Papst an Russisch-Orthodoxe: Nein zur Abwerbung von Gläubigen
Der Pressesaal gab die Worte des Papstes an diesem Samstag zur Veröffentlichung frei. „Ich freue mich, mit euch den Weg der Einheit zu beschreiten“, sagte Franziskus vor der 20-köpfigen Delegation russisch-orthodoxer Würdenträger unter Metropolit Hilarion. „Und vor Ihnen möchte ich betonen: die katholische Kirche wird nicht zulassen, dass ihre Angehörigen ein spaltendes Verhalten zeigen. Das werden wir uns nicht erlauben, ich will das nicht.“
In Moskau gebe es nur ein einziges Patriarchat, nämlich das der russisch-orthodoxen Kirche, fuhr der Papst fort: „wir werden kein weiteres haben.“ Auch für ihn sei es „schmerzhaft“, wenn „einige katholische Gläubige, seien es Laien, Priester oder Bischöfe, das Banner des Uniatismus tragen“, das heißt, in der orthodoxen Kirche Getaufte für die katholische Kirche abwerben, sodass sie sich mit der Westkirche vereinen und somit dem Papst unterstellt sind.
Uniatismus enspricht bereits seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) nicht mehr der römisch-katholischen Theologie. Dennoch ist er seit Jahrzehnten der größte Streitpunkt mit der russisch-orthodoxen Kirche. Diese betrachtet die mit Rom unierte griechisch-katholische (orthodoxe) Kirche in der Ukraine als Hindernis der Einheit und bezichtigt sie des Proselytismus.
Franziskus betonte am Mittwoch, es sei ein Fehler zu glauben, Ökumene beginne mit einem dogmatischen Abkommen, das alle Streitfragen kläre, und dann könne man gemeinsam vorangehen. Abermals schlug der Papst die umgekehrte Reihenfolge vor: „Die Ökumene geschieht im gemeinsamen Unterwegssein, im Gebet, bei der Heiligenverehrung und den Werken der Nächstenliebe. Lasst uns gehen.“ Wann eine Übereinkunft in lehrmäßigen Fragen erzielt werde, sei schließlich offen.
Keine Einmischung in russisch-orthodoxe Belange
Gleichzeitig versicherte der Papst der russischen Delegation, dass die katholische Kirche die Eigenständigkeit der russisch-orthodoxen Kirche respektiere: Die katholische Kirche dürfe „sich nicht in die internen Belange der russisch-orthodoxen Kirche einmischen, auch nicht in die politischen. Das ist meine Haltung, die Haltung des Heiligen Stuhls heute. Und die, die sich einmischen, gehorchen dem Heiligen Stuhl nicht.“
Ein weiterer wichtiger Punkt in den gemeinsamen Beziehungen sei das persönliche Gebet füreinander, betonte Franziskus, der den Besuchern anvertraute: „Nachdem ich den Patriarchen getroffen habe (im Februar 2016 in Havanna), hat er mir eine Reliquie des heiligen Seraphim zukommen lassen. Ich habe diese Reliquie auf meinem Nachttisch, und abends, bevor ich ins Bett gehe, und morgens, wenn ich aufstehe, verehre ich sie und bete für unsere Einheit.“
Papst betet täglich vor einer orthodoxen Reliquie, die ihm Patriarch Kyrill schenkte
Ende April hatte der Vatikan bekanntgegeben, dass Papst Franziskus für den 7. Juli Patriarchen sowohl der katholischen Ostkirchen als auch der orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen zum gemeinsamen Gebet nach Bari einlädt. Ob es dabei auch zu einer neuerlichen, der zweiten Begegnung von Patriarch Kyrill I. und Papst Franziskus kommt, ist vorerst offen.
Drei Tage hielt sich die Delegation unter der Leitung des Außenamtsleiters des russisch-orthodoxen Patriarchats für hochrangige bilaterale Treffen und Gespräche in Rom auf. Mehrere ökumenische Initiativen begleiteten den Besuch. Am Mittwoch eröffnete im Lateran - an der Bischofskirche des Papstes - eine Ausstellung zu den „neuen Märtyrern und Bekennern der russisch-orthodoxen Kirche". In den Tagen zuvor fand in Zusammenarbeit mit dem päpstlichen Einheitsrat ein Seminar für russisch-orthodoxe Priesteramtskandidaten statt. Ein Gegenbesuch katholischer Seminaristen in Moskau ist für Herbst 2018 geplant.
(Vatican News – gs)
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