Die Homilie bei der Marienandacht
Liebe Brüder und Schwestern,
Ich danke Erzbischof Héctor Miguel für seine Willkommensworte im Namen des ganzen pilgernden Gottesvolkes des Umlandes.
Auf diesem schönen und historischen Platz von Trujillo, das Träume der Freiheit für alle Peruaner angeregt hat, kommen wir heute zusammen, um der „lieben Mutter von Otuzco“ zu begegnen. Ich weiß um die vielen Kilometer, die viele von euch zurückgelegt haben, um uns heute hier unter dem Blick der Mutter zu versammeln. Dieser Platz verwandelt sich so zu einem Heiligtum unter freiem Himmel, in dem wir uns alle von der Mutter anschauen lassen wollen, von ihrem mütterlichen und zärtlichen Blick. Die Mutter, die das Herz der Nordperuaner und der Menschen so vieler anderer Orte kennt; sie hat eure Tränen, euer Lachen, eure Sehnsüchte gesehen. Auf diesem Platz wollen wir das Gedächtnis eines Volkes begehen, das darum weiß, dass Maria Mutter ist und ihre Kinder nicht verlässt.
Dieses Haus ist besonders festlich geschmückt. Wir sind von Bildern umgeben, die von den verschiedenen Gebieten dieser Region hierher gebracht wurden. Zusammen mit der Unbefleckten Jungfrau von der Pforte aus Otuzco grüße ich und heiße willkommen: das Heilige Kreuz von Chalpón aus Chiclayo, den Gefangenen Herrn aus Ayabaca, Unsere Liebe Frau vom Loskauf der Gefangenen aus Paita, das Wunderbare Jesuskind von Etén, die Schmerzensmutter aus Cajamarca, Mariä Himmelfahrt aus Cutervo, die Unbefleckte Empfängnis aus Chota, Unsere Liebe Frau von Alta Gracia aus Huamachuco, den heiligen Turibio von Mongrovejo aus Tayabamba (Huamachuco), Maria Aufgenommen in den Himmel aus Chachapoyas, Mariä Himmelfahrt aus Usquil, Maria Hilf aus Huanchoco und die Reliquien der Märtyrer der Franziskanerkonventualen aus Chimbote.
Jede Gemeinschaft, jeder Winkel dieses Landes wird vom Antlitz eines Heiligen begleitet, von der Liebe zu Jesus Christus und zu seiner Mutter. Und bedenken wir: Überall, wo es Gemeinschaft gibt, wo es Leben und Herzen in sehnsüchtiger Suche nach Gründen zur Hoffnung, zum Singen, zum Tanz, zu einem würdigen Leben gibt ..., überall dort ist der Herr; überall dort begegnen wir seiner Mutter und auch dem Beispiel vieler Heiliger, die uns helfen, in der Hoffnung froh zu bleiben.
Mit euch danke ich für das Zartgefühl unseres Gottes. Er sucht die beste Art und Weise, sich einem jeden von uns zu nähern, damit wir ihn aufnehmen können. Daher kommen die vielen verschiedenen Anrufungen. Sie bringen die Sehnsucht unseres Gottes zum Ausdruck, einem jeden Herzen nahe sein zu wollen, so dass die Sprache der Liebe Gottes immer im Dialekt gesprochen wird; es gibt keine andere Weise, dies zu tun; und darüber hinaus flößt es Hoffnung ein zu sehen, wie die Mutter die Züge ihrer Kinder, ihre Kleidung, ihren Dialekt annimmt, um ihnen Anteil an ihrem Segen zu geben. Maria wird immer eine Mestizenmutter sein, weil in ihrem Herzen alle Ethnien Platz finden, weil die Liebe alle Mittel sucht, um zu lieben und geliebt zu werden. All diese Bilder erinnern uns an die Zärtlichkeit, mit der Gott jedem Dorf, jeder Familie, dir, dir und mir und allen nahe sein will.
Ich weiß um die Liebe, die ihr zur Unbefleckten Jungfrau von der Pforte aus Otuzco habt, die ich heute zusammen mit euch zu Unserer Lieben Frau von der Pforte, „Mutter der Barmherzigkeit und der Hoffnung“ erklären möchte.
Die „Kleine Jungfrau“ hat in den vergangenen Jahrhunderten ihre Liebe für die Kinder dieses Landes gezeigt, als sie über einem Tor aufgestellt wurde und sie angesichts der besorgniserregenden Bedrohungen verteidigte und beschützte. So erweckte sie die Liebe aller Peruaner bis zum heutigen Tag.
