Papst Franziskus eröffnet Vorsynode zum Thema Jugend: „Riskiert was!“
P. Bernd Hagenkord und Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Er grüße alle 15.340 Teilnehmer der vorsynodalen Versammlung, so begann der Papst seine Rede. Jeder solle mutig und ohne Scham seine „Sicht der Dinge“ einbringen, „hier bleibt das Sich-Schämen draußen vor der Tür.“ Falls sich jemand beleidigt fühle, müsse man ihn um Verzeihung bitten, und wichtig sei es auch, „mit Bescheidenheit“ auf die anderen zu hören. „Wenn der da redet, den ich nicht mag, muss ich ihm sogar noch mehr zuhören“, sagte der Papst den jugendlichen Teilnehmern an der Vorsynode, „denn jeder hat das Recht, hier gehört zu werden, so wie jeder das Recht zu reden hat.“
Der Beitrag der jungen Menschen ist „unentbehrlich“, fuhr Franziskus fort. „Oft hat Gott in der Kirche wie auch schon in vielen biblischen Geschichten durch die Jüngsten gesprochen“, als Beispiel nennt Franziskus die alttestamentlichen Gestalten Samuel, David und Daniel. Er hoffe, dass Gott das auch in den kommenden Tagen tun werde.
Ausdrücklich begrüßte der Papst auch diejenigen unter den Teilnehmenden, die keine Christen sind. „Ihr seid angetrieben vom Wunsch, euer Bestes zu tun“, so der Papst. In seinen Gruß schloss der Papst auch die Teilnehmer über die Facebook-Gruppen ein.
Zu viel spräche man über, und nicht mit, der Jugend und meine, es sei mit ein wenig Lob getan. Aber man lasse sich nicht gerne von Jugendlichen infrage stellen. Sicher, „die Jugendlichen kriegen keinen Nobelpreis für Vorsicht“, sagte Franziskus. „Manchmal reden sie mit Ohrfeigen. Aber man muss ihnen zuhören.“
Auch die beste Studie könne die Begegnung nicht ersetzen. „Mir scheint, dass wir von einer Kultur umgeben sind, die einerseits Jugend vergöttert und sie niemals vorüber gehen zu lassen, andererseits aber viele Jugendliche ausschließt.“ In der Kirche dürfe das nicht so sein, deswegen gebe es diese Versammlung.
In seiner Rede ging er auch auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern ein. Man kenne zwar die genauen Prozentzahlen der Jugendarbeitslosigkeit, nicht aber jener der Suizidfälle von Jugendlichen, die sich ihr Leben nehmen, weil sie hoffnungslos seien. Es werde viel „Schminke“ aufgetragen und falsche Zahlen hervorgehoben, so der Papst. Damit werde aber der Jugend ihrer Zukunft genommen. „Oder er steigt in ein Flugzeug und geht zum „Islamischen Staat oder sonst in eine Guerillabewegung. Dann hat er wenigstens einen Sinn im Leben und ein Gehalt.“ Die Jugendarbeitslosigkeit sei eine „soziale Sünde“, so der Papst. Jeder Jugendliche, gerade ohne Arbeit, solle aber wissen, dass Gott ihn liebe und für ihn da sei.
Das Jungsein wird vergöttert, die Jugend ausgeschlossen
Die Synode wie auch dieses Vortreffen habe darüber hinaus ein ganz konkretes Thema, es ginge um die Begleitung bei der Erkennung der je eigenen Berufung. „Gott liebt jede und jeden und richtet an alle persönlich einen Ruf“, zeigte sich der Papst überzeugt. Und so wie Jesus einmal seine Jünger fragte: Was sucht ihr?, so frage auch er, Papst Franziskus, heute: „Was suchst du? Was suchst du in deinem Leben? Sag es, es wird uns gut tun, das zu hören. Sag es. Wir brauchen das: euren Weg im Leben zu hören.“ Die Kirche könne nicht anders als mit Begeisterung die Suche eines jeden jungen Menschen nach der wahren Freude zu teilen, und sie könne auch Jesus nicht „zurückhalten“, so der Papst: Auch wer nicht glaube, warte auf „einen Ruf des Heils“.
Bei der Synode ginge es aber nicht nur um die Jugend, sondern auch um die Kirche, um eine „erneuerte junge Dynamik“. Die Kirche müsse neue Wege der Begleitung und Nähe entdecken und wagen, auch wenn dies Risiken eingehen bedeutet. „Wir müssen etwas riskieren, denn es gehört zur Liebe dazu. Ohne Risiken altern junge Menschen, und altert auch die Kirche. Eine Institution, die nichts riskiert, bleibt ein Kind, sie wächst nicht.“
Anders junge Menschen, die nichts riskieren: sie altern, sagte der Papst. „Wie oft finde ich christliche Gemeinschaften, auch von Jugendlichen, aber sie sind alt, sie sind gealtert, weil sie Angst hatten. Angst wovor? Hinauszugehen, hin zu den existentiellen Peripherien des Lebens, dorthin, wo sich die Zukunft entscheidet. Die Vorsicht ist eine Sache, sie ist eine Tugend, aber eine andere ist die Angst.“
Abermals riet der Papst dazu, sich zu verabschieden von dem Satz „das haben wir schon immer so gemacht“. „Diese Logik, bitte, die ist ein Gift. Ein süßes Gift, weil es dir die Seele ruhigstellt und einschläfert und dich nicht vorangehen lässt. Verlasst diese Logik und bleibt auf kreative Weise auf dem Boden der wahren christlichen Tradition.“
Ohne Risiken altert die Kirche
„Ich lade euch dazu ein, euch in dieser kommenden Woche offen und voller Freiheit auszudrücken“, unterstrich der Papst neuerlich. Die Jugendlichen sollten keine Sorge davor haben, was dann der Kardinal von ihnen denken könnte „Der soll das ruhig hören, er ist es gewohnt! Es geht um euch und es ist wichtig, dass ihr offen redet“, schloss der Papst seine Grußansprache. „Ich versichere euch, dass wir euren Beitrag ernst nehmen.“
Zum Schluss rief der Papst die Anwesenden zum Gebet auf und wer nicht beten könne, der solle einfach etwas Wohlwollendes denken.
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