Papst: „Nicht immer nur aufs Handy schauen“
Stefan von Kempis - Vatikanstadt
„Es möge nicht geschehen, dass man mehr auf den Bildschirm des Handys schaut als auf die Augen des Bruders.“ Das sagte der Papst am Freitagabend bei einer Messe zum Welttag des Gott geweihten Lebens im Petersdom.
Natürlich richtete sich die Predigt vor allem an Ordensleute und an Mitglieder von geistlichen Gemeinschaften – aber was Franziskus zum „hektischen Leben“ von heute sagte, dürfte auch viele einfache Katholiken angehen.
„Das hektische Leben von heute führt dazu, viele Türen für die Begegnung zu schließen, oftmals aus Angst vor dem anderen. Immer offen bleiben nur die Türen der Einkaufszentren und der Netzverbindungen. Im gottgeweihten Leben (wir können ergänzen: im Leben eines Christen überhaupt) soll es hingegen nicht so sein: Der Bruder und die Schwester, die Gott mir gibt, sind Teil meiner Geschichte, sie sind Gaben, die bewahrt werden müssen. Es möge nicht geschehen, dass man mehr auf den Bildschirm des Handys schaut als auf die Augen des Bruders…“
Auch auf „Programme“ solle man sich bitte nicht stärker verlassen als auf den Herrn. „Denn wenn man die Projekte in den Mittelpunkt stellt, die Techniken und die Strukturen, hört das gottgeweihte Leben auf anzuziehen und vermittelt nichts mehr; es blüht nicht, weil es das vergisst, was es „unter der Erde hat“, also die Wurzeln.“
Franziskus, von Haus aus Jesuit, ist der erste Ordensmann seit Jahrzehnten auf dem römischen Bischofsstuhl. Dass am Fest der Darstellung Jesu im Tempel aber gleichzeitig der kirchliche Welttag des geweihten Lebens begangen wird, ist nicht ihm zu verdanken, sondern seinem Vor-Vorgänger Johannes Paul II. Der heilige Papst aus Polen legte den Welttag 1997 auf Mariä Lichtmess – den Tag also, an dem das Evangelium von den ordensleuten-ähnlichen Figuren Simeon und Hanna im Tempel von Jerusalem erzählt. Der Hymnus des Simeon, den das Evangelium dieses Tages aufführt, gehört zur Komplet, dem vor allem von Ordensgemeinschaften gebeteten Nachtgebet der Kirche.
„Vierzig Tage nach Weihnachten feiern wir den Herrn, der durch den Eintritt in den Tempel seinem Volk entgegengeht. Im christlichen Orient wird dieses Fest gerade deshalb „Fest der Begegnung“ genannt: Es ist die Begegnung zwischen dem göttlichen Kind, das Neuheit bringt, und der Menschheit in Erwartung, die von den Alten im Tempel dargestellt wird.“
„Die Alten empfangen von den Jungen, die Jungen schöpfen von den Alten“, so der Papst weiter. Josef und Maria fänden an diesem Tag im Tempel unverhofft zu den Wurzeln des Glaubens. Denn „der Glaube (ist) nicht ein Begriff, den man aus einem Buch lernt, sondern die Kunst, mit Gott zu leben. Man erlernt sie man aus der Erfahrung dessen, der uns auf dem Weg vorausgegangen ist. So finden die zwei jungen Menschen in ihrer Begegnung mit den Alten sich selbst.“ Kleine Beobachtung am Rande: Ist doch interessant, wie der Papst hier auch den heiligen Josef flugs zum „jungen Mann“ erklärt. Dabei wird er oft als würdiger Greis dargestellt.
„Schauen wir auf uns, liebe gottgeweihte Brüder und Schwestern. Alles hat (auch für uns) mit der Begegnung mit dem Herrn begonnen. Aus einer Begegnung und aus einem Ruf ist der Weg des gottgeweihten Lebens entstanden. Man muss sich daran erinnern. Und wenn wir deren gut gedenken, werden wir sehen, dass wir in dieser Begegnung nicht allein mit Jesus waren: Es war auch das Volk Gottes, die Kirche, da, die Jungen und Alten, wie im Evangelium.“
Franziskus rief seine Zuhörer zum fruchtbaren Zusammenleben von Jung und Alt auf. „Denn wenn die Jungen gerufen sind, neue Türen zu öffnen, so haben die Alten die Schlüssel dazu. Und die Jugendlichkeit einer Ordensgemeinschaft besteht darin, zu den Wurzeln zu gehen, indem man den Alten zuhört. Es gibt keine Zukunft ohne diese Begegnung zwischen Alten und Jungen; es gibt kein Wachstum ohne Wurzeln, und es gibt keine Blüte ohne neue Triebe. Niemals Prophetie ohne Gedächtnis, niemals Gedächtnis ohne Prophetie; und sich immer begegnen.“
Dann kamen diese Worte mit dem Handy, die wir oben schon zitiert haben, und noch einiges andere. Das schönste Bild dieses Tages aber entstand schon ganz am Anfang der Messe: Da fand eine Lichterprozession statt. Der Papst und die gottgeweihten Menschen zogen mit Kerzen in den Händen durch den abendlichen Dom. Ein Einzug-in-den-Tempel-Feeling…
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