Sie verteidigt uns weiter und zeigt uns die Pforte, die uns den Weg zum authentischen Leben eröffnet, zum Leben, das nicht verwelkt. Sie ist diejenige, die jedes von ihren Kindern begleiten kann, um es zurück nach Hause zu bringen. Sie begleitet und führt uns bis zur Pforte, die Leben gibt, weil Jesus nicht will, dass jemand draußen bleibt, dem Unwetter ausgesetzt. So begleitet er die »Sehnsucht vieler, zum Haus des Vaters zurückzukehren, der schon auf ihr Kommen wartet«[1] und oftmals nicht wissen, wie sie zurückkehren sollen. Der heilige Bernhard sagte: »Wenn du erfährst, dass dieses Erdenleben mehr ein Dahintreiben in Wellen, Wind und Wetter ist als ein Dahinschreiten auf festem Land: […] blick auf zum Stern, ruf zu Maria!«[2] Sie zeigt uns den Weg nach Hause, sie führt uns zu Jesus, der die Pforte der Barmherzigkeit ist; sie lässt uns bei ihm, sie verlangt nichts für sich selbst, sie führt uns zu Jesus.
2015 hatten wir die Freude, das Heilige Jahr der Barmherzigkeit zu feiern. Ein Jahr, in dem ich alle Gläubigen einlud, durch die Pforte der Barmherzigkeit zu gehen: »Wer durch diese Pforte hindurchschreitet, – so habe ich geschrieben – kann die tröstende Liebe Gottes erfahren, welcher vergibt und Hoffnung schenkt«.[3] Und ich möchte nun zusammen mit euch den gleichen Wunsch wiederholen: »Wie sehr wünsche ich mir, dass die kommenden Jahre durchtränkt sein mögen von der Barmherzigkeit und dass wir auf alle Menschen zugehen und ihnen die Güte und Zärtlichkeit Gottes bringen!«[4]. Wie sehr wünsche ich mir, dass dieses Land, das sich an die Mutter der Barmherzigkeit und der Hoffnung klammert, die Güte und die Zärtlichkeit Gottes überall hinbringen und verbreiten kann. Denn, liebe Brüder und Schwestern, es gibt keine größere Medizin zur Heilung so vieler Wunden als ein Herz, das zur Barmherzigkeit fähig ist, ein Herz, das Erbarmen mit dem Schmerz und dem Unglück empfinden kann, mit den Fehlern und der Sehnsucht vieler, aufzustehen, ohne jedoch zu wissen, auf welche Weise.
Das Erbarmen ist am Werk, denn »wir haben gelernt, dass Gott sich uns zuneigt (vgl. Hos 11,4), damit auch wir ihn nachahmen können, wenn wir uns unseren Brüdern und Schwestern zuneigen«[5], denen, die am meisten leiden. Geben wir wie Maria auf diejenigen Acht, die den Wein der Fröhlichkeit nicht haben, so wie es bei der Hochzeit zu Kana geschah.
Wenn wir auf Maria schauen, möchte ich nicht schließen, ohne euch einzuladen, an alle Mütter und Großmütter dieses Landes zu denken; sie sind eine wahre Triebkraft für das Leben und die Familien von Peru. Was wäre Peru ohne die Mütter und die Großmütter, was wäre unser Leben ohne sie! Die Liebe zu Maria muss uns helfen, Haltungen der Anerkennung und der Dankbarkeit für die Frau, für unsere Mütter und Großmütter hervorzubringen, die eine Bastion im Leben unserer Städte sind. Fast immer im Stillen bringen sie das Leben voran. Es ist die Stille und die Kraft der Hoffnung. Danke für euer Zeugnis.
Anerkennen und danken; aber mit Blick auf die Mütter und Großmütter möchte ich euch einladen, gegen eine Plage zu kämpfen, die unseren amerikanischen Kontinent heimsucht: die zahlreichen Fälle von Frauenmord. Und es sind unzählige Situationen von Gewalt, die hinter so vielen Mauern totgeschwiegen werden. Ich lade euch ein, gegen diese Quelle des Leidens zu kämpfen, indem ihr eine Gesetzgebung und eine Kultur der Ablehnung jeder Form von Gewalt fördert.
Brüder und Schwestern, die Unsere Liebe Frau von der Pforte, Mutter der Barmherzigkeit und der Hoffnung, zeigt uns den Weg und weist uns auf die beste Verteidigung gegen das Übel der Gleichgültigkeit und Herzlosigkeit hin. Sie führt uns zu ihrem Sohn und so lädt sie uns ein, eine »Kultur der Barmherzigkeit wachsen zu lassen, die darauf gründet, die Begegnung mit den anderen wiederzuentdecken: eine Kultur, in der niemand mit Gleichgültigkeit auf den anderen schaut, noch den Blick abwendet, wenn er das Leid der Mitmenschen sieht«.[6] Die Jungfrau Maria gewähre euch diese Gnade.
[Gebet]
[Akt des Anvertrauens an die „Kleine Jungfrau”]
[1] Apostolisches Schreiben Misericordia et misera zum Abschluss des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit (20. November 2016), 16.
[2] Hom. II super »Missus est«, 17: PL 183, 70.
[3] Bulle Misericordiae vultus (11. April 2015), 3.
[4] Ebd., 5.
[5] Apostolisches Schreiben Misericordia et misera zum Abschluss des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit (20. November 2016), 16.
[6] Ebd., 20.
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