, hielt der Papst fest. In der heutigen Zeit müsse Theologie vor allem einer „Kirche im missionarischen Aufbruch“ dienen, die den Menschen „das Zentrum und den tiefsten Kern des Evangeliums“ vor Augen führe. Die theologische Forschung sei heute eine „Aufgabe der Wesentlichkeit“, formulierte der Papst. Sie sei „im Zeitalter der Komplexität und eines beispiellosen wissenschaftlichen und technischen Fortschrittes“ sowie angesichts drohender Verfälschungen bei der Glaubensweitergabe unerlässlich.
„Damit die Kirche den Frauen und Männern von heute das Zentrum des Evangeliums weiter nahebringen kann, damit die Glaubensbotschaft wirklich die Menschen in ihrer Einzigartigkeit erreicht und die Gesellschaft in all ihren Dimensionen durchdringt, ist die Aufgabe der Theologie unabdingbar – mit ihrem Bemühen, die großen Themen des christlichen Glaubens innerhalb einer zutiefst verwandelten Kultur neu zu denken.“
Mit anderen Disziplinen Dialog aufsuchen
Papst Franziskus ermutigte die Glaubensforscher, sich in Dialog mit anderen Disziplinen und mit Vertretern anderer Kirchen zu begeben. Themenfelder und Debatten, zu denen Theologen einen wertvollen Beitrag leisten könnte, seien zum Beispiel ökologische Fragen und Entwicklungen in den Neurowissenschaften und der Bioethik, aber auch gesellschaftliche Missstände wie die immer größer werdende soziale Ungleichheit und die globalen Migrationsbewegungen mit all ihren Herausforderungen.
Wesentlich für die Theologie sei das Staunen, fügte der Papst dann in freier Rede an: „Das Staunen, das uns zu Christus bringt, Theologie staunend betreiben.“ Und weiter rief er dazu auf: „Theologie auf Knien betreiben, wie die großen Kirchenväter! Sie dachten, beteten, beteten an… das ist die starke Theologie, Fundament der gesamten theologischen Entwicklung des Christentums.“ Und schließlich sagte der Papst: „Theologie in der Kirche betreiben, im heiligen treuen Gottesvolk, das – und hier benutze ich ein nicht-theologisches Wort – den ,Riecher‘ des Glaubens besitzt, diesen sensus fidei, der im Glauben nicht irren kann.“
